Landtag,
19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 49
mitarbeitet, an der Ausgestaltung des europäischen
Projekts mitarbeitet und sich auch einbringen will in dieses europäische
Projekt. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich habe auch keinen einzigen Grund, irgendetwas von
dem zurückzunehmen, was ich in der Öffentlichkeit zu Europa in all der Zeit
nicht zuletzt auch zum Reformvertrag von Lissabon zu sagen hatte und auch
nichts von dem, was ich in Innsbruck sagen durfte anlässlich der Verleihung des
Europäischen Kommunalpreises, des Maximilian-Preises, wo ich auch ausführlich
zu den Fragen der europäischen Entwicklung, insbesondere auch zu dem
Reformvertrag von Lissabon beziehungsweise seinem Vorläufer, den
Verfassungsentwurf aus dem Europäischen Konvent, Stellung genommen habe.
Ich brauche das alles nicht zu wiederholen, denn ich
habe mich für meine Haltung in keiner wie auch immer gearteten Weise zu
rechtfertigen. Und es hat dies auch keiner meiner KollegInnen und Freunde aus
dem RGRE, aus dem Ausschuss der Regionen oder aus verschiedensten anderen
europäischen Einrichtungen, die zum Teil auch auf Gründungsinitiativen etwa vom
früheren Athener Bürgermeister und mir zurückgehen mit der Union der
südosteuropäischen Hauptstädte, einer sehr segensreichen Einrichtung, weil das
bis heute die einzige Einrichtung ist, wo Belgrad und Pristina miteinander in
einen Dialog auch entsprechend treten, verlangt.
Keinen einzigen inhaltlichen Beleg wird man mir
vorwerfen können, mir sagen können, egal, ob im Inland oder im Ausland, wo ich
eine europafeindliche Haltung eingenommen hätte. Ganz im Gegenteil. Durch Wort
und Tat habe ich dies auch in der Vergangenheit bewiesen und ich habe daher
keinerlei Grund, mich für irgendetwas zu rechtfertigen, was momentan der
tagespolitischen Opportunität nun in der Tat auch dienen könnte.
Kehren wir zum Inhalt zurück. Der Reformvertrag von
Lissabon hat ja seit dieser Mitteilung durchaus eine veränderte Situation
vorgefunden. Nun, in der Tat haben wir es mit einem Bevölkerungs-Nein zu tun,
etwa 800 000 Stimmen in Irland, die den Vertrag auch abgelehnt haben. Man
muss hinzufügen, dass es in anderen Ländern ja auch Volksabstimmungen gegeben
hat, die durchaus positiv für den Vertrag von Lissabon ausgegangen sind, aber
dies hat natürlich auch weitreichende Konsequenzen. Und ohne es mir anmaßen zu
wollen, aber die Diskussionen, die zur Zeit in Europa stattfinden, werden
nunmehr nach ersten enttäuschten Reaktionen von einem gewissen Ernst auch
getragen und die Varianten sind ja nicht besonders zahlreich: Entweder man
findet zu einem Arrangement mit Irland oder man geht dazu über, zur Kenntnis zu
nehmen, dass es ähnlich wie bei Schengen, ähnlich wie beim Euro, auch hier
unterschiedliche Zugänge zum gemeinsamen Vertragswerk gibt.
Ich halte es weiters für außerordentlich gefährlich
bei einem Verfassungswerk oder bei einem Reformvertrag von Lissabon, denn dies würde
die Bestrebungen einiger in Europa, nämlich zu einem Europa der zwei
Geschwindigkeiten zumindest zu diesem zu kommen, wenn ich da in die Richtung
hingehe eines Zentraleuropa oder eines Europa an der Peripherie, entsprechend
beschleunigen und das kann sich kein aufrechter Europäer wünschen, sondern die
Gemeinsamkeit dieses Projektes Europa ist gerade durch Haltungen, wie wir sie
vielfach auch in der Ignoranz gegenüber Volkswillen sehen, das sehr viel
größere Problem als umgekehrt, wenn man versucht, durch Volksabstimmungen
Menschen auch entsprechend einzubinden.
Ich halte daher diese Diskussion für sehr zentral,
denn die dritte Variante ist: Auch dieses Reformwerk ist gestorben. Wir bleiben
beim Vertrag von Nizza und dieser Vertragssituation. Das würde natürlich
unzweifelhaft etwas nach sich ziehen, was möglicherweise Einzelne von uns
freut, aber mit Sicherheit wiederum nicht aufrechte Europäer, nämlich einen
Erweiterungsstopp und eine gewisse Abschottung gegenüber den Ländern, die heute
nicht in der EU sind. Und damit braucht man sich dann in Folge gesehen über die
Frage Abstimmungen des Beitritts einzelner Länder zur EU als 28., 29. oder
30. Land nicht mehr unterhalten.
Dies sind in ganz enormer Kürze, fast verkürzt,
bereits die Perspektiven, die sich daraus ergeben. Und es sollte sich niemand
Hoffnungen machen, dass, so lange sich dies auf institutioneller Ebene bewegt,
der Ratifizierungsprozess nicht fortschreitet. Ich darf daran erinnern, nachdem
zitiert wurde, dass der Präsident der Tschechischen Republik gemeint hat, er
verweigert seine Unterschrift und der Ministerpräsident Topolanek, beide aus
der gleichen Partei im Übrigen, sehr wohl gesagt hat, dass die Tschechische
Republik diesen Vertrag ratifizieren wird und dass auch der polnische Staatspräsident
in Übereinstimmung mit dem neuen Ministerpräsidenten von Polen seine Meinung
dazu, das heißt, zu dem, was er ursprünglich angekündigt hat, durchaus geändert
hat. Es ist daher völlig klar, dass sich dieser Ratifizierungsprozess in Europa
mit Zwischenschritten möglicherweise wie Verfassungsgesetzprüfungen fortsetzen
wird. Und wir werden daher in Folge gesehen alle gemeinsam die Frage zu lösen
haben: Wie gehen wir mit dem irischen Nein um? Und dieser Frage haben wir uns
mit großer Ernsthaftigkeit und ohne Gefährdung des Projektes Europa zu widmen,
denn dazu ist es zweifelsohne auch zu wichtig.
Dass wir über die Zukunft Europas und die Gestaltung
Europas unterschiedliche Auffassungen haben, dass wir über die Politiken
Europas inhaltlich gesehen unterschiedliche Auffassungen haben, das halte ich
für eine völlig demokratische Normalität, denn in der Demokratie hat man
natürlich auch unterschiedliche Auffassungen über die Politik in einem Land, ja
selbst, wie man hier sehen kann, unterschiedliche Auffassungen über die Politik
in einer Stadt. Es ist daher genau dasselbe in der europäischen Politik, dass
man hier unterschiedliche Auffassungen hat.
Wir haben zur Kenntnis zu nehmen,
dass es heute eben eine Mehrheit auch dafür gibt, die in die Richtung hin geht,
eher das Prinzip Wettbewerb in diesem Europa zu betonen und zu verstärken und
das Prinzip Solidarität, das Prinzip Subsidiarität, das Prinzip auch der
sozialen Einheit des europäischen Werks als eine der ganz
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular