Landtag,
28. Sitzung vom 26.11.2009, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 76
Kommissionsbestellung
wieder nur die alten Macher – ich sage bewusst Macher, es sind ganz wenig
Macherinnen dabei – und die alten Ideologien am Werk, die diese Krise
eigentlich verursacht haben. Daran – das muss ich an dieser Stelle sagen –,
Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie, haben auch Sie einen
Großteil mit Schuld, nämlich mit der Wiederbestellung des
Kommissionspräsidenten Barroso. Da hätten Sie wirklich die Chance gehabt, so
wie wir Grüne es auch versucht
haben, Allianzen zu schmieden, etwas Neues zu machen, einen Kurswechsel. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Denn ich glaube,
es ist unbestritten, dass mit dem Herrn Barroso jemand gewählt
wurde, der wirklich eine ultraliberale – und das ist noch positiv formuliert –
Haltung an den Tag legt, der wirklich die Personifizierung dieses gescheiterten
veralteten neoliberalen Wirtschaftssystems und dieses Dogmas des alles
beherrschenden Marktes ist. Statt einen Gegenkandidaten oder eine
Gegenkandidatin aufzustellen oder auch nur zu unterstützen, haben Sie gemeinsam
mit den Christdemokraten und Christdemokratinnen und den Liberalen im
Europaparlament eigentlich diesen Deal, dass Barroso wieder
Kommissionspräsident wird, erst ermöglicht.
Das Traurige ist,
dass Sie im EU-Wahlkampf eigentlich das soziale Europa groß propagiert haben
und angekündigt haben, was Sie nicht alles tun werden, und kaum war der
EU-Wahlkampf vorbei, hat Ihr Kanzler Faymann als Staats- und Regierungschef
Herrn Barroso als Kommissionspräsident nominiert. Das ist mehr als
enttäuschend, das ist ein gebrochenes Versprechen, und Sie dürfen eigentlich
für den Rest dieser Kommissionsperiode das Wort „soziales Europa" nicht
mehr in den Mund nehmen. So sehen wir das. Das ist wirklich ein historisches
Versagen der Sozialdemokraten im Europaparlament, und das werfe ich Ihnen vor.
Detto die
Bestellung des österreichischen EU-Kommissars. Sie sehen, ich fange schon fast
zu lachen an, denn wenn es nicht so eine peinliche Performance der gesamten
Bundesregierung wäre, die den niedrigen Stellenwert dieser Europapolitik der
Bundesregierung zeigt, wäre es schon fast lustig. Minister Hahn, der
unbeliebteste Minister der Bundesregierung, völlig glücklos, wird jetzt
abgeschoben nach Brüssel und soll dort – wir entnehmen das den heutigen
Zeitungen – doch glatt Kommissar für Bildung und Forschung werden.
Meine Damen und
Herren! Minister Hahn soll Kommissar für Bildung und Forschung werden! Unser
Wissenschaftsminister, der die Bildungspolitik völlig an die Wand gefahren hat,
der der Verursacher für europaweite Studenten- und Studentinnenproteste ist,
der aus CERN aussteigen wollte, dessen eigenes Verhältnis zu seiner
Dissertation völlig ungeklärt ist, der soll jetzt Kommissar für Bildung und
Forschung werden? Das heißt doch wohl, den Bock zum Gärtner zu machen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Also entschuldigen Sie, schlimmer
kann es ja nicht mehr werden!
Für die SPÖ ist das eigentlich ein
Lehrbeispiel dafür, wie man etwas verbocken kann. Nicht nur haben Sie zuerst
den Kommissar überhaupt hergeschenkt, denn das ist ja alles uninteressant für
die Sozialdemokratie, wir brauchen ja keinen Kommissar, Sie haben auch die
Möglichkeit, dass Österreich das Ressort des europäischen Außenministers
bekommt, hergeschenkt.
Denn wir erinnern uns: Wer saß denn in dem großen
Dreier-Verhandlungsteam, das über Posten beraten hat? Da saßen drinnen Herr
Zapatero aus Spanien, Herr Rasmussen aus Dänemark und Herr Faymann aus
Österreich. Das waren die Schlüsselpersonen, die diese zwei Positionen
ausgemacht haben.
Präsidentin Marianne Klicka
(unterbrechend): Frau Abgeordnete,
ich muss Sie ersuchen, zum Schluss zu kommen.
StRin Dr Monika Vana
(fortsetzend): Ich komme bald zum
Schluss (Abg Godwin Schuster: Nicht bald,
sondern gleich!), aber Sie haben ja vorhin selber gesagt, dass die
Ausnahmen für die 20 Minuten-Regelung für die zuständigen Mitglieder der
Landesregierung gelten. Jetzt ist es so, dass ich in meiner Fraktion eindeutig
zuständig bin für Europa und Mitglied der Landesregierung bin ich auch. Ich
komme gleich zum Schluss (Beifall bei der SPÖ.), aber auf die fünf Minuten, wenn wir einmal in eineinhalb
Jahren in diesem Haus über Europa reden, werde ich nicht verzichten, nur weil
es für Sie unangenehm wird, dass Sie es verbockt haben, den Außenminister zu
stellen.
Ich werde jetzt zum Schluss kommen. Es sind die Grünen – und das hat sich wieder gezeigt bei der
Neubestellung des Europaparlaments –, die die einzige Partei sind, die nicht
nur bei der letzten EU-Wahl Sitze dazu gewonnen haben im Europaparlament,
obwohl das Parlament verkleinert wurde, sondern wir sind die konsequenteste
europapolitische Partei. Wir sind die Einzigen in diesem Haus, die unsere Idee
von Europa nie verraten haben. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Deswegen
haben Sie gegen den Beitritt gestimmt!) Wir wollen nicht, dass die EU weiter von Krise zu Krise
verwaltet wird, wie es die große Koalition aus Sozialdemokraten und
Christdemokraten gemeinsam mit Ultraliberalisten im Europaparlament macht.
Beginnen Sie endlich, mit uns gemeinsam diesen Kampf für Europa zu führen! (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Marianne Klicka:
Als Nächster zur Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Tschirf. Ich erteile es
ihm.
Abg Dr Matthias Tschirf
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Frau Präsidentin! Herr Landeshauptmann! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die letzte Bemerkung war mir nicht ganz klar
nachvollziehbar. Ich erinnere mich daran, da hat es eine EU-Volksabstimmung
gegeben, und ich erinnere mich – ich war damals zwar noch um einiges jünger,
aber ich kann mich erinnern – an dieses Engagement gerade von unserer Seite,
auch von Seiten der Sozialdemokratie. Dazu muss ich auch sagen, dass die
Sozialdemokratie einiges auch in ihrer eigenen Einstellung verändert hat. Ich
gebe ja auch zu, dass es gerade die Landeshauptleute der SPÖ waren, die diesen
Prozess damals herbeigeführt haben. Erinnern Sie sich, es gab eine
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