Landtag,
30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 82
überhaupt die Notwendigkeit, sondern da steht
einfach, das nehme ich so wahr, subjektiv, fertig aus. Diese Art der Begründung
kennen wir in dem Haus, aber normalerweise versuchen Sie, ordentlicher zu
arbeiten.
Sie haben sich dann immerhin durchringen können,
einen Satz herauszustreichen – in dieser Unterlage ist er geschwärzt -, der auf
die Verwahrlosung abzielt. Und das finde ich auch gut, dass Sie den
herausgestrichen haben, weil die Verwahrlosung hätte am Ende Sie selber
getroffen, weil der Antrag ist die politische Verwahrlosung der Werte der
Sozialdemokratie. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Dieser Antrag will im Wesentlichen, dass alles, was
gewerbsmäßiges Betteln heißt, verboten ist. Aber die Gewerbsmäßigkeit ist ein
so breiter Begriff, dass schon die Wiederholung von etwas unter
Gewerbsmäßigkeit fällt. Einmal einen Euro noch nicht gewerbsmäßig, zweimal
einen Euro, könnte schon gewerbsmäßig sein. So wird das von Juristen auch
ausgelegt. Ganz sicher sind alle gemeint, - weil die stehen ja extra und
trotzdem noch in der Begründung - die versuchen, sich mit dem Betteln eine
fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Wer also bettelt, um sein eigenes
Leben zu organisieren, um sich selber fortlaufend eine Einnahmequelle zu
verschaffen, der fällt da drunter. Das ist der erste Satz von diesem Antrag.
Also das heißt, wer bettelt, damit er selber damit überleben kann, soll es
nicht mehr tun.
Was soll denn der Mensch sonst machen? Und sagen Sie
mir bitte nicht, arbeiten, weil diese Arbeitsplätze haben viele andere Leute
auch nicht, das würden sie ohnedies gerne machen. Der erste Satz heißt, wir
verbieten Betteln. So steht es da drinnen und alle, die der deutschen Sprache
mächtig sind, und das sind wir hier alle, sind in der Lage, das genau zu
interpretieren.
Neben diesem „gewerbsmäßig" ist das Zweite, das
uns auch aufstoßt, die Art und Weise, welche Gruppen denn in Zukunft überall
weggewiesen werden dürfen. Nämlich nicht Menschen, die mit Kindern etwas tun,
sondern etwa, ich will in den Westbahnhof hinein und es steht eine größere
Gruppe Leute vor den Türen und ich kann nicht durchgehen und die stehen so da,
dass ich nicht durchkomme, also wenn ich subjektiv das Gefühl habe, das ist mir
unangenehm. Also, wenn fünf Obdachlose am Rand stehen und ich links durch eine
Türe gehen kann, völlig ungehindert und niemand tut mir was, dann kann ich,
dann kann ein Stadtneurotiker hergehen und sagen, das gefällt mir nicht. Und
die Polizei hat in Zukunft die Aufgabe, dem nachzukommen und die Leute
wegzuweisen. Und wenn die gleichen Fünf an einen anderen Ort weitergehen und
das noch einmal tun, dann kassieren sie alle 700 EUR Strafe. 700 EUR
Strafe, wer soll das denn bezahlen? Die stehen zuerst da und sind obdachlos,
die betteln eventuell, das ist in dem Fall gar nicht notwendig, das muss man
dazu sagen, für diese Wegweisung ist das nicht notwendig, es genügt, wenn sie
dort stehen und es stört jemanden.
Aber irgendein Bürger in dieser Stadt sagt, das will
ich nicht und Sie geben der Polizei die Handhabe, die im Übrigen nicht froh ist
über solche Gesetze, weil die kriegen das genauso, da kommt einer und erklärt
den Leuten auch, bitte wegweisen, und die Polizei muss dann handeln auf Grund
dieser Gesetzeslage.
Das ist sehr bedauerlich, dass Sie das so
einbringen. Das sehe aber nicht ich alleine so, sondern hätten Sie eine
Begutachtung gemacht, die erst ich für Sie vornehmen werde, und wir insgesamt
für Sie vornehmen, dann hätten Sie Stellungnahmen von der Armutskonferenz, vom
Verein Wiener Wohnungslosenhilfe, von „Augustin" einholen können. Das sind
die drei Stellungnahmen, die ich Ihnen zur Gänze vorlesen werde, damit es
nachher nicht heißt, das haben wir nicht gewusst, was die sagen. Die werden im
Protokoll stehen, so wie sie normalerweise dem Akt beigelegt gewesen wären, so
wie wir das alle normal lesen hätten können.
Jetzt haben diese Organisationen alle spät reagieren
müssen, aber sie haben es alle gemacht und diese Stellungnahmen liegen vor. Es
liegen auch noch weitere vor, die werden Sie sich auch anhören müssen, weil
Ihnen Maria Vassilakou und Martin Margulies die anderen Stellungnahmen von der
Bettellobby, von Neustart, von der Caritas und von SOS-Mitmensch vorlesen
werden. Und ich verrate wahrscheinlich nicht zuviel, aber alle diese
aufgezählten Organisationen sind schwer enttäuscht von der Sozialdemokratie.
Das ist nicht mein Privatbild, sondern alle, die ich
da aufzähle, da sind Organisationen dabei wie der Arbeiter-Samariter-Bund, das
Hilfswerk, das Rote Kreuz, die alle speien sich an, wenn sie den Antrag lesen,
und denen wird schlecht dabei, wenn sie sehen, wie die SPÖ zunehmend
verwahrlost, auf Grund irgendwelcher Umfragen, die offensichtlich in Ihren
Augen notwenig waren, um den Fehler zu machen, den Sie schon lange machen,
schon seit Mitte der 80er Jahre, nämlich nachzurennen, wo man nicht
nachlaufen soll. Das hat bis jetzt nicht funktioniert, das ist ja das, was mich
am meisten wundert, neben der inhaltlichen Kritik.
Das ist eine komische Strategie. Sie ist jedes Mal
danebengegangen und wird immer wieder fortgesetzt. Das ist sehr, sehr
bedauerlich. Die Sozialdemokratie hat sich aber leider hie und da, und das kann
ich Ihnen nicht ersparen, in Wortmeldungen wirklich persönlich desavouiert und
ich habe auch ganz kurz die Gelegenheit gehabt, persönlich darüber zu reden,
aber wenn der Klubobmann der Sozialdemokratie auf die Homepage, auf den Blog
der Bettellobby, rund um die Diskussion über dieses Gesetz Folgendes schreibt -
und das muss man ungekürzt vorlesen, weil sonst glaubt man es fast nicht –,
also Siegi Lindenmayr schreibt: „Insbesondere durch Mandatare der Grünen wurden bewusst Teile des
Initiativantrages miteinander vermengt, die sich einerseits mit Bettelei und
andererseits mit dem Wegweiserecht befassen. Aus diesem Grund haben die
GemeinderätInnen, die den Initiativantrag eingebracht hatten, die taxative
Aufzählung der Gruppen inklusive den Begriff verwahrlost streichen lassen.
Interessant finde ich“, so Siegi Lindenmayr, „jedenfalls, dass so manche
Personen offenbar das Herankarren von moldawischen Bettlern, die sich
absichtlich verstümmeln und danach
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