Landtag,
25. Sitzung vom 27.03.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 32
(Beginn um 9 Uhr.)
Präsident Prof Harry Kopietz:
Einen schönen guten Morgen, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und
Kollegen!
Ich eröffne die Sitzung des
25. Landtags.
Entschuldigt sind die Abgen Mag
Ebinger, Frank, Hursky, Kowarik, Reiter, Dr Vana, Mag Vassilakou. Amtsf StR
Mailath-Pokorny befindet sich auf einer Dienstreise, die Frau Abg Korosec ist
bis 10.30 Uhr entschuldigt und die Frau Abg Dr Laschan bis 12 Uhr.
Wir kommen zur Fragestunde.
Die 1. Frage (FSP - 01251-2009/0001 - KGR/LM) wurde von
Herrn Abg Dipl-Ing Martin Margulies gestellt und ist an den Herrn
Landeshauptmann gerichtet. (Sehr geehrter Herr Landeshauptmann, angesichts
der düsteren Prognosen über die wirtschaftliche Entwicklung haben schon mehrere
Bundesländer darauf hingewiesen, dass vereinbarte budgetäre Überschüsse nicht
erreicht werden können. Offenkundig wird, dass der von den Grünen kritisierte
innerösterreichische Stabilitätspakt gerade in wirtschaftlich schwierigen
Zeiten einen weiteren Hemmschuh zur Ankurbelung der Konjunktur darstellt.
Werden sie sich daher für eine Aussetzung des innerösterreichischen
Stabilitätspaktes einsetzen?)
Bitte, Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Im Sinne der neuen Klarheit möchte
ich die Frage ganz klar beantworten: Nein, ich werde mich nicht dafür
einsetzen. Und das nicht nur aus dem Grund, wenn man mit mir Verträge
abschließt, wenn man sich mit mir etwas ausmacht, dann stehe ich dazu, dann
gilt das, sondern es hat sehr wohl einen inhaltlichen Grund. Selbstverständlich
steht dieser Stabilitätspakt in ganz engem Zusammenhang mit dem
Maastricht-Vertrag und sohin der Einführung des Euro. Und wenn man nun in der
Tat genau liest und nicht wie die Neoliberalisten in der Vergangenheit den
Maastricht-Vertrag immer interpretiert haben, aber daraus resultierend den
zweifelsohne innerösterreichischen Stabilitätspakt, dann kann man daraus
entnehmen, dass diese Kriterien, also diese maximale Neuverschuldung von
3 Prozent über die Konjunkturperiode gilt und nicht von Jahr zu Jahr. Es
ist daher auch für uns völlig klar, dass wir in solchen Krisenzeiten natürlich
auch eine Neuverschuldung eingehen werden. Ich bin schon sehr neugierig, wie
die Diskussion dann sein wird, wenn der Rechnungsabschluss entsprechend
diskutiert wird. Denn hier gilt es natürlich, mit einem Maßnahmenmix, der auch
die Ankurbelung der öffentlichen Investitionen und die Ankurbelung der
öffentlichen Nachfragen umfasst, allerdings nicht nur, aber auch, derartige
Maßnahmen zu setzen, und wir werden das selbstverständlich auch in der Stadt in
dem Maße tun, wie wir es tun können. Ich erwarte dies auch von der
österreichischen Bundesregierung und ich erwarte mir auch, dass Maßnahmen
gesetzt werden wie etwa Verhinderungen im Bereich des Vergaberechts
einschließlich jetzt auch der entsprechenden EU-Richtlinie. Das wäre eine
derartige Maßnahme, sodass dieser Teil der Maßnahmen gegen die Krise, nämlich
öffentliche Nachfrage fördern, öffentliche Investitionen fördern, in der Tat
auch vernünftig erfüllt werden kann. Das ist unsere Aufgabe. Die EU hat andere
Aufgaben, um die sie sich kümmern sollte, und die Bundesregierung auch.
Präsident Prof Harry Kopietz:
Danke, Herr Landeshauptmann. Die 1. Zusatzfrage wird von Herrn Abg
Dipl-Ing Margulies gestellt. Ich ersuche darum.
Abg Dipl-Ing Martin Margulies
(Grüner Klub im Rathaus): Ich halte es ja durchaus für spannend, wie im
Sinne der neuen Klarheit ein Nein inhaltlich als Ja interpretiert werden kann,
insbesondere dann, wenn man sich anschaut, dass gerade angesichts der
Wirtschaftskrise beim schwammigen Begriff Konjunkturperiode nicht wirklich
abschätzbar ist, wie lange diese dauert. Aber ich gebe offen zu, ich freue mich
darüber, dass die Stadt Wien Investitionen zur Ankurbelung der Wirtschaft
setzen wird und bin auch sehr skeptisch, ob angesichts des Gratiskindergartens
auf der einen Seite und angesichts von Einnahmenausfällen im Rahmen der
Ertragsanteile auf der anderen Seite es überhaupt möglich wäre, in den
künftigen Jahren die im innerösterreichischen Stabilitätspakt vereinbarten
Kriterien zu erfüllen. Und insofern würde ich mir tatsächlich wünschen, dass es
in den kommenden Jahren massive Impulse zur Ankurbelung geben wird. Ich gehe
davon aus, dass es sie gibt.
Ich frage Sie aber jetzt, nachdem
Sie dezidiert auf die Konjunkturperiode hingewiesen haben: Für welchen Zeitraum
rechnen Sie, dass die Stadt Wien die im innerösterreichischen Stabilitätspakt
vorgegebenen Maßnahmen, de facto knapp 300 Millionen, 250 bis
300 Millionen EUR Maastricht-Überschuss in Wien zu erwirtschaften,
aussetzen wird?
Präsident Prof Harry Kopietz:
Bitte, Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl:
Zunächst rechne ich ausschließlich einmal für das Jahr 2009. Denn die Frage,
die dahinter steht, ist ja die Frage, die einfache Frage, die sich momentan die
ganze Welt stellt: Wie lange dauert die Krise? Und die ganze Welt kann sie
nicht beantworten, auch geniale oder mehr oder weniger geniale Vereinfacher
nicht, die dann prophezeien: Ja, am Ende des Jahres wird Licht am Ende des
Tunnels zu sehen sein oder ähnliche wertvolle ökonomische Informationen. Das
weiß im Prinzip niemand genau. Es weiß auch im Prinzip niemand genau, ob die
Maßnahmen, die angekündigt wurden und die nun erst langsam beginnen, sich
umzusetzen, ob die tatsächlich das alles erfüllen werden, was man sich damit
erhofft. Ich gehe im Prinzip davon aus, dass Europa - und so ist es auch in den
Regionalgremien der Union diskutiert worden und nicht nur der Union, sondern
auch in europäischen Organisationen, die größer sind als die EU - einen
Maßnahmenmix setzt, der einerseits aus öffentlichen
Nachfrageankurbelungsmaßnahmen besteht, also aus öffentlichen Investitionen,
die gleichzeitig aber auch den privaten Konsum ankurbeln.
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