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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 49

 

Es ist langfristig nicht gut, sich in die Geiselhaft einer Zeitung zu begeben."

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dieser Situation, als am vorletzten Donnerstag Faymann und Gusenbauer diesen Brief geschrieben haben, haben wir alle erwartet, dass der Wiener Bürgermeister als der angeblich so mächtige Mann in der SPÖ aufsteht und sagt: „Freunde, so geht es nicht! Hier geht es um mehr als um die Umfragedaten der SPÖ! Es geht um mehr als darum, dass wir im Moment Probleme haben! Es geht letztlich um unser Land und um unsere Stadt!“ – Diese klaren Worte, meine sehr geehrten Damen und Herren, vermissen wir bis heute! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir haben in diesem Haus sehr eingehend auch die Frage von Volksabstimmungen diskutiert. – Fraglos ist es ganz wesentlich, dass man die Bürgerinnen und Bürger in Europa und gerade auch die Wienerinnen und Wiener in diesem großartigen Friedensprozess in Europa mitnehmen muss. (Abg Mag Wolfgang Jung: Bisher habt ihr sie aber vergessen!) Wir müssen sie mitnehmen, und ich bin bestürzt darüber, solche Zwischenrufe zu hören! Ich verstehe noch, dass Herr Jung sie macht, von der FPÖ sind wir das gewohnt, wenn sie aber aus der SPÖ kommen, dann bin ich wirklich bestürzt, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vranitzky hat also doch nicht so unrecht, wenn er sagt, dass es hier eine enge Achse und offensichtlich Vorbereitungen für eine Koalition zwischen Faymann und Strache nach der nächsten Wahl gibt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf von Abg Christian Oxonitsch.)

 

Das kann schon sein, aber das haben Sie auszutragen! Hier sind Sie verantwortlich für die Wienerinnen und Wiener. Es geht darum, dass wir klar und deutlich sagen, was dieses Projekt Europa für uns bedeutet. Hatten wir davor jemals eine so lange Friedensperiode wie in den letzten Jahrzehnten? Ich bin selbst Jahrgang 1957 und habe den Eisernen Vorhang erlebt und gesehen, wie es ist, an der Grenze zweier Teile dieser Welt zu stehen. Heute gibt es in der Westukraine blühende Städte an einer Stelle, wo früher die sowjetischen SS-20-Raketen auf Österreich und auf Westeuropa gerichtet waren. All das haben wir überwunden, und diese Veränderungen, meine sehr geehrte Damen und Herren, sind letztlich dem europäischen Gedanken der letzten Jahrzehnte zu verdanken!

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns natürlich Gedanken über die Notwendigkeit gemacht, die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen, und haben uns daher auch Gedanken über die europäische Volksabstimmung gemacht. Gerade als Präsident der Regionen Europas weiß der Herr Landeshauptmann und Bürgermeister, dass ja nicht in jedem EU-Staat Volksabstimmungen vorgesehen sind. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es zum Beispiel keine Volksabstimmung aus Gründen, die in der Geschichte liegen: Als das Bonner Grundgesetz im Schloss am Chiemsee beraten und 1949 verabschiedet wurde, war die deutsche Geschichte davon geprägt, dass man ein möglichst starkes Parlament schafft und nichts – wie man damals gesagt hat – plebiszitären Zufällen überlässt. Lesen Sie nach bei Carlo Schmid, SPD-Minister und Präsident ... (Zwischenruf von Abg Mag Wolfgang Jung.) Das interessiert mich nicht! Ich wollte nur noch ein wenig auf die SPÖ einwirken! Ich glaube, beim damaligen Präsidenten des Deutschen Bundestages und Minister Carlo Schmid kann man gut nachlesen, warum das so war.

 

Heute brauchen wir jedoch im Zusammenhang mit Volksabstimmungen ganz Europa. Und wenn man diesen Gedanken weiter denkt und sich vorstellt, dass bei europäischen Entscheidungen ein einziger Staat wie beispielsweise Luxemburg mit einer Volksabstimmung alles blockieren könnte, dann müssen wir diesbezüglich wirklich gemeinsame Anstrengungen machen.

 

In Österreich können Volksabstimmungen über Bundesgesetze stattfinden, es kann aber beispielsweise nicht ein Bundesland wie das Burgenland oder Tirol ein Verfassungsgesetz blockieren. Auf europäischer Ebene sollte ein ähnlicher Weg gefunden werden, und Wolfgang Schüssel hat sehr klug vorgeschlagen, eine ähnliche Regelung wie in der Schweizer Verfassung zu treffen. Kein Land in Europa ist so stark plebiszitär ausgerichtet wie die Schweiz, laut Verfassung muss dort aber beides vorliegen: Es muss, wie es so schön in der Schweizer Verfassung heißt, ein Mehr an Stimmbürgerinnen und Stimmbürger und ein Mehr an Kantonen vorliegen.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein Weg, wie wir die Bürgerinnen und Bürger nach Europa mitnehmen sollten. Zudem sollten wir alle Anstrengungen unternehmen, um die Bürgerinnen und Bürger mehr zu informieren. Ich bin daher auch völlig bei dem Ansatz der GRÜNEN, dass sich auch dieses Haus mehr in EU-Fragen einbringen sollte. Die EU soll natürlich besser werden und sich weiter entwickeln. Ich halte es aber für gefährlich, wenn mit einem Brief und einer Unterwerfungsgeste einen Beitrag dazu geleistet wird, dass die Falschen von der stärksten Partei dieses Landes auf einmal Applaus bekommen. Daher haben wir heute diese Sitzung einberufen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Landeshauptmann! Wir sind in diese Sitzung gegangen, weil wir davon ausgehen, dass wir nach dieser Sitzung mehr und einiges genauer wissen. Daher stellen wir zehn Fragen an den Wiener Landeshauptmann.

 

Die erste Frage stellt sich auf Grund des Briefes von Gusenbauer und Faymann, in dem wir nachlesen konnten, dass auch der Wiener Bürgermeister gesagt hat, dass er dazu steht. – Sie lautet: Wie steht der Wiener Landeshauptmann zum Vertrag von Lissabon? Gilt noch das, was der Präsident der Regionen Europas am Tag danach gesagt hat, dass er das irländische Votum selbstverständlich – wie es ein Demokrat zu tun hat – zur Kenntnis nimmt, dass er aber weiß, dass dieser Vertrag von Lissabon gerade für die Regionen Europas einiges bringt. Steht also der Wiener Landeshauptmann noch zu diesem Vertrag von Lissabon?

 

Zweitens: Warum sollte – im Hinblick auf das Gesagte – über den Vertrag von Lissabon eine

 

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