Landtag,
30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 82
organisiert das erbettelte Geld abnehmen lassen,
begrüßen, denn genau gegen diese Gruppe beziehungsweise deren Hintermänner
richtet sich die Änderung dieses Gesetzes.“
Es haben sich natürlich
alle anständig aufgeregt über den Text und haben sich gewundert, wie man so
entgleisen kann. Bei einer schriftlichen Fassung ist das doch nicht so leicht
denkbar. Es passiert fast allen irgendwann beim Reden, aber beim schriftlichen
Abfassen überlegen doch die meisten, bevor sie auf Senden drücken, und nachdem
es da einen großen Sturm der Aufregung gegeben hat, hat sich Siegi Lindenmayr -
entschuldigt ist der falsche Ausdruck - sondern hat sich über diese
Selbstverstümmlerbanden noch einmal ausgelassen, und diese Antwort lautet dann
so, und das ist quasi die Antwort auf seinen eigenen Vers: „Mein Kommentar war
im medizinischen Sinn sicher unkorrekt. Das tut mir leid und ich antworte Ihnen
hier gerne, um Missverständnisse zu vermeiden. Ich hatte unter anderem zum
Beispiel jene Person vor Augen, die sich, bevor die Umbaumaßnahmen auf der
Friedensbrücke begonnen haben, in der Mitte der Brücke auf ein Bein gesetzt
hatte, um vorzutäuschen, es gäbe nur mehr das andere. Nach ein paar Stunden
Sitzen kann das vermutlich nachhaltige Beeinträchtigungen für das eine Bein
nach sich ziehen. Das meinte ich und nicht, dass sich jemand die Beine abhackt.
Oder jene Person, die mit Krücken unter dem Arm die Alser Straße recht flott
entlang gegangen und auf dem Julius-Tandler-Platz mit den Krücken nur mehr
gehumpelt ist.“
Es ist alleine das Reden von Selbstverstümmelung
geschmacklos. Als ob irgendjemand einen Spaß daran hätte, wenn er aus welchem
Grund auch immer leider nicht zwei Arme und zwei Beine hat. Den Leuten prinzipiell
vorzuwerfen - und damit jedem Menschen, der betteln muss, um zu überleben, zu
unterstellen -, dass er sich irgendwie auf sein zweites Bein setzt, oder dass
er sowieso nur humpelt, wenn man ihn sieht, und das generell zu allen Bettlern
zu sagen, ist der Sozialdemokratie unwürdig, würde ich gerne sagen, aber das
ist offensichtlich das Bild, das Sie heute haben.
So, und was sagt die
Armutskonferenz? Bei der Armutskonferenz sieht man auch immer wieder einen
Sozialdemokraten oder eine Sozialdemokratin, es werden auch immer schöne Reden
geschwungen, nur halten tut sich an das Programm der Armutskonferenz leider
niemand mehr von Ihnen. Die Armutskonferenz fordert Sie auf, diesen Antrag
zurückzuziehen. Nachdem die meisten von Ihnen es nicht der Mühe wert gefunden
haben, eine E-Mail von der Bettellobby zu beantworten, wo einfach nur die Frage
gestellt wurde, was wird denn das, was soll das sein? Und Sie alle haben eine
E-Mail bekommen.
Beantwortet wurde
die, wenn auch nicht in der gewünschten Art und Weise, aber die ÖVP hat sich
die Mühe gemacht, dass sie ein paar Antworten geschickt hat. Die
Sozialdemokratie hat da 55 Abgeordnete mit null Antworten. Kein Einziger und
keine Einzige von Ihnen hat es der Mühe wert gefunden, innerhalb der ersten 50
Stunden - vielleicht hat es jemand heute Vormittag gemacht, das kann ich nicht
überprüfen – aber keine Einzige hat sich die Mühe gemacht, innerhalb von 50
Stunden auch nur eine Antwort zu schicken.
Die Armutskonferenz
sagt, und das wäre die Stellungnahme, die wir normalerweise alle gelesen
hätten, wenn Sie nicht den Weg gegangen wären, jetzt alles dringend und schnell
machen zu müssen, so handstreichartig, als ob man hoffen würde, dass es dann
nicht auffällt. Es gibt bereits ausreichend Strafbestimmungen, es gibt aber
keine rechtliche und subjektive Verunsicherung, die eine beliebige Person aus
dem Weg räumen lässt.
Die Armutskonferenz erinnert die Antragstellerinnen
Martina Ludwig-Faymann, Nurten Yilmaz, Silvia Rubik, Barbara Novak und Nicole
Krotsch an ihre soziale Verantwortung gegenüber benachteiligten Menschen. Der
Antrag läuft nicht nur auf ein generelles Bettelverbot hinaus, sondern auch auf
Repression gegen alle, die eine erhebliche Verunsicherung auslösen. Wer das
aller sein könnte, wurde im mittlerweile gestrichenen Absatz sogar aufgezählt:
Verwahrlost Auftretende, Obdachlose, et cetera. Es gibt kein Recht der
Mehrheitsgesellschaft, den Anblick anders aussehender Menschen nicht ertragen
zu müssen. Es gibt auch kein Recht, alles, was irgendjemanden in der Stadt
subjektiv verunsichert, aus dem Weg zu räumen. Generelle Bettelverbote und
menschenrechtswidrige Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte von sozialen
Randgruppen sind jedenfalls Kennzeichen von Diktaturen und nicht von modernen
Demokratien. Durch eine Einfügung der Wortfolge „oder gewerbsmäßiger“ im
§ 2 Landes-Sicherheitsgesetz würde nahezu jedes Betteln strafbar werden.
Bei der Beurteilung, ob eine gewerbsmäßige Begehung vorliegt, wäre mangels
einer eigenen Begriffsbestimmung im Landesgesetz die Definition nach § 70
Strafgesetzbuch relevant: „Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung
fortlaufende Einnahmen zu verschaffen.“ Streng genommen wäre dann nur derjenige
nicht strafbar, der nur eine einzige Person anbettelt und zu diesem Zeitpunkt
auch keinerlei Vorhaben hat, noch weitere Personen anzuschnorren. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: In Holland!) Ich
werde das der Armutskonferenz ausrichten. Aus diesem Gesichtspunkt ist der
Schluss naheliegend, dass Bettelei per se gewerbsmäßig erfolgt. Strafdrohung,
Geldstrafe bis zu 700 EUR oder 1 Woche Ersatzfreiheitsstrafe. Bereits
jetzt gibt es diverse Strafbestimmungen für Verhaltensweisen, für die im
Initiativantrag eine weitere Strafbestimmung im § 3 Abs 4
Landes-Sicherheitsgesetz vorgeschlagen wird, insbesondere Störung der
öffentlichen Ordnung oder Verletzung des öffentlichen Anstands. Wieso eine
weitere Strafbestimmung dem in der Begründung genannten Anliegen der
Allgemeinheit auf einen ungestörten Gebrauch öffentlicher Einrichtungen und
Plätze zu gewährleisten dienen soll, ist nicht ersichtlich. Ganz allgemein
beschränkt sich die Begründung des Initiativantrages auf subjektive
Feststellungen, etwa: „in letzter Zeit treten verstärkt Personen auf,
die ...“ oder: „kommt es immer wieder zu Belästigungen, ohne objektiv
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