Landtag,
30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 82
wir erreichen wollen, indem wir über dieses Thema sprechen.
Ich möchte aber bei der Gelegenheit wiederum zwei ganz klare Positionen
vorausstellen. Die erste Position ist die: Ich stelle mich gegen das Verbot der
Straßenprostitution. Ich bin nämlich davon überzeugt, dass dies das Problem
niemals lösen würde, und dann sind wir wiederum von der Gesamtkonzeptlösung in
Wirklichkeit relativ weit weg.
Ich glaube nicht, dass es für das Thema der Prostitution ein
Patentrezept in der Lösung geben kann. Das glaube ich nicht. Ich glaube, dass
man auf der einen Seite sozialarbeiterisch arbeiten muss, dass man auf der
anderen Seite an der sozialen Sicherheit der Prostituierten arbeiten muss.
Ich glaube, dass wir in der Freieraufklärung verstärkt aktiv sein
müssen. Ich glaube, dass wir mit der Polizei auch darüber reden müssen, dass
sie den rechtlichen Rahmen, den sie durch das Wiener Prostitutionsgesetz und
durch das Landes-Sicherheitsgesetz bereits jetzt zur Verfügung hat,
entsprechend nutzt, um den Anrainerinnen und Anrainern dieses
Unsicherheitsproblem und die Konfrontation mit dieser Problematik nehmen zu
können.
Ich glaube auch, dass wir uns im Sinne einer Auseinandersetzung damit,
wie andere Städte das Problem bewältigen, Best-Practice-Beispiele anschauen
müssen und schauen müssen, was für Lehren wir für uns daraus ziehen können und
was wir daraus auch für uns, für die Stadt umlegen können. Ich war zum Beispiel
mit den Mitgliedern meines Ausschusses in Paris. Wir haben dort eine
Institution getroffen, die sich mit dem Thema der Prostitution in Paris
auseinandersetzt. Sie haben dort zum Teil rechtlich andere Voraussetzungen. Sie
sind noch nicht dort, wo sie sein möchten, aber die Idee ist grundsätzlich gut.
Sie gehen auch in eine Art Mediation - AnrainerInnen, Prostituierte, Freier,
auch mit der Polizei -, um zu schauen, dass man Konflikte auch auflöst.
Andere Konflikte müssen aber erst gar nicht entstehen, wenn ich
wahrnehme, was ich tun kann, nämlich zum Beispiel zu sagen: Wie schaut es aus
mit der Ausleuchtung? Ist es wirklich so, wenn um 7 Uhr in der Früh die
Leute aus dem Haus gehen, mit ihren Kindern in den Kindergarten oder in die
Schule, dass da, wie soll ich sagen, Utensilien aus der Vornacht zu finden
sind? Da muss man einfach konzentriert vorgehen, es wegräumen, von mir aus auch
zweimal am Tag dort hingehen.
Das sind Punkte, die ich angehen möchte. Insofern wird sich das wohl in
ein Gesamtkonzept gießen lassen, aber dieses Gesamtkonzept wird natürlich immer
aus mehreren Bestandteilen bestehen. Ich wehre mich nicht dagegen, auch darüber
nachzudenken, es gesetzlich zu diskutieren, aber das ist eben eine Frage davon,
wie sich diese Diskussion ergeben wird.
Wer sitzt denn nun zusammen? Ich bin von genau diesen Bezirken
angesprochen worden, die hier auch schon von Abgeordneten genannt wurden, dass
es dort konzentriert Problemstellungen gibt. Jetzt habe ich mich natürlich
einmal mit diesen drei Bezirken getroffen. Darüber hinaus gibt es aber von mir
eine Zusammenkunft mit allen zuständigen Abteilungen, also allen Abteilungen,
die damit konfrontiert sind, und immer wieder Gespräche, in denen wir
versuchen, die einzelnen Säulen in so einem Gesamtkonzept, wenn Sie so wollen,
auch zu besprechen und auszuarbeiten.
Ich kann Ihnen an dieser Stelle sagen, dass ich das, was ich hier schon
angedeutet habe, konkretisierter und versehen mit ein paar sehr konkreten
Maßnahmen präsentieren möchte, nachdem die MA 62 noch einmal die
Straßenzüge angeschaut hat, nachdem ich auch noch einmal mit der Polizei ein
Gespräch geführt habe. Dann werden wir das präsentieren und vorlegen. Das
werden wir tun, ich würde einmal sagen, die warme Jahreszeit kommt, ich glaube,
das ist immer so ein Punkt, an dem es sich noch einmal zuspitzt, und da möchte
ich fertig sein.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. -
Die nächste Frage wird gestellt von Herrn Abg Dr Ulm. Ich bitte ihn darum.
Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt
Wien): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Ich denke, das politische Ziel muss sein, die Prostitution
rechtsstaatlich zu regeln, und das politische Ziel muss auch sein, zu einer
Verlagerung von der Straßenprostitution zur Prostitution in Lokalen zu kommen.
Da haben Sie erfreulicherweise schon gemeint, dass es gewisse Veränderungen
geben kann. Nachdem Sie ganz am Anfang noch rigoros gemeint hatten, eine
Änderung des Prostitutionsgesetzes steht nicht zur Debatte, meinten Sie dann
aber, gesetzliche Änderungen bei den Lokalen können Sie sich schon vorstellen.
In Vorbereitung auf meine Frage habe ich mir die rechtliche Situation
in allen Bundesländern angesehen, und da bin ich draufgekommen, dass es in der
Mehrheit der Bundesländer Genehmigungsvorschriften für Bordelle und
bordellähnliche Einrichtungen gibt. Ich glaube, dass das auch für Wien etwas
Sinnvolles wäre. Wir haben solche Bordellbewilligungen in der Steiermark, in
Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten, und immerhin noch Anzeigepflichten in
Niederösterreich und Oberösterreich. In Wien gibt es das nicht.
Ich glaube, dass wir mit der Schaffung von Genehmigungen für Bordelle
oder bordellähnliche Einrichtungen sicherheitspolitisch, gesundheitspolitisch
und unter dem Gesichtspunkt der Rechtsstaatlichkeit durchaus zu einer
Verbesserung der Situation kommen könnten. Mich würde interessieren, wie Sie
dazu stehen.
Präsident Prof Harry Kopietz: Frau Stadträtin, bitte.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Ich
glaube, dass wir zu dem gesamten Thema der Prostitution grundsätzlich sehr
unterschiedliche Positionen und Haltungen haben, die sich einfach aus unseren
Weltanschauungen ergeben. Aber wenn wir konkret darüber reden möchten, wo
Prostitution stattfinden soll, dann, habe ich gemeint, können wir uns gerne
einmal wirklich ausführlich damit auseinandersetzen, welche Problemlagen wir
jetzt bei den Lokalen haben und - da bin ich wieder bei einem Länder- oder
Städtevergleich - welche Möglichkeiten wir ins Auge fassen sollten oder können,
um bei den
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