Landtag,
19. Sitzung vom 10.07.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 49
Wolfgang Petritsch: „Es ist langfristig nicht gut,
sich in der Geiselhaft einer Zeitung zu befinden."
Ein langer Artikel von Lacina: „SPÖ hat ihre
Glaubwürdigkeit verloren".
Visionen haben Sie ja sowieso keine - das habe ich
neulich schon ausgeführt -, bis auf die tausend, die völlig irreal sind, wie
zum Beispiel die Studiengebühren, die Sie im realen Leben nicht umsetzen
konnten, und so weiter. Wenn ich dann lese: „SPÖ zementiert sich ein" -
die ÖVP wollte noch den Schwenk, jetzt zementieren Sie sich ein -, ist das
gefährlich. Wenn man jetzt schon sieht, wie viele SPÖ-Mitglieder, wie viele
SPÖ-Granden diesen schnellen Schlenker nicht mitmachen können - wie viel
gefährlicher ist es, wenn man einzementiert ist, bis man das wieder
herunterbekommt! So schnell kann sich kein Mensch bewegen.
Deswegen: Glauben Sie mir, meine Damen und Herren,
wir kennen das aus leidvoller früherer Erfahrung! Das ist die vom Herrn
Kollegen Stürzenbecher betrachtete negative Abwärtsspirale, von der er glaubt,
sie in der Bevölkerung hinsichtlich der EU jetzt durchbrochen zu haben. Aber er
hat sie sicher nicht durchbrochen in der Bevölkerung hinsichtlich der SPÖ! Das
haben die letzten Ergebnisse gezeigt.
Vielleicht kann man sich mit diesem Schwenk noch ein
bisschen unterhalb der Tendenz halten. Aber längerfristig prophezeie ich Ihnen
bei diesen Streitereien, die immer offenkundiger werden, ein Szenario, dass
irgendwann einmal eine sozialistische Linkspartei da sein wird (StR Johann Herzog: Die wurde schon
gegründet!) - ist schon gegründet; aber eine namhafte, der sich dann viele
Leute anschließen (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Die wird nicht so erfolgreich sein ...!) - und dass in der
Mitte vielleicht noch eine 15 oder 20 Prozent-SPÖ übrig bleibt. Das ist
das Zukunftsszenario. (StR Johann Herzog:
Das ist zu viel!) Zu viel? (Ruf bei der FPÖ: Ja, die bleibt darunter! -
Weitere Zwischenrufe.) Zu viel. Wie auch immer, passen Sie auf jeden Fall
auf, dass Sie nicht in der völligen Bedeutungslosigkeit versinken. (Abg
Dipl-Ing Martin Margulies: Ohne sozialistische Linkspartei bleiben ...!)
Jetzt haben Sie einen Antrag eingebracht, der die
Volksabstimmung von zukünftigen Verträgen betrifft. Ich möchte einen Antrag
einbringen, weil man da aufpassen muss: Die Formulierungen sind immer very
tricky. Es heißt zwar, bei einem neuerlichen Vertrag soll es eine
Volksabstimmung geben, aber es wird ja nicht ausgeschlossen, dass dieser
Vertrag doch noch irgendwie hingebogen wird und dass man sich das erspart.
Dazu möchte ich feststellen, dass eben Irland am
12. Juni 2008 nach der Verfassung von Irland den Vertrag abgelehnt hat.
Das ist auch ganz wichtig zu dem, was Kollegin Vassilakou gesagt hat: Eine
europäische Volksabstimmung könnte nur an einem Tag sein, aber nicht so, dass
die Stimmen von ganz Europa, plus und minus, zusammengezählt werden, weil jedes
Land nach seiner eigenen Verfassung abstimmen muss und nur der Staatsbürger das
Recht hat, zu seiner Verfassung abzustimmen. Also auch dann, wenn das an einem
Tag stattfindet, hätte das aus Ihrer Sicht vielleicht den Vorteil, dass man
eine profundere Kampagne machen kann, aber die Abstimmung müsste jeweils für
jedes Land extra zählen, und wenn eines dagegen ist, ist es auch wieder nichts.
Die Iren haben also den Vertrag am 12. Juni
abgelehnt. Nach Art 54 Abs 2 EU-Verfassung kann der Vertrag nur dann
in Kraft treten, wenn alle Mitgliedsstaaten ihn nach Maßgabe ihrer
verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert haben - somit ist er gescheitert!
Das wäre einmal die Rechtsgrundlage.
Es lässt aber befürchten, da man ja die
Vorgangsweisen kennt und auch schon gehört hat - ich meine, Gusenbauer hat ja
eine Woche vor seinem Brief auch noch gesagt: Das lassen wir in Irland noch
einmal abstimmen; Gusenbauer hat damals auch Champagner getrunken, als es
Sanktionen gegen Österreich gab, da gibt es viele Geschichten -, dass man
vielleicht eine neuerliche Abstimmung in Irland ins Auge fasst, eine kleine
Veränderung des Vertrages oder irgendwelcher Anhänge und so weiter.
Da hat zum Beispiel auch Prof Klecatsky am
2. Juli in der „Kronen Zeitung" gesagt: „Eine Volksabstimmung kann
nicht zunichte gemacht werden. Das irische Volk hat nun einmal rechtsgültig
auch für die übrigen EU-Mitglieder zum Lissaboner Vertrag Nein gesagt, daher
ist es auch für alle so. Man kann nicht noch einmal abstimmen. Es handelt sich
um eine Frage der Rechtskraft. Auch ein Gericht kann zweimal in derselben Sache
kein Urteil fällen." Deswegen stellen die Abgen Dr Schock, Ebinger,
Gudenus und Jung folgenden Antrag:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, alles
Erforderlich zu unternehmen, damit die Ratifikation des Vertrages von Lissabon
widerrufen wird, zumal der Ratifizierungsprozess auf Grund des Votums des
irischen Volkes gescheitert ist.
In formeller Hinsicht wird die sofortige und
namentliche Abstimmung verlangt." (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Zur letzten Regierung kann
ich auch nur sagen: „Es reicht!" Es reicht ja wirklich. Die positiven Seiten
hat Kollege Herzog mit der Schenkungssteuer schon genannt. Das Letzte, was
Ihnen jetzt noch eingefallen ist, ist das Rauchergesetz. (StR Johann Herzog: Die lieben die Sozialisten so, die
Schenkungssteuer!) Viele Dinge sind auf Grund permanenter interner
Streitigkeiten Gott sei Dank nicht durchgesetzt worden. Durchgesetzt worden ist
der „Gusi-Hunderter", der in Wirklichkeit durch die allgemeine
Teuerungswelle und durch die Belastungen in Wien jedem kleineren Verdiener
zwischen 50 und 100 EUR minus am Konto bringt.
Auch viele Bereiche bei der
Gesundheitsreform sind Gott sei Dank nicht umgesetzt worden. Wir haben das von
vornherein abgelehnt. Sie wissen ja, wir haben relativ strikte Vorstellungen,
zum Beispiel, was die Einsparungen bei den Sozialversicherungsträgern betrifft.
Es ist nicht einzusehen, dass jede Berufsgruppe eine andere hat, dass die
Gebietskrankenkassen in jedem Bundesland andere sind, dass alles dupliziert und
vervielfacht wird: 22 Sozialversicherungsträger! Wir sagen: zwei;
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