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Landtag, 6. Sitzung vom 30.06.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 69

 

geehrten Damen und Herren!

 

Das Thema Prostitution ist seit vielen Jahren – ich könnte jetzt schon fast übers Jahrzehnt hinausgehen, seit zig Jahren, kann man sagen – ein Thema im 15. Bezirk, und ich möchte in Erinnerung rufen, dass wir – da war noch eine Generation vor Ihnen in der Bezirksvertretung im 15. Bezirk – immer versucht haben, gemeinsam Ideen zu entwickeln und Möglichkeiten zu entwickeln, das Thema Prostitution zu entschärfen.

 

Ich zähle nur auf: die Fahrverbote in den Nebenstraßen oder Nebengassen der Mariahilfer Straße, die kurzfristig vielleicht ein bisschen was gebracht haben, aber nicht wirklich langfristig, vorübergehende Schließungen von Lokalen im Rahmen von „Aktionen scharf" mit allen zuständigen Magistratsabteilungen, Bezirksvorstehung, Polizei und die Schwerpunktaktionen der Polizei. All diese Maßnahmen waren immer wieder kurzfristig vielleicht wirksam oder waren kurzfristig teilweise wirksam, aber auf lange Sicht unbefriedigend.

 

Ich möchte auch die Situation der Anrainerinnen und Anrainer erwähnen, und da meine ich auch jene Anrainerinnen und Anrainer, die schon frustriert und zermürbt sind und sich schon nicht mehr zu Wort melden, und auch jene Anrainerinnen und Anrainer, die nicht die Ressourcen haben, sich in einer Bürgerinitiative zu engagieren.

 

Der 15. Bezirk ist der Bezirk mit dem niedrigsten Durchschnittseinkommen von ganz Wien, und man kann daher davon ausgehen, dass der Großteil der Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Gegenden, die seit Jahren unter Lärmbelästigung, unter Belästigung durch Freier und durch Verunreinigungen gestört sind in ihrer Nachtruhe und in ihrem Lebensumfeld, es sich nicht leisten kann, in sogenannte noblere Gegenden oder an den Stadtrand oder ins umliegende Niederösterreich zu ziehen oder überhaupt ihre Wohnsituation zu verändern.

 

Die Polizei hat immer wieder beklagt, nämlich gegenüber empörten Bewohnerinnen und Bewohnern, aber auch uns Politikerinnen und Politikern gegenüber, dass sie keine Handhabe hätte, um hier eingreifen zu können. Und deswegen bin ich sehr froh, dass die Polizei bei der Gesetzwerdung von Anfang an eingebunden war, weil ich daher davon ausgehe, dass dieses Gesetz auch von der Bezirkspolizei vor Ort umgesetzt werden wird.

 

Ich möchte in der Chronologie weitergehen. Die Situation ist immer mehr eskaliert. Sie haben das schon erwähnt, dass vor allem in den letzten zwei, drei Jahren der 15. Bezirk fast flächendeckend Opfer der Straßenprostitution geworden ist, wenn man die Straßen nimmt, die eigentlich betroffen sind. Das sind Straßen, die sich durch den gesamten Bezirk ziehen, das ist die Mariahilfer Straße mit diversen Nebengassen, das sind die Hütteldorfer Straße und vor allem natürlich auch die Felberstraße.

 

So sind natürlich immer mehr Menschen betroffen von diesem Problem, trotzdem ist es, Wien-weit gesehen, ein lokales Problem, denn von 23 Bezirken sind im Wesentlichen 3 Bezirke betroffen. Da liegt es dann in der Natur der Sache – und das betrifft alle Themen, von denen nur ein kleiner Teil der Bevölkerung betroffen ist –, dass es dann oftmals schwierig ist, ein lokales Thema zum Gesamtthema in Wien zu machen. Das war unsere Bemühung, und diese Bemühungen haben letztendlich auch zum Ziel geführt, nämlich zu einer grundlegenden Gesetzesänderung.

 

Ich möchte auch diesen Feldversuch beziehungsweise dieses Sieben-Punkte-Programm erwähnen und erläutern, wie das zustande gekommen ist. Das ist dadurch zustande gekommen, dass der Bezirksvorsteher Zatlokal gemeinsam mit seiner Fraktion, der Sozialdemokratischen Fraktion, vorgeschlagen hat, den gesamten 15. Bezirk zur Verbotszone zu erklären, mit der Ausnahme von Bereichen, wo Prostitution auf der Straße erlaubt sein soll, nämlich in Bereichen, wo möglichst wenige wohnen oder niemand wohnt. Und das deswegen, weil wir uns nicht vorwerfen lassen wollten, dass wir die Prostitution einfach in andere Bezirke verdrängen wollen und dann sagen: Ha, wir haben das jetzt geschafft! Bei uns ist alles verboten, die sollen woanders hingehen! – Das wollen und wollten wir nicht.

 

Aus diesem Grunde kam es zu dieser Zonenregelung, die wir ein halbes Jahr gehabt haben. Da wurden gemeinsam mit den zuständigen Behörden Zonen ausgewählt, das waren eben zwei, auf der Wienzeile und hinter dem Technischen Museum, die sich als nicht durchsetzbar beziehungsweise nicht erfolgreich herausgestellt haben. Aus diesem nicht erfolgreichen Anbieten von Gebieten, wo Prostitution erlaubt sein soll im 15. Bezirk, hat sich dann für uns ergeben, dass es eben im 15. Bezirk keine geeigneten Zonen gibt, wo Prostitution erlaubt sein kann.

 

Das Zweite, was sich da herauskristallisiert hat aus diesem Feldversuch, ist, dass es einer gesetzlichen Regelung bedarf, mit der dann auch die Polizei zufrieden ist – davon gehe ich aus, denn die war ja dabei – und die sie auch umsetzen kann. Und das Ziel war und ist Entflechtung von Wohnen und Prostitution.

 

Ich möchte nur einen Abstecher machen, weil hier gesagt worden ist: obskure NGOs. Also das möchte ich zurückweisen (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.), denn ich kann Ihnen schon sagen, dass wir Gott sei Dank sehr engagierte Menschen haben, die in den sogenannten NGOs, also in den Organisationen, die sich für bestimmte Anliegen einsetzen, sehr, sehr bemühen, Gruppierungen, die vielleicht nicht mehrheitsfähig sind in unserer Gesellschaft, zu unterstützen.

 

Und nach dem Prinzip, dass eine Gesellschaft danach zu bemessen ist, wie sie mit den Schwächsten aus ihren Reihen umgeht, begrüße ich zum Beispiel sehr das Engagement des Vereins SOPHIE, den ich deswegen erwähne, weil er im 15. Bezirk angesiedelt ist und auch vor allem – nicht nur, aber vor allem – im 15. Bezirk tätig war und ist und weil es natürlich schon die Aufgabe eines solchen Vereins ist, die Interessen seiner Klientel, also seiner Klientinnen und Klienten, also der Prostituierten zu vertreten.

 

Was ich sehr angenehm gefunden habe, war, dass sich der Verein SOPHIE im Sinne der Gemeinwesenarbeit auch bereiterklärt hat, in den Konflikten zwischen den Anrainerinnen und Anrainern und der Prostitution zu

 

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