Landtag,
30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 82
das und
überprüfen das!) Ich habe das Protokoll da vor mir liegen, Herr Kollege Stürzenbecher.
Die SPÖ hat gesagt, man will die aggressionslose Bettelei nicht verbieten und
unser Antrag ist nicht geeignet, wegen einseitiger Schuldzuweisung. Genau am
1. März ist dann das gewerbsmäßige Betteln gekommen. Sehr interessant, ich
will Ihnen das aber jetzt eigentlich nicht vorwerfen, ich will Ihnen auch nicht
vorwerfen, dass das wenig elegant ist, dass man einen Antrag der ÖVP ablehnt
und dann mit der Idee der ÖVP kommt. Das ist nicht wirklich wichtig, und um
Eleganzfragen sollten wir uns hier nicht streiten, sondern wichtig ist, dass
Sie das übernommen haben und dass das Verbot des gewerbsmäßigen Bettelns heute
kommt.
Und was unter gewerbsmäßiger Bettelei zu verstehen
ist, darüber entscheidet auch nicht der Herr Klubobmann Lindenmayr, der jetzt
überraschenderweise hinter mir steht, sondern darüber entscheidet das Gesetz
und darüber entscheidet auch die Rechtsprechung. Und da gibt es einen ganz
klaren Paragraphen im Strafgesetzbuch, und es gibt eine ganz klare Judikatur
zur Gewerbsmäßigkeit (Abg Dr Kurt
Stürzenbecher: Mit der aber Bettelei nicht bestraft wird!) und ich lade Sie
ein, sich den § 70 auf der Zunge zergehen zu lassen. Gewerbsmäßig ist
alles, was wiederkehrend begangen wird, um sich eine fortlaufende Einnahme zu
verschaffen. Und, Herr Kollege Stürzenbecher, Sie wissen es genau: Wenn jemand
zweimal oder dreimal bei einem Diebstahl erwischt wird, dann wird er wegen
gewerbsmäßigen Diebstahls verurteilt. Das ist überhaupt keine Frage. Und wenn
Sie jetzt da ins Spiel bringen, die Eigenbedarfsbettelei soll zulässig sein,
dann sage ich: Ja genau das wollen wir nicht. Wir wollen nicht, dass jemand
seinen eigenen Lebensunterhalt durch Betteln bestreitet, sondern wir wollen,
dass jemand seinen Lebensunterhalt durch eine andere Arbeit bestreitet
beziehungsweise durch eine entsprechende soziale Hilfe, wenn es ihm nicht
anders möglich sein sollte.
Ich habe die Gelegenheit wahrgenommen, das Problem
auch mit der Bettellobby sehr intensiv zwei Stunden hindurch in meiner Kanzlei
zu diskutieren. Frau Mag Fröhlich, die sich auch im Saal befindet, kann das
bestätigen. Und es war ein qualitativ durchaus anregendes Gespräch, das für
mich durchaus interessant war.
Es hat nur letztlich nicht zu einer Veränderung
meiner Meinung geführt, denn die Kernfrage ist wohl die: Wollen wir die
Bettelei in dieser Stadt als Beruf etablieren? Und das ist wohl etwas, was wir
nicht wirklich wollen können, weil der Beruf des Bettlers etwas ist, was auch
dem Menschen nichts bringt, der der Bettelei nachgeht. Und wenn man sich jetzt
anschaut, wer in Wien bettelt, dann muss man sehen, sind das Personen, die
grundsätzlich Anspruch auf Sozialhilfe haben oder sind dies keine Personen, die
einen solchen Anspruch haben. Ein Österreicher beziehungsweise auch ein
Fremder, der lange genug in Österreich legal aufhältig ist, hat einen solchen
Sozialhilfeanspruch, und da muss er nicht mehr betteln. Es kann allerdings
sein, dass er bettelt, es mag solche Fälle geben, die psychische Probleme
haben, die aber auch gar nicht wissen, dass es eine Sozialhilfe gibt, die sie
nicht beantragen, und auf die muss man als Wiener Stadtverwaltung offensiv zugehen,
die muss man bei der Hand nehmen, die muss man aufrichten, und denen muss man
helfen.
Und dann gibt es natürlich noch diejenigen, die
einen solchen Anspruch nicht haben, die etwa aus den östlichen Nachbarländern
zu uns kommen, weil es hier ja eben leichter ist, zu Geld zu kommen. Und da
muss ich Ihnen sagen, das wollen wir auch nicht
Es wird dann immer gesagt: Nun ja, das werden wir
auch noch bekämpfen, es wird die Armut bekämpft, und man will also die
sichtbare Armut aus dem öffentlichen Stadtbild verbannen.
Ich
muss Ihnen sagen, bei dieser Gruppe von Bettlern handelt es sich um eine
importierte Armut, und die Armut zu importieren, ja, das kann auch nicht im
Sinne des Erfinders sein, und das kann man sich ja auch nicht gefallen lassen.
Ich habe mit Vertretern der Bettellobby gesprochen und die haben gemeint, nun
ja, diese Personen, denen es wirklich schlecht geht in den östlichen
Nachbarländern, das ist überhaupt keine Frage, es gibt dort Armut, das ist
nicht vergleichbar mit unserem Lebensstandard, die wollen ihr Leben verbessern
und kommen deshalb hierher zum Betteln, weil sie hier keine Arbeitsbewilligung
kriegen, weil sie hier nicht arbeiten können. Aber da muss ich Ihnen sagen:
Dafür gibt es eben arbeitsmarktpolitische Vorschriften, dafür gibt es
Arbeitsgenehmigungen, dafür gibt es Arbeitsbewilligungen, und diese Regelungen
soll man nicht umgehen können, indem man sagt, ihr dürft zwar da nicht
arbeiten, aber ihr könnt da dem Beruf der Bettelei nachgehen. Das wollen wir
selbstverständlich nicht.
Letztendlich sind wir verantwortlich für alles, was
auf dieser Welt passiert, und so kann uns auch die Armut in anderen Teilen der
Welt nicht egal sein, aber wir sollen nachhaltig die Armut dort bekämpfen. Es
gibt auch hervorragende Projekte, wie zum Beispiel das von Pater Sporschill,
der sehr vielen bekannt ist mit seinen Sozialhilfeprojekten in Rumänien und
Bulgarien, wo man vor Ort nachhaltig und sinnvoll helfen kann. Denn dass jetzt
nur diejenigen etwas davon haben, die wendiger sind und vifer sind und
schneller sind und hierher abkassieren kommen und die anderen, die diese
Schnelligkeit nicht haben und da unten oder da drüben oder in diesen
Nachbarländern im Elend bleiben, das wird man ja auch nicht gerade als sehr
christlich bezeichnen.
Und ich würde ganz gerne schließen mit einem Zitat
von Hildegard von Burjan, die es mit einem Satz genau auf den Punkt bringt,
worum es geht, nämlich dass man den Menschen umfassend helfen muss und dass es
nicht reicht, ihm ein Almosen zu geben. Hildegard Burjan, eine der ersten
christlichsozialen Abgeordneten, war nach dem ersten Weltkrieg hier im Hause
Gemeinderätin, 1919 ist sie dann Nationalrätin geworden, und die hat etwas
Zeitloses gesagt, was auch heute noch seine Gültigkeit hat, nämlich: Mit Geld
oder Kleinigkeiten ist einem Menschen nicht geholfen, man muss ihn von
vornherein auf die Füße stellen und ihm auch wieder die
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