Landtag, 6. Sitzung vom 30.06.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 69
würden, solche Rückbauten vorzunehmen, nämlich was Mehrzweckstreifen und Fahren gegen die Einbahnen betrifft.
Präsident Prof Harry Kopietz: Frau Stadträtin, bitte.
LhptmStin Mag Maria Vassilakou: Sehr geehrter Herr Abgeordneter!
Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass das Fahren gegen die Einbahn gefährlich sei. Sämtliche Expertenanalysen und Erfahrungen belegen eindeutig, dass dem so nicht ist. (Abg Mag Wolfgang Jung: Das ist ein Scherz!)
Man kann natürlich eigene Ansichten haben und diese mit Vehemenz vertreten, das ist natürlich Ihr gutes Recht. Aber Entscheidungen, insbesondere meine Entscheidungen, basieren schlussendlich darauf, was VerkehrsexpertInnen, insbesondere VerkehrssicherheitsexpertInnen seit Jahr und Tag in diesem Bereich bescheinigen, sowie auf den Erfahrungen sämtlicher Städte, die in Sachen Radverkehr wirklich die Nase vorn haben.
Folglich: Über unsere persönlichen Ansichten können wir hier gerne debattieren, aber ich halte es, wenn ich ehrlich bin, nicht für besonders zielführend, ich orientiere mich an der Meinung von Experten.
Ansonsten vielleicht eines noch: Ich finde es ein wenig liebenswürdig, wenn man sagt, so sinngemäß, man solle im Zusammenhang mit der Regulierung des Verkehrs keinerlei Schritte setzen, weil es ja sein kann, dass Menschen sich daran nicht halten, und wie wolle man das schon kontrollieren.
Dann frage ich: Wie will man kontrollieren, ob Menschen sich an rote Ampeln halten? Werden wir deshalb rote Ampeln abschaffen? Nein! Man kann auch nicht kontrollieren, ob sich Menschen an Tempo-30-Zonen halten. Werden wir deshalb Tempo-30-Zonen abschaffen? Nein! (Abg Dipl-Ing Roman Stiftner: Da ist es leichter!) Man kann auch nicht kontrollieren und es ist auch sehr schwer zu erfassen, ob sich Menschen auf der Autobahn an die Höchstgrenze des Tempolimits halten oder rasen. Werden wir das abschaffen? Nein!
Ich muss Ihnen sagen, wenn ich aus dem Sukkus Ihrer Wortmeldung Handlungsanleitungen für mich ableite, so muss ich feststellen, dass Sie ein feuriger, ein glühender Anhänger von Shared-Space-Modellen sein müssten. Dort gibt es nämlich keinerlei Vorschriften, außer Rücksichtnahme aufeinander. Das muss man dann auch nicht kontrollieren, das handelt man sich aus.
Wenn das der neue Weg der ÖVP ist, dann gratuliere ich. Ich finde das hervorragend und werde mich bemühen, in den nächsten Jahren so viel wie möglich davon umzusetzen. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die dritte und letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg Mag Chorherr. Ich ersuche darum.
Abg Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Vielleicht noch eine Präzisierung zum Kollegen Stiftner. Es ist keine Frage der Meinung, ob Radfahren gegen die Einbahn gefährlich ist oder nicht, sondern eine Frage von Fakten. Es gibt gezählte Unfallstatistiken, und die mit Abstand sicherste Form – die mag man jetzt gut oder schlecht finden – ist Radfahren gegen die Einbahn.
Das leuchtet ja auf den ersten Blick ein: Wenn ein Autofahrer und ein Radfahrer einander in die Augen blicken, fährt weder ein Autofahrer bewusst einen Radler nieder noch hat der Radfahrer die unglaubliche Lust, frontal in ein Auto hineinzufahren.
Aus irgendeinem Grund hält sich das insbesondere in ÖVP-Bezirken fix, und es wird immer mit der Unsicherheit argumentiert. Es ist einfach falsch, Herr Kollege Stiftner. Sie schütteln noch immer den Kopf. (Abg Mag Wolfgang Jung: Haben Sie auch eine Frage?) Man muss nicht mit dem Fahrrad fahren, um Statistiken lesen zu können. Aber wir werden es niemals aufgeben, Menschen mit Fakten zu überzeugen.
Ich habe noch eine Frage zu den Fahrradstraßen. Wenn man einen etwas größeren Horizont über, sagen wir mal, fünf Jahre zieht: Welchen Stellenwert, auch im Verhältnis zu anderen wesentlichen Maßnahmen, werden Fahrradstraßen, wenn es sie bis dahin hoffentlich bundesgesetzlich gibt, oder ansonsten fahrradfreundliche Straßen einnehmen?
LhptmStin Mag Maria Vassilakou: Ich glaube, dass sie einen sehr hohen Stellenwert einnehmen werden. Fahrradstraßen gehören ja zu den Anliegen vieler österreichischer Städte und Gemeinden.
Und einmal mehr: Fahrradstraßen sind deshalb von besonderer Bedeutung für den Radverkehr, weil sie uns in gewisser Weise von einem sehr, sehr schwierigen Dilemma befreien, nämlich von dem Faktum, dass es mit zunehmendem Radverkehrsanteil zu einer Überlastung der Radverkehrsanlagen kommt.
Wir sind bereits jetzt mit der Situation konfrontiert, dass etliche Radwege in zentraler Lage in Wien überlastet sind, dass es manchmal zu Konflikten zwischen den unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern, aber auch zu Unfällen auf Grund von Überlastungssituationen kommt.
Die Schaffung neuer Radverkehrsanlagen ist, wie ich eingangs schon erwähnt habe, mit Kosten verbunden, und zwar – wir müssen es ehrlich aussprechen – nicht geringen Kosten in Zeiten knapper kommunaler Budgets. Das heißt, wir sind auch angehalten, innovative Lösungen anzugehen, die bedeuten, dass wir die Stadtkassa entlasten.
Folglich bin ich davon überzeugt, dass die Schaffung von ausreichend Radstraßen in ganz Wien jener Weg ist, der dazu führt, dass Radfahrer und Radfahrerinnen zufrieden sind, weil sie sicherer und schneller vorankommen, wobei es da eigentlich nicht um das Tempo per se geht, sondern um mehr Zeitersparnis auf dem Weg von A nach B. Auch der Rest der VerkehrsteilnehmerInnen sollte dann zufrieden sein, denn von der Entflechtung der Verkehrsströme profitiert selbstverständlich auch der Autoverkehr in anderen Straßen.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin.
Jetzt kommen wir tatsächlich zur Aktuellen Stunde, die der Landtagspräsident Johann Herzog einleiten wird.
Präsident Johann Herzog: Wir kommen nun zur Aktuellen Stunde. Die Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates hat eine Aktuelle
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