«  1  »

 

Landtag, 21. Sitzung vom 02.10.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 47

 

mehr geachtet werden müsste. Zum Beispiel: Wann wurde der Antrag gestellt? Warum ist die Einhaltung der vereinbarten Termine wichtig? Welche Fristen laufen ab wann?

 

Frau StRin Wehsely entgegnete, dass ein Informationsblatt auf alle Fristen und Besonderheiten hinweist. Wir als ÖVP-Fraktion haben mehrmals darauf hingewiesen, dass die Bescheidausstellung bei Sozialhilfe nur schriftlich erfolgen sollte, um die von der Volksanwaltschaft aufgezeigten Probleme in der Praxis erst gar nicht entstehen zu lassen. Die Betroffenen sind teilweise überfordert oder auch nervös – denn Sozialhilfe zu beziehen, ist ja nicht gerade angenehm –, wenn sie sozusagen vor dem Amt sitzen und entscheiden sollen zwischen rechtlich verbindlichen Auskünften und rechtlich verbindlichen mündlichen und schriftlichen Bescheiden.

 

Gegen Bescheide ist ja bekanntlich innerhalb einer gewissen Frist Berufung möglich, und daher bringen wir, meine Damen und Herren, zur effektiven Sicherung der rechtlichen Möglichkeiten für Wiener SozialhilfewerberInnen folgenden Beschlussantrag ein:

 

„Der Landtag möge beschließen: Die positive Satzung und Verankerung der Bescheidausstellung betreffend die Zuerkennung beziehungsweise Ablehnung von Sozialhilfeleistungen wird wieder in den Text des Wiener Sozialhilfegesetzes aufgenommen.

 

Der zweite Satz möge daher lauten: Sowohl die Zuerkennung als auch die Ablehnung hat durch schriftlichen Bescheid zu erfolgen.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entzug des Gehbehindertenausweises wurde von meiner Kollegin Smolik bereits angesprochen. Darüber hinaus möchte ich gern anmerken: Erst die Order des Herrn Bürgermeisters war notwendig, um dem Anliegen des Betroffenen stattzugeben, obwohl mehrere ärztliche Gutachten bestätigt hatten, dass eine Gehbehinderung vorgelegen ist. Das ist für mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, Sozialpolitik der Gutsherrenart, wenn Betroffene erst zum Bittsteller werden müssen und zum Stadtoberhaupt pilgern müssen, bevor sie bekommen, was ihnen per Gesetz zusteht.

 

Darüber hinaus, meine sehr verehrten Damen und Herren, erlaube ich mir die Frage: Welchen Stellenwert haben eigentlich fachärztliche Gutachten, die von AntragstellerInnen beigebracht werden, für die Entscheidungsfindung des Magistrats? Offenbar keinen allzu hohen, wenn AmtsärztInnen medizinisch fundierte und begründete Fakten einfach vom Tisch wischen. Es ist für mich vollkommen unverständlich, dass mehrere Fachärzte eine Gehbehinderung feststellen, und für die Bewilligung einzig und allein das Urteil eines Amtsarztes bindend ist, und noch dazu, wie wir ja in dem vorliegenden Fall wissen, ein anderer Amtsarzt die Gehbehinderung dann ebenfalls festgestellt hat.

 

Ein weiterer Fall, der von der Volksanwaltschaft beanstandet wurde und den ich von dieser Seite bereits thematisiert habe, ist die rechtswidrige Abweisung des Antrages auf Bescheiderlassung bei der erhöhten ambulanten monatlichen Pauschale. Der Unabhängige Verwaltungssenat erklärte, dies habe zur Folge, dass auf die Frage, ob eine beantragte Leistung nach dem Wiener Behindertenhilfegesetz gewährt werden kann beziehungsweise in einer der vorgesehenen Maßnahme Deckung findet, nicht im Verfahren oder die Zulässigkeit einer Bescheiderstellung zu prüfen ist, sondern über diese Frage selbst ein Bescheid zu ergehen habe.

 

Nun, meine Damen und Herren, die erhöhte ambulante monatliche Pauschale gehört der Vergangenheit an. Sie wurde durch die Pflegegeldergänzungsleistung der Persönlichen Assistenz ersetzt. Nichtsdestotrotz verlangen wir in diesen Fällen eine automatische, unverzügliche Bescheidausstellung im Falle einer Ablehnung und bringen daher folgenden Beschlussantrag zur Novellierung des Wiener Behindertengesetzes ein:

 

„Der Landtag wolle beschließen, unter Einbeziehung von ExpertInnen und Betroffenen, speziell aus dem Bereich der Interessensvertretung behinderter Menschen, einen Entwurf für die Novelle des Wiener Behindertengesetzes zu erarbeiten, um dadurch Menschen mit Behinderung die Ausübung ihrer in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung bereits anerkannte Rechte im vollen Umfang zu sichern. Vor allem sollten die oben genannten Aspekte in die Novelle Eingang finden.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung dieses Antrags an den Herrn Landeshauptmann verlangt.“ (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die fehlende Barrierefreiheit im Wilhelminenspital hat die Frau Kollegin Smolik ebenfalls bereits erwähnt. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Grünen und wir gemeinsam einen Antrag eingebracht haben zur Evaluierung aller öffentlichen Gebäude, aber auch der zur Stadt Wien gehörenden Spitäler. Der wurde leider abgelehnt, aber wir werden nicht lockerlassen. Es braucht einen Etappenplan, um dem Behindertengleichstellungsgesetz bis 2016 im vollen Umfang Rechnung zu tragen.

 

Meine Damen und Herren! Man liest auch schaurige Einzelfälle über den Umgang mit Menschen, die auf Pflegegeld angewiesen sind. Auch im aktuellen Rechnungshofbericht erfährt man, dass diese von der Volksanwaltschaft aufgezeigten Versäumnisse und Mängel keine bedauerlichen Einzelfälle sind, sondern Mängel im System darstellen.

 

Da gab es ein Beispiel, dass die ärztliche Untersuchung einer minderjährigen Patientin erst vier Monate nach Antragsstellung erfolgt ist, und der positive Bescheid über die Erhöhung des Pflegegeldes traf erst nach fünfeinhalb Monaten ein.

 

Frau StRin Wehsely hat dem Rechnungshof entgegnet, die Verzögerung wäre auf die Urlaubszeit und die Umstrukturierung der MA 15 sowie die Übersiedlung der gesamten Abteilung zustande gekommen, aber die wahren Gründe kann man ebenfalls im aktuellen Rechnungshofbericht lesen: Fünfeinhalb Monate von der Antragsstellung bis zum Bescheid liegen in Wien leider im Schnitt. Dazu wörtlich: „Die durchschnittliche

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular