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Landtag, 19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 49

 

Stürzenbecher: Ist ja okay, oder?) Das ist okay. Ich kann Ihnen auch versichern: Wir werden nie „Blödel" oder gar „Autist" oder „Koffer" oder solche Dinge sagen! Das werden wir sicher nicht machen, wir werden das schon einhalten.

 

Es ist auch interessant, wenn plötzlich alle von der SPÖ erklären, dass das eigentlich genau dieselbe Linie wie vorher ist - also sagen wir einmal, wie vor eineinhalb Wochen -, dass man sich da vielleicht nur ein bisschen gewunden hat und es anders interpretiert. Ich habe in der Generaldebatte vor zwei Wochen und zwei Tagen einen Resolutionsantrag vom Kollegen Jung und von mir eingebracht, in dem wir verlangt haben, dass es ab sofort Volksabstimmungen gibt, weil der Lissaboner Vertrag gescheitert ist. Dieser Resolutionsantrag ist von SPÖ, ÖVP und GRÜNEN abgelehnt worden! (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Weil wir einen eigenen eingebracht haben!)

 

Am Donnerstag darauf kam dann dieser ominöse Brief, aus dem wir zur Kenntnis nehmen mussten, dass Herr Gusenbauer und Herr Faymann große Sorge haben und die Sorgen der Menschen plötzlich ernst nehmen (Abg Mag Wolfgang Jung: Jeder hat sein Damaskus! - Abg Dr Franz Ferdinand Wolf: Knittelfeld ist besser!), dass sie für Information und offene Diskussion eintreten und deswegen bei zukünftigen Verträgen eine Volksabstimmung wollen. „Dies gilt auch für einen möglichen Beitritt der Türkei", steht hier, „der unserer Ansicht nach die derzeitigen Strukturen der EU überfordern würde. Wir wollen an einem Europa arbeiten, das sich an den Bedürfnissen und Wünschen der Menschen auf diesem Kontinent orientiert."

 

Ja, es ist Labsal für mich, wenn ich das höre! Ich kann es nur nicht ganz glauben. Ich weiß nicht, ob Sie das alles schon mit Ihren Abgeordneten hier diskutiert haben. Beim Rechnungsabschluss waren hier ja eher „angefressene" Gesichter über die plötzliche Doppelführung und ständigen Krisensitzungen zu sehen. Jetzt muss man sagen, es ist schon bewundernswert, mit welcher Flexibilität und Rhetorik der Herr Landeshauptmann das jetzt schönredet.

 

Es ist auch etwas zu beachten, was Kollege Wolf relativ exakt gesagt hat. Es wird immer wieder „Europa" gesagt, und: „Wir arbeiten für ein sozial gerechtes Europa." Wir auch, meine Damen und Herren! Wir sind auch für ein Haus für alle Europäer. Kollege Schreuder hat gesagt, dass Sie kritische, aber glühende Europäer sind. Auch wir sind Europäer! Es lässt sich ja auch geographisch kaum wegleugnen, wenn man Österreicher ist, dass man in Europa lebt und damit Europäer ist. Was - siehe Brief der SPÖ - für die Türkei ja nicht ganz so zutrifft! Aber Europa ist einfach größer als die Europäische Union, und darüber muss man auch nachdenken.

 

Wenn ich dann höre, sowohl vom Kollegen Stürzenbecher als auch vom Landeshauptmann: „Nicht jeder, der gegenüber Europa kritisch ist, ist gleich europafeindlich" - das Ganze wieder mit „Europa" -, so ist das völlig richtig. Nur die Freiheitlichen sind natürlich „europafeindlich"? Seien Sie mir nicht böse: Die Kritik ist die Basis für jede Reform! Wenn jemand nur unkritisch wie in einem Parteiapparat der SPÖ all das macht, was die Spitze vorgibt, dann kann es keine Reform geben. Nur wenn man Kritiker zulässt, Kritiker, die offen ihre Meinung sagen und ihre Meinung bis hin zur Ultima Ratio sagen - die bei der Europäischen Union, wenn sie eben nicht bürgerfreundlich ist und so weiteragiert, unter Umständen auch ein Austritt wäre, als Ultima Ratio -, dann ist man nicht automatisch europafeindlich, sondern dann ist man einfach europakritisch. Darauf legen wir großen Wert.

 

Es ist heute auch witzig gewesen, dass Kollege Schreuder von der Aufklärung gesprochen und gesagt hat: Das ist ein wichtiger europäischer Grundwert. Ich frage mich da nur eines. Wenn wir über die Scharia sprechen, die die Menschenrechte einschränkt, wenn wir über Zwangsehen sprechen, wenn wir über Kopftücher sprechen, werden wir beschimpft und diejenigen verteidigt, die die Menschenrechte einschränken, die die Grundwerte der Aufklärung einschränken. Aber heute hören wir, wie wichtig die Aufklärung ist. Ich verstehe also heute das alles nicht ganz.

 

Jedenfalls hat der Landeshauptmann gesagt: Dieser Brief war der falsche Weg, aber es ist die richtige Richtung. Am Tag darauf oder am übernächsten Tag steht in der „Kronen Zeitung": „Auch Bürgermeister Michael Häupl für Volksabstimmung. Nachdem wir in unserer gestrigen Ausgabe den ersten Erfolg der Widerstandsfront gegen die EU-Demokratieblockierer veröffentlichen konnten, können wir schon heute über einen neuerlichen großen Erfolg berichten. Kein Geringerer als Wiens populärer Bürgermeister Häupl hat dem Krone-Herausgeber Hans Dichand in einem Gespräch erklärt, dass er mit den Ansichten von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Werner Faymann voll übereinstimmt." Also soll er dann nicht so tun, als ob, er hat die Fahnen sehr schnell gewechselt! Ich glaube nur, dass die Menschen das sehr wohl durchschauen.

 

Ein Gusenbauer sagt von sich aus - am 2. Juli steht das zum Beispiel in der „Presse" -, zum Lissaboner Vertrag steht er natürlich: „Den habe ich unterzeichnet, und den habe ich verhandelt. Er wurde von mir verhandelt, er wurde von mir unterzeichnet." Ich weiß nicht, was da gelten soll. Entweder ist dann das so schlecht, was er verhandelt hat, oder das so schlecht, was er unterzeichnet hat. Auf jeden Fall ist dies eine Linie, die nicht nachvollziehbar ist.

 

Dass dies nicht nachvollziehbar ist, sieht man auch an den unzähligen Meldungen der diversen SPÖ-Granden. Franz Vranitzky: „Einem der beiden Herren alleine wäre ein solch kapitaler Missgriff nicht gelungen."

 

Gertraud Knoll: "Zuerst dachte ich, dass dieser SPÖ-Schwenk in der EU-Linie eine Zeitungsente ist."

 

Josef Leitner: „Die Stimmung in der SPÖ ist nicht wirklich gut. Es gibt zu viele Rivalitäten in dieser Partei."

 

Heinz Schaden: „Ich bin wirklich sauer. Faymann und Gusenbauer machen aus der SPÖ eine Bananenrepublik."

 

„Es ist falsch und unprofessionell, wenn wir neue Linien aus den Medien erfahren" - Melitta Trunk.

 

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