Landtag,
19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 49
SPÖ und ÖVP in diesem Haus, dass wir uns gerade auf
Grund der Wiener Situation zur EU bekennen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Keine Region in Österreich profitiert so von der
Ostöffnung und Osterweiterung wie Wien. Ich habe hier nur einige Zahlen aus den
letzten Jahren: Es gab 35 Milliarden an Auslandsinvestitionen sowie größte
Zuwächse gerade im Kredit- und Versicherungswesen, und wir haben in den letzten
Jahren eine hervorragende Stellung als Ostinvestor. Die Ostöffnung ist ein
wichtiger Faktor für die Situation, dass wir Österreich heute als bewundertes,
wirtschaftlich prosperierendes Land in Europa erleben, meine sehr geehrten
Damen und Herren! Österreich hat seit 1995 den Export verdreifacht, die
Lebensmittelexporte sind um 23 Prozent gestiegen und der Tourismus
expandiert.
Ich zitiere jetzt aus einer Rede der Kollegin Vitouch
in diesem Haus, die am 28. März 2008 davon gesprochen hat, welche
Förderungen der MA 27 es in den verschiedensten Bereichen gegeben hat. Sie hat
eine ganze Anzahl an Förderungen aufgezählt, etwa den Stadtbahnbogen Spittelau,
neue Radwege im Bereich der Gumpendorfer Straße und des Mariahilfer Gürtels
sowie die Neugestaltung des Mariahilfer Platzls. – Das seien Impulse, die
unmittelbar durch die EU gegeben werden.
Wir haben in dieser Landtagssitzung – der
Landeshauptmann ist damals genauso hier vor mir gesessen wie heute – noch
mit einer Position gemeinsam davon gesprochen, wie wichtig uns eine vitale EU
ist. Lhptm Häupl hat hier gesagt, wie positiv er den Vertrag von Lissabon
bewerte und wie wichtig dieser Vertrag als Rechtsgrundlage sowie die
Verankerung von gemeinsamen Werten seien. Lhptm Häupl betonte, dass gerade
dieser Vertrag ein Mehr an Demokratie und Bürgerbeteiligung bringe, dass dieser
Vertrag eine Stärkung der Grundrechte bringe und damit die Handlungsfähigkeit
der Europäischen Union erhöht werde und dass die Solidarität und die
Sichtbarkeit zentraler Kriterien des Erfolgs europäischer Maßstab werden
würden.
Bgm Häupl berichtete, dass er bereits 1996 die Charta
von Aalborg und 2006 die Aalborg Commitments unterschrieben und damit auch ein
international sichtbares Zeichen dafür gesetzt habe, dass Wien die europäische
Vision von integrativen, prosperierenden und kreativen Städten teilt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das waren die
Worte des Wiener Landeshauptmannes in dieser Sitzung, und wir konnten diesen
Worten nur zustimmen. – Zum Schluss seiner Rede hat der Wiener
Landeshauptmann davon gesprochen, dass Europa schon oft totgesagt wurde, und
betont, dass es daher ganz wichtig sei, dass sich Wien auch in Zukunft am Bau
unseres gemeinsamen Hauses Europa zum Wohle der in unserer Stadt lebenden
Menschen mit aller Kraft beteiligen solle.
Kollegin Vitouch hat einige bemerkenswerte Zitate
gebracht, und zwar auch eines betreffend die historische Verantwortung, dem ich
eigentlich nichts hinzufügen kann. – Jeder, der die Berliner Mauer gesehen
hat – ich hatte 1980 leider auch dieses Vergnügen – und weiß, wie
anders dieses Europa geworden ist, jeder, der sich erinnert, dass die eigenen
Großväter im Ersten Weltkrieg noch gegen Italien gekämpft haben und diesen
Staat als Feind gesehen haben – heute ist Italien das Lieblingsland vieler
Österreicherinnen und Österreicher –, jeder, der die eigene
Familiengeschichte kennt, weiß, welche Erfolgsgeschichte dieses Europa ist. Im
Hinblick darauf muss man wirklich aufpassen, wie man damit umgeht! Und dem
sollten nicht kleine parteipolitische Vorteile entgegenstehen, meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Nunmehr erleben wir, dass die SPÖ einen Schwenk
vorgenommen hat. Es wurde ein Brief in einer Form geschrieben, die inakzeptabel
ist. Die ganze Vorgangsweise ist nicht nachvollziehbar, und das Ziel war
offensichtlich, dass die SPÖ schlechte Umfragewerte hatte und sich irgendwie
herauswinden wollte. Das ist aber nie ein guter Ratgeber in der Politik! Daher
sollte man sich sehr wohl überlegen, wann und wo man solche Schwenks machen
darf und wann und wo nicht.
Es gibt genug SPÖ-Politiker, die das auch so sehen.
Selbst Ministerin Claudia Schmied hat im Ö1-Mittagsjournal am 27. Juni
2008 gemeint, dass die Entscheidung des Bundeskanzlers und des designierten
Parteivorsitzenden von ihr nicht kommentiert werden könne. Hannes Gschwentner
hat gesagt: „Ich bin skeptisch, ob der nun von der SPÖ-Spitze eingeschlagene
Weg bei der Volksabstimmung der richtige ist." Viel deutlicher hat es der
Vizepräsident des Österreichischen Städtebundes, Heinz Schaden, ausgedrückt.
Heinz Schaden, Bürgermeister einer Stadt, die ähnlich wie Wien in ganz großem
Ausmaß von der EU und von der Ostöffnung profitiert, hat gesagt: „Ich bin
wirklich sauer, das Duo Gusenbauer und Faymann macht aus der SPÖ eine
Bananenrepublik und damit auch aus der Republik Österreich."
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind die
Reaktionen! Und ich könnte hier noch Aussagen von Herbert Bösch, Harald Ettl,
Christa Prets oder Wolfgang Katzian hinzufügen. Keinesfalls ersparen kann ich
Ihnen aber die Aussage des Altbundskanzlers Franz Vranitzky. Er hat immerhin
damals in Korfu die Verträge unterschrieben. Jetzt sagt er, dass das einzig
Richtige jedenfalls sei, diesen Vorstoß zu revidieren und zu einer EU-Politik
zurückzukehren, in der sich die österreichischen Staatsbürger wiederfinden,
denn die SPÖ begebe sich damit auf die demagogische Linie von FPÖ-Chef Heinz
Christian Strache. – Das sagt nicht irgendjemand, sondern das sagt Ihr
letzter erfolgreicher Bundeskanzler! Und das sollte Ihnen zu denken geben,
meine sehr geehrten Damen und Herren von der Sozialdemokratie! (Beifall bei der ÖVP.)
Sie haben vor einigen Jahren in
diesem Haus Wolfgang Petritsch als außenpolitischen Beamten beschäftigt.
Offensichtlich war das eine andere Zeit als heute, denn er kritisiert genauso
wie die vorhin Zitierten die Politik der SPÖ. Er kritisiert den Opportunismus
und sagt: „Da treibt man den Teufel mit dem Beelzebub aus.
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