Landtag,
30. Sitzung vom 26.03.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 82
musste man den Stimmzettel entweder bis um 6.30 Uhr des Wahltages
irgendwo im Gemeindegebiet abgeben oder im Wahlsprengel bis zum Wahlschluss.
Das heißt, es gab nicht die Acht-Tages-Frist, die wir hier haben.
Die Acht-Tages-Frist hat natürlich auf Bundesebene sehr wohl ihren
Sinn, denn diese bezieht sich auf die Auslandsösterreicher: Ohne diese
Acht-Tages-Frist wäre es nicht möglich, dass die entsprechenden Stimmen hier
einlangen können. Das heißt, auf Bundesebene hat das sehr wohl Sinn, aber bei
Regionalwahlen stellt sich die Frage, ob die Acht-Tages-Frist wirklich Sinn
macht.
Wir glauben, dass man sich hier an dem niederösterreichischen Modell
orientieren sollte. Wir haben in der Landeswahlbehörde darüber diskutiert, und
nach all den rechtlichen Expertisen, die wir eingeholt haben, ist es nicht so,
dass das Homogenitätsgebot davon ausgeht, dass wir auch in Wien die
Acht-Tages-Frist anwenden sollten. Nachfragen bei den anderen Bundesländern wie
etwa Niederösterreich würden bestätigen, dass dem nicht so ist.
Der zweite Punkt ist die Frage des Zustellabonnements für Gebrechliche
und Bettlägerige. Diesbezüglich besteht die Sorge, dass der oder die Betroffene
gar nicht weiß, dass sie unter Umständen wieder eine Wahlkarte bekommt, und
auch in diesem Zusammenhang besteht die Gefahr, dass das geheime Wahlrecht
nicht so gewahrt ist, wie es die Bundesverfassung vorsieht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir hatten schon oft Diskussionen
zu diesem Thema. Und es ist kein Zufall, dass sich beispielsweise der Gott sei
Dank sehr zurückhaltende Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Univ-Prof
Dr Holzinger, bei keinem Thema so klar zu Wort meldet wie bei der Frage
des geheimen Wahlrechtes. Vielleicht kann man sich an die Diskussion hier
erinnern. Interessanterweise hat das gerade auch die SPÖ immer getan, und daher
wundert es mich, dass man hier nicht doch noch eine Gesprächsrunde eingezogen
hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht uns aber auch noch um
andere Themen. Eines der wesentlichen Themen ist das Wahlrecht in Wien. Wir
wollen ein faires Wahlrecht, dass jede Stimme gleich viel wert ist. Daher hat
auch meine Kollegin ... (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: So wie
bei der Wirtschaftskammer, nicht wahr?) Interessanterweise schreit da
sofort die SPÖ wie von der Tarantel gestochen auf, denn dieses Thema tut weh!
Ich weiß es! Wir bringen es immer wieder. Das Wahlrecht in Wien ist unfair, und
wir wollen daher, dass dieses unfaire Wahlrecht endlich beseitigt wird! (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe daher mit meiner
Kollegin Mag Maria Vassilakou von den GRÜNEN und DDr Eduard Schock von der
FPÖ einen Antrag betreffend mehr Demokratie in Wien für ein faires Wahlrecht
ein. – Der Beschlussantrag lautet:
„Der Wiener Landtag spricht sich für eine Novellierung der Wiener
Gemeinderatswahlordnung 1996 dahin gehend aus, dass zwecks Implementierung
eines fairen Mandatszuteilungsverfahrens künftig gewährleistet sein wird, dass
die Anzahl der gewonnenen Mandate einer Partei der prozentuellen
Stimmverteilung im Gemeinderat möglichst genau entspricht."
Wir wissen, was heute der Fall ist: Das entspricht nicht dem
Prozentsatz. Die SPÖ hat mit 49 Prozent der Stimmen 55 Prozent der
Mandate und 100 Prozent der Macht. Das ist ungerecht, und das gehört
geändert!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe weiters einen Antrag
betreffend Wahlrecht für Zweitwohnsitzer in Wien ein. Auch dieser ist an
Niederösterreich oder dem Burgenland orientiert. Dort sind Zweitwohnsitzer, die
durchaus auch ihren Beitrag zu dieser Stadt leisten, sehr wohl wahlberechtigt.
Ich bringe daher gemeinsam mit meinem Kollegen Wolfgang Ulm den Antrag ein:
„Der Landtag wolle beschließen: Die amtsführende Stadträtin für
Integration, Frauenfragen, Konsumentenschutz und Personal wird als zuständiges
Mitglied der Landesregierung aufgefordert, einen Gesetzesentwurf zur Beratung
vorzulegen, welcher die Einräumung des Wahlrechtes bei den Wahlen zum
Gemeinderat und Landtag sowie zur Bezirksvertretung für jene Wienrinnen und
Wiener vorsieht, die in der Bundeshauptstadt Wien ihren Nebenwohnsitz
haben. – In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
verlangt."
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Österreichische
Volkspartei ist es wichtig, dass mit dem Wahlrecht sehr sensibel umgegangen
wird. Daher sind wir der Ansicht, dass diesbezüglich Gespräche stattfinden
sollten. Wir werden daher bei der zweiten Lesung die Zustimmung nicht geben.
Wir ersuchen um Annahme unserer Anträge. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zu Wort
gemeldet ist Herr Abg Lindenmayr. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Siegi Lindenmayr (Sozialdemokratische Fraktion des
Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr
geehrte Frau Stadträtin!
Wir haben zu Beginn der Behandlung dieses Poststückes auch das schon
gesehen, was wir in den letzten Monaten immer wieder feststellen: Wenn es gegen
die SPÖ geht, dann gibt es keine Hemmungen und keine Schranken, da sind sich
alle einig, die GRÜNEN, die ÖVP und die FPÖ. Das war heute wieder ein schönes
Schauspiel, und wir werden sicherlich Möglichkeiten finden, den Wienerinnen und
Wienern klar vor Augen zu führen, was Wien bevorsteht, wenn am 10. Oktober
diese drei Parteien gemeinsam die Verantwortung für diese Stadt übernehmen. Ich
weiß nicht, ob es den GRÜNEN dann so gefällt, dass es einen Bürgermeister von
der Gnade des Herrn Strache gibt, denn selbst werdet ihr ihn ja sicherlich nicht
wählen! (Abg Mag Rüdiger Maresch: Geh, Siegi! – Abg Mag Dietbert
Kowarik: Das ist Themenverfehlung!) Egal. Ich darf das sagen! (Abg Mag
Dietbert Kowarik: Es geht um das Wahlrecht!)
Ja! Wahlrecht beinhaltet auch Wahl! Wahlrecht ist
Wahl, und Wahl ist auch Wahl des Bürgermeisters. Also lassen Sie mich reden!
Ich habe im Landtag unbegrenzte Redezeit zur Verfügung. Ich habe das Gesetz
mit. Ich
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