«  1  »

 

Landtag, 9. Sitzung vom 24.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 60

 

den, die mit dafür verantwortlich sind, dass es diese Krise gibt. Die Finanztransaktionssteuer ist nun endgültig kein österreichisches Thema mehr, aber diese halte ich wirklich für ganz wichtig, weil es auch eine Maßnahme ist, die nämlich in Wirklichkeit die Spekulation an sich uninteressant macht. Das ist fast noch wichtiger als das Geld, das da hereinkommt, weil wir wissen, diesen Computerspielereien, wo in Sekundenschnelle Millionen verschoben werden, muss man einen Riegel vorschieben. Dabei wäre die Finanztransaktionssteuer sehr hilfreich.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin.

 

9.46.00†Lhptm Dr Michael Häupl - Frage|

Die 3. Anfrage (FSP - 04753-2011/0001 - KVP/LM) wird von Herrn Abg Dr Wolfgang Ulm an den Herrn Landeshauptmann gerichtet. (In einer schriftlichen Anfragebeantwortung bezüglich gewerbsmäßigen Bettelns unter dem Vorwand Zeitungen, Blumen oder anderes zu verkaufen, teilen Sie mit, dass Bettelei unter den beschriebenen Umständen schon aktuell verboten wäre. Den Vorschlag der Wiener ÖVP, für den Verkauf der diversen Zeitungen eine Ausweispflicht einzuführen und diese zahlenmäßig zu beschränken, lehnen Sie ab, da Sie die bestehenden Regelungen für ausreichend halten. Tatsache aber ist, dass sich in Wien viele Bürgerinnen und Bürger durch diese "Verkäufer" belästigt fühlen - wird doch vor beinahe jedem Supermarkt mit beschriebener Masche verkauft. Wiewohl die aufdringliche und gewerbsmäßige Bettelei landesgesetzlich verboten ist, ist Handlungsbedarf angezeigt. Was werden Sie konkret unternehmen, um dieser Situation zu begegnen?)

 

Bitte, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter!

 

Zu Ihrer Forderung, legistische Schritte gegen das Betteln unter dem Vorwand des Verkaufs von Zeitschriften, Blumen oder anderem, was immer das ist, zu setzen, habe ich Ihnen bereits mit Schreiben vom 28. Oktober 2011 geantwortet. Daran anknüpfend halte ich nochmals fest, dass die für die Verhängung von Strafen wegen gesetzwidrigen Bettelns zuständige Bundespolizeidirektion Wien auf Basis der bestehenden Gesetze durchaus in der Lage ist, einschlägige Verhaltensweisen von bettelnden Personen entsprechend zu beurteilen und gegebenenfalls unter die Straftatbestände des aggressiven oder organisierten oder gewerbsmäßigen Bettelns zu subsumieren.

 

Was die Ihrerseits vorgeschlagene gesetzliche Normierung einer Genehmigungs- und Ausweispflicht für den Verkauf von Straßenzeitungen anlangt, weise ich erneut darauf hin, dass dem, wie in der Anfragebeantwortung vom 28. Oktober 2011 im Detail ausgeführt, massive verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen und ich es daher ablehne.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Dr Ulm. - Ich bitte darum.

 

9.48.02

Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

 

Ich konnte Ihre Anfragebeantwortung juristisch nachvollziehen. Was aber bleibt, ist, dass wir in der Realität ein Problem haben. Ich würde es als Missstand bezeichnen. Mich würde auch interessieren, ob Sie es als Missstand bezeichnen, ein Umstand, den es in der Vergangenheit nicht gegeben hat, der aber jetzt unser Straßenbild prägt. Vor fast jedem Supermarkt stehen Personen mit oder ohne Zeitschriften, die die Hand aufhalten.

 

Städte haben es in der Hand, insbesondere mächtige Bürgermeister wie Sie, auf das Erscheinungsbild entscheidend Einfluss zu nehmen. Jetzt frage ich Sie, ob Sie diesen Umstand akzeptieren, ob wir uns als Stadt damit abfinden wollen. Sehr viele Geschäftsinhaber empfinden es als Belästigung. Sehr viele Kunden empfinden es als Belästigung. Das hat alles nichts mehr mit dem Bettler zu tun, den wir alle aus dem Stephansdom kennen. Das hat alles nichts mit dem Bettler zu tun, den es seinerzeit gegeben hat, dem man im Papier Münzen hinuntergeschmissen hat. Das sind jetzt andere Personen, die teils zwangsweise, teils freiwillig herkommen, weil es ein günstiger Gelderwerb ist.

 

Wollen Sie das so akzeptieren? Oder wollen Sie eine Änderung herbeiführen? Wenn Sie es wollen, wird es Ihnen gelingen.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter!

 

Einmal abgesehen davon, dass einige der Dinge, die Sie hier aufgezählt haben, bereits heute unter Strafe stehen, weil sie unter gewerbsmäßiges Betteln fallen und die Sache juristisch klargelegt und eine Aufgabe der Exekutive ist, das entsprechend zu erledigen, halte ich Ihre Argumentation schon für insofern ein bisschen merkwürdig, als Sie meinen, Sie können meine Antwort juristisch nachvollziehen, aber eigentlich ist Ihnen das alles wurscht, denn wenn ich das ändern will, dann kann ich es auch ändern, egal, wie die Rechtslage ist. Das halte ich für einen Juristen für eine bemerkenswerte Position dazu, nehme sie aber zur Kenntnis.

 

Klappen wir es ein bisschen auseinander. Sie wissen ganz genau, dass es ein völliger Unterschied ist, ob man Zeitungen verkauft oder ob man Blumen verkauft, nicht nur im Faktischen, sondern auch rechtlich. Das meine ich.

 

Rechtlich gesehen fällt das eine unter Mediengesetze, damit natürlich auch mit einem Gutteil determiniert aus der Menschenrechtskonvention heraus und damit auch verfassungsmäßig festgelegt. Sie wissen ganz genau, dass es dabei auch eine Kolportagefreiheit gibt, die eine Einschränkung der Pressefreiheit wäre, würde man sie im öffentlichen Raum nicht auch entsprechend zulassen.

 

Sie wissen zum Dritten, dass es eine Ausweispflicht für Zeitungsverkäufer sehr wohl bereits gibt und jeder auch danach fragen kann.

 

So gesehen kann ich nur festhalten, alles, was von mir darüber hinaus verlangt wird, ist glatt rechtswidrig. Ich will jetzt nicht übertreiben, aber Aufforderung zum Rechtsbruch finde ich nicht rasend toll, sage ich auch ganz offen. Dass ich die Bundesverfassung nicht ändern kann und in dem Fall auch nicht will, weil ich keine Einschränkung der Pressefreiheit will, ist wohl auch nachvollziehbar.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular