Landtag,
17. Sitzung vom 05.06.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 70
die nicht anfällig ist für
einfache, aber hetzerische, populistische Botschaften, wie Sie das jedes Mal
machen, bei jedem Thema. Das ist nicht unser Zugang. (Beifall bei der SPÖ.)
Integration ist in dem
Sinn also nicht die Bringschuld von irgendwem. Es ist die Aufgabe einer
gesamten Gesellschaft und natürlich die Aufgabe von Politik, ein Zusammenleben
zu schaffen, das chancengleich ist, in dem alle die gleichen Chancen haben. Und
genau in dem Zugang begreifen wir uns, wenn wir über das
Eins-zu-eins-Fördermodell sprechen, Frau Kollegin Vassilakou, weil es genau das
ermöglicht: Mehr Wege, schon vor der Schule – und das ist ja der wesentliche
Punkt –, mehr Chancen, schon vor der Schule gefördert zu werden.
Die zweite Runde war jetzt
eher von der 15a-Vereinbarung über den Ausbau der institutionellen
Kinderbetreuungsangebote geprägt, ich möchte es Ihnen aber nicht ersparen,
darauf näher einzugehen. Was bedeutet diese Vereinbarung? Wir werden noch heuer
1 800 neue Betreuungsplätze schaffen, auch wenn hier jetzt von
Stolpersteinen und Problemen gesprochen wurde. Das betrifft vor allem die Null-
bis Sechsjährigen, aber über die 15a-Vereinbarung hinaus werden wir auch Plätze
für Sechs- bis Zehnjährige ausbauen. Wir werden insgesamt bis 2010
12,4 Millionen EUR ausgeben. Also nicht nur jetzt, sondern drei Jahre
durchgehend erfolgt ein massiver Ausbau.
Neben diesem quantitativen
Ausbau ist aber schon auch eine Sache zentral – da komme ich dann zu den ganzen
Diskussionen zur 15a-Vereinbarung –, nämlich unser Zugang, dass ein solcher
Ausbau, ein gesamtes System für Kinderbetreuungsplätze, bedarfsgerecht sein
muss, qualitativ hochwertig sein muss, mit dem Beruf vereinbar sein muss und
flächendeckend sein muss. Das auszubauen – denn genau das ist ja immer schon
das Ziel unserer Politik – ermöglicht diese 15a-Vereinbarung.
Jetzt frage ich mich schon
– ich möchte es Ihnen nicht ersparen, ein bisschen die Geschichte dieser
15a-Vereinbarung anzuschauen –, warum es so lange gedauert hat, bis die
ÖVP-Länder und Kärnten da zugestimmt haben. Es gab eine monatelange Weigerung,
dieser 15a-Vereinbarung zuzustimmen – noch einmal: 12,4 Millionen EUR
bis 2010, nur in Wien, 1 800 neue Betreuungsplätze –, und es gab eine
monatelange Weigerung der ÖVP-regierten Bundesländer, dem zuzustimmen. Und ich
frage mich schon, warum? Gibt es vielleicht kein Interesse an bedarfsgerechten
Kinderbetreuungseinrichtungen, das heißt, länger als bis 12 Uhr offen, mit
Mittagessen und mit Bildungskriterien? Reicht es vielleicht, so wie
offensichtlich in Niederösterreich, wenn die Mama von Kindern von null bis drei
Jahren zu Hause ist und dann halt bei Vier-, Fünf-, Sechsjährigen von 9 bis
12 Uhr Zeit hat zum Einkaufen und dazu, ihren anderen mütterlichen
Pflichten nachzukommen? – Unser Bild ist anders.
Zur Diskussion
Gratiskindergarten in der Steiermark, in Vorarlberg, in Niederösterreich.
Abgesehen davon, dass es natürlich auch wichtige Schritte sind, die die Steirer
dort setzen, möchte ich schon alle bitten, die Kirche im Dorf zu lassen. Was
bedeutet das? Vergleichen wir einmal das jetzige steirische System mit dem
Wiener System. In der Steiermark gibt es 30 800 betreute Kinder, in Wien
sind es 57 000, wenn man die Horte dazunimmt, 75 000. Es gibt in der
gesamten Steiermark nur 1 100 Krippenplätze. Und jetzt kommt's: Schauen
wir uns einmal die Ganztagsgruppen an. Es gibt in Wien
551 Ganztagskrippengruppen, in der Steiermark sind es 50, das ist ein
Zehntel. Also 50 Kinderkrippen in der Steiermark haben den ganzen Tag offen.
Bei den Kindergärten sind es in der Steiermark 179, in Wien auch zehnmal so
viel.
Und jetzt möchte ich schon
sagen: Wenn die Gruppenförderungen in der Steiermark im Hinblick darauf, viele
Kindergärten gratis zu machen, aufgestockt werden – wobei, wie gesagt, die
Anzahl der Ganztagsgruppen nur ein Zehntel dessen ist wie bei den Wiener
Kindergärten und im Übrigen die Förderungen nur halb so hoch sind wie das, was
wir in Wien pro Gruppe ausgeben –, dann ist das schon ein netter Schritt, aber
es ist schlicht und einfach nicht vergleichbar. Erstens einmal ist in Wien von
diesen 75 000 Plätzen, von denen wir reden, ein Drittel aller Plätze
gratis, 40 Prozent sind ermäßigt. Also wenn man sich das ausrechnet,
hätten wir die steirische Zahl fast erreicht.
Aber eines möchte ich
schon in aller Deutlichkeit sagen: Wenn Sie da vergleichen, auf der einen Seite
gibt es – Niederösterreich ist genannt worden – Kindergärten, die sind bis
12 Uhr und gratis, dann möchte ich schon für uns hier auch in aller
Deutlichkeit sagen, das ist nicht das Thema, dass man sagt, es ist der
Vormittagskindergarten eine Möglichkeit unter vielen. Da gibt es halt den, der
hat immer offen, dann gibt es den, der hat zwei Wochen im Jahr geschlossen,
dann gibt es den –steirischer Durchschnitt –, der 57 Tage, also
11 Wochen geschlossen hat. Das ist alles eine Option unter vielen, und
unter diesen vielen Optionen sind die Halbtagskindergärten gratis, und das ist
daher besser als die Kindergärten in Wien.
Ich
sage Ihnen schon ganz konkret: Wir lehnen den Ausbau solcher
Halbtagskindergärten total ab, denn das sind Aufbewahrungsstätten und keine
Bildungseinrichtungen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf von Abg Monika
Riha.) Nein, das war jetzt in aller Deutlichkeit und mit direktem Blick auf
die Frau StRin Cortolezis-Schlager und ihr fundiertes Wissen zum Thema
Niederösterreich, wo alle Eltern selber frei entscheiden können und zufällig
alle Eltern selber frei entscheiden, dass es null – nada! – Krippenplätze in
ganz Niederösterreich gibt. Ich meine, so eine obskure Argumentation habe
ich ... Nein, habe ich schon gehört, denn wir diskutieren ja öfter zu
diesem Thema, aber selten und immer nur hier und immer nur in diesen gleichen
Sätzen. (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager: Halbtagskindergärten sind
mehr als dreimal drei Stunden!) Wie war das? (StRin Mag Katharina
Cortolezis-Schlager: Der Halbtagskindergarten ist mehr wert als dreimal drei
Stunden Sprachförderung! – LhptmStin Grete Laska: Das ist richtig!) Tolle
Aussage! Richtig erkannt, gut gerechnet. (StRin Mag Katharina
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