Landtag,
17. Sitzung vom 05.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 70
Und heute stehe ich hier vor Ihnen und wünschte mir, dieser mediale Aufschrei hätte mehr Nachhaltigkeit, denn heute haben wir einen Test, der nicht valide ist, heute haben wir ein Chaos in Wien, heute haben wir zehn Monate verstreichen lassen und das, was möglich gewesen wäre auf Grund des harten Diskurses im vorigen Sommer, ist heute in Wien nur mangelhaft realisiert.
Meine Damen und Herren, ich hätte lieber mit Ihnen
heute auf einen politischen Durchbruch angestoßen anstatt hier zu stehen und
wieder die Mehrheitsfraktion kritisieren zu müssen, denn eines haben Sie mir
bis heute nicht erklären können, warum Sie einerseits zwangsweise allen Kindern
zwischen fünf und sechs Jahren die Schulpflicht auferlegen wollen, auf der
anderen Seite aber bis heute nicht in der Lage waren, jedem Wiener Kind im
Alter zwischen fünf und sechs Jahren einen Kindergartenplatz zu garantieren,
und jedem Kind zwischen fünf und sechs Jahren einen Kindergartenplatz
gebührenfrei anzubieten.
Also, warum der Zwang im Vorschulbereich, aber nicht
der freiwillige, gebührenfreie Kindergarten zwischen fünf und sechs. Diese
ideologische Barriere verstehe ich nicht. Ich halte sie für eine
Blockadepolitik. Ich verstehe nicht, warum Sie eine Schulpflicht brauchen, aber
keine Kindergartenplätze für die Fünf- bis Sechsjährigen gebührenfrei einführen
können. Aber ich bin mir sicher, dass Kollege Wutzlhofer und Kollege Vettermann
hier auch eine entsprechende Aufklärung bringen werden, warum Sie Schulpflicht
brauchen, aber keinen Gratis-Kindergartenplatz fördern.
Kommen wir aber nun zur 15a-Vereinbarung. Ja, Wien
hat unterschrieben, Wien war bei den Ersten, keine Frage, hier waren viele
ÖVP-Länder zu zögerlich. Ich sage das hier gleich, damit Sie nicht Ihre
Redezeit verbrauchen, um auf unsere anderen Argumente einzugehen. Ja, es ist
auch aus der Wiener ÖVP-Sicht so, dass es schade ist, dass die SPÖ-Länder hier
Vorreiter waren. Aber den ideologischen Kampf Tagesmutter gegen
Kinderbetreuung, Tageseltern gegen Kinderbetreuung, den führen wir mit Ihnen
nicht, denn natürlich ist die Tagesmutter genauso wichtig, aber zwischen fünf
und sechs Jahren ist jene Zeit, in der insbesondere jene Kinder, die einen
Förderbedarf haben, eine spezifische Förderung brauchen. Warum werden diese
Kinder jetzt selektiert und in Sprachkurse geschickt, obwohl das genau der
Grund war, warum es zu dieser 15a-Vereinbarung gekommen ist, nämlich das zu
verhindern? Wir haben gemeinsam die Sprachtickets evaluiert, haben
festgestellt, die Sprachtickets bringen auch nicht den erwünschten Erfolg.
Warum aber ist jetzt die Gemeinde nicht in der Lage, innerhalb von zehn Monaten
allen Kindern einen Kindergartenplatz zur Verfügung zu stellen. Ich will es
nicht verstehen, ich kann es nicht verstehen und Sie konnten es mir bis heute
nicht erklären. Werden wir sehen, was heute passiert, wir werden weiter
fordern, dass für jedes Kind zwischen fünf und sechs Jahren ein gebührenfreier
Kindergartenplatz sofort ab Herbst zur Verfügung stehen muss. (Beifall bei
der ÖVP.)
Sprachförderung von der Kindergartenförderung zu
trennen, ist Nonsens, ist sinnlos, das ist nicht jener Weg, den wir brauchen.
Wir brauchen spielerische Förderung, wir brauchen ganzheitliche Förderung. Sie selber
betonen es immer wieder und sind jetzt glücklich, dass man die Sprachtickets
aufgestockt hat, das Stundenausmaß auf drei Mal in der Woche, aber das ist
nicht die Lösung des Problems. Es geht darum, Kinder zu integrieren, Kinder in
gemischte Gruppen zu integrieren, und das erfolgt nun einmal über den
Kindergarten. Wir sind auch dafür, dass man generell darüber nachdenkt, den
Kindergarten in einem kurz- und mittelfristigen Plan gebührenfrei anzubieten.
Es war die Steiermark, die sich hier in den letzten Tagen wieder angeschlossen
hat, eine Entwicklung, wenn Sie sie vergleichen, Vorarlberg, Niederösterreich.
Das zeigt auch der Rechnungshofbericht, er sagt, die Gebühren in Wien seien zu
teuer, zu hoch, seien unsozial und erfassen nicht jene, die eigentlich eine
Förderung brauchen würden.
Mit anderen Worten unterscheiden wir zwischen einem
kurzfristigen und einem mittelfristigen Ziel. Einigen wir uns doch heute
darauf, dass ab Herbst genügend Kindergartenplätze zur Verfügung stehen
sollten, die gebührenfrei für alle Kinder zwischen fünf und sechs Jahren
vorhanden sind und einigen wir uns doch auf einen Ausbauplan für alle kleinen
Kindergartenkinder innerhalb weniger Jahre durch eine Umschichtung des Budgets
im Wiener Landtag, im Wiener Gemeinderat, durch eine Umschichtung des Budgets
den Kindergarten zu einem echten Bildungsgarten zu machen und gebührenfrei
anzubieten. (Beifall bei der ÖVP.)
Beginnen wir beim Prater, Frau
Landeshauptmann-Stellvertreterin, beginnen wir beim Prater einzusparen, bei
Fassadenpolitik, die nichts anderes als eine unzulässige Marketingpolitik ist,
beginnen wir bei der Vergabepolitik der Stadt und des Landes, beginnen wir beim
Presse- und Informationsdienst und den ganzen Imagebroschüren und Kampagnen und
schichten wir das Geld zu Gunsten unserer Kinder und Jugendlichen um.
Ja, Geld lässt sich realisieren und freimachen. Das
hat beispielsweise der Wirtschaftskammerpräsident Leitl in seiner Rolle als
Landesrat beeindruckend gezeigt. Er hat gezeigt, was nachhaltige Politik ist.
Er hat damals in Oberösterreich eine Verwaltungsreform eingeleitet, die bis
heute Budgets ermöglicht hat, in denen Bildung, Wissenschaft, Wirtschaft
gemeinsam gefördert werden können. Eine gute und moderne Verwaltungspolitik,
eine gute und moderne Verwaltungsreform schaufelt nämlich jenes Geld frei, das
wir für unsere Kinder und Jugendlichen brauchen. Exzellente Beamte,
hochqualifizierte Beamte, die eigenständig arbeiten können, keinen
Maulkorberlass bekommen, nicht an professioneller Arbeit von der Politik gehindert
werden, das ist jene Verwaltungsreform, die wir uns vorstellen, um Gelder
freizubekommen für Gratis-Kindergartenplätze, für Gebührenfreiheit, für einen
Bildungskindergarten, der gebührenfrei allen Eltern zur Verfügung steht. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, dieser
bürgerliche Applaus ist deswegen da, weil meine Abgeordneten, meine
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