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Landtag, 10. Sitzung vom 15.12.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 24

 

Meine Damen und Herren! Natürlich auch eine Frage der politischen Bewertung ist die Haltung der Justiz, und da gibt es ja einen breiten Bogen und auch eine Brücke zu den Vorkommnissen im Fall Kampusch. Man sieht ja, dass da honorigste Höchstgerichtspräsidenten agieren. Wir haben jetzt in der Kommission eine OGH-Präsidentin außer Dienst, es gibt zwei Höchstgerichtspräsidenten, Adamovich und Rzeszut, die werden ja nicht ohne Grund massive Kritik auch an den Ermittlungen der Polizei und dann im Weiteren der Justiz geübt haben. Und es ist schon eigenartig, dass da immer wieder die gleichen Vertreter der Justiz genannt werden. Es ist bei allem Respekt vor der politischen Unabhängigkeit der Justiz sehr wohl auch Aufgabe der politischen Gremien, dafür Sorge zu tragen, dass es hier keine einseitigen Vorkommnisse und keine einseitigen Handlungen gibt. Wenn immer wieder die gleichen Namen genannt werden, wenn sogar pensionierte ehemalige Höchstgerichtspräsidenten massiven Zweifel an der Korrektheit ausdrücken, dann bleibt auch dieses Thema auf der politischen Tagesordnung.

 

Wir sind gespannt. Ich meine, man ist ja nicht eingebunden worden in den Aufgabenbereich der Kommission, in die Fragestellungen, aber ich lasse mich jetzt einmal überraschen, welche Zwischenberichte die Kommission den politischen Gremien liefert, und ich bin mir sicher, dass wir heute nicht zum letzten Mal über dieses tragische Thema Kindesmissbrauch in städtischen Einrichtungen gesprochen haben werden. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. – Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Vettermann.

 

10.15.41

Abg Heinz Vettermann (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Am Anfang etwas Verbindendes, denn alle in diesem Landtag sind ja für schonungslose Aufklärung, und zwar lückenlos und auf allen Ebenen. Das geschieht ja auch. Ich werde einmal vielleicht zur Erinnerung sagen, was schon alles geschehen ist, damit man auch die Chronologie sieht, und komme dann auch dazu, was jetzt noch weiter geschieht.

 

Gleich als die ersten Vorwürfe laut geworden sind am 22. März, wurde eine Anlaufstelle eingerichtet, damals noch bei der MA 11, die dann auch mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft kooperiert hat. Im August hat die Stadt Wien öffentlich die Verantwortung dafür übernommen. Am 27. Oktober, als wir gesehen haben, es werden mehr Menschen, die sich auf Grund der Medienberichte melden, und weil der eine oder der andere gesagt hat, er möchte zu jemanden gehen, der nicht sozusagen das Gemeinde-Wien-Pickerl trägt, haben wir die Kooperation mit dem Weissen Ring begründet. Dies deshalb, weil es natürlich auch darum geht, dass man geschult ist im Umgang mit traumatisierten Personen. Das kann der Weisse Ring. Seine Mitarbeiter können auch aus Sicht der Opfer wirklich einfühlsam mit diesen sprechen, indem man den Opfern einmal von vornherein einen Vertrauensvorschuss gibt. Und das wird ja auch gut abgewickelt. Hier wird also Therapie angeboten, hier wird entschädigt, hier wird aber auch aufgenommen. Nicht alle wollen vor den Vorhang, viele nicht, und alle, die sich mit Traumata beschäftigen, wissen ja auch, dass das gar nicht die erste und vielleicht auch gar nicht die beste Verarbeitungsmethode ist.

 

Als es dann diese massiven Vorwürfe weiterhin gegeben hat, haben wir gesagt, okay, wir müssen das natürlich auch aufarbeiten, wie das alle jetzt fordern. Wir haben die HistorikerInnenkommission eingesetzt. Wir haben gesagt, wir dürfen nicht nur die Opfer zählen, sie werden gehört, es wird ihnen etwas gegeben, wir versuchen, das zu bündeln, sondern man muss auch die historische Tragweite aufarbeiten. Also die HistorikerInnenkommission wurde gegründet, und als es dann die ganz massiven und auch zahlenmäßig massiven Vorwürfe gegeben hat zum Wilhelminenberg, ist die Kommission Wilhelminenberg eingerichtet worden, und auch die ist ja unabhängig und hat jetzt mit der Arbeit begonnen. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Seit 1975 war das Ihren Parteigenossen bekannt! Das ist ja lächerlich!) Irgendwas ist lächerlich, ich weiß nur nicht was. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Seit 1975 sind diese unglaublichen Zustände bekannt!) Darauf komme ich noch. Auf das komme ich noch, was damals bekannt war und wie reagiert wurde. Natürlich glaube ich aus heutiger Sicht auch, dass ungenügend reagiert wurde. Darüber herrscht ja, glaube ich, kein Zweifel, und das wurde ja auch öffentlich schon gesagt.

 

Auf alle Fälle geht es ja auch weiter, denn die erste Sprechstunde unter der Leitung von Dr Barbara Helige, die nebenbei die Präsidentin der Österreichischen Liga für Menschenrechte ist, hat stattgefunden. Sie hat am Freitag die erste Sprechstunde abgehalten. Und wir werden ja morgen die weitere Aufstockung der Mittel auf insgesamt 8,8 Millionen EUR beschließen. Ich gehe jedenfalls einmal davon aus, nachdem es ja im Ausschuss schon beschlossen wurde. Das heißt, es geschieht ja auch gleich morgen etwas. Es ist ja nicht so, dass man wie schon in der Vergangenheit sagt, arbeitet, arbeitet, arbeitet, und man reagiert gar nicht, sondern morgen werden wir wahrscheinlich kollektiv einen Akt setzen. (StRin Veronika Matiasek: Aber das kann ja nicht alles sein!)

 

Es gibt natürlich auch – Sie wissen es ja –, nachdem das eine Geschichte ist, die viele Bundesländer und auch Bundeseinrichtungen betrifft, auch jetzt die Möglichkeit, sich an die Volksanwaltschaft zu wenden. Auch die Volksanwaltschat hat, glaube ich, 15 Dienstposten mehr bekommen, weil sie natürlich deutlich mehr Institutionen zu prüfen hat, weil die ja eine Bundeszuständigkeit hat. Also auch hier gibt es einen neuen Akzent.

 

Wir Wienerinnen und Wiener werden auch noch eines draufsetzen, nämlich wenn es aktuelle Fälle gibt, die jetzt sozusagen von der HistorikerInnenkommission, vom Weissen Ring nicht bearbeitet werden oder nicht den Wilhelminenberg betreffen, wird es eine Ombudsstelle geben. Auch da haben wir jetzt personell Vorsorge getroffen in der unabhängigen Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft, damit man auch da wieder eine Anlaufstel

 

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