Landtag, 11. Sitzung vom 27.01.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 68
ist einfach eine Abkürzung für „Simple Procedure Online for Crossborder Services“.
Wien versucht auch diesfalls, die demokratische Legitimation und die Transparenz der Union sichtbar zu machen, von der bürokratischen und pyramidenförmigen Konzeption des institutionellen Systems abzurücken und vor allem mit dem heute praktizierten Rederecht für Mitglieder des Europäischen Parlaments die öffentliche Meinung zu Europa durch offensive Aufklärung politisch zu gestalten.
Ich möchte nochmals Habermas zitieren: „Mit ein bisschen politischem Rückgrat kann die Krise der gemeinsamen Währung das herbeiführen, was sich manche einmal von einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik erhofft hatten: Das über nationale Grenzen hinausgreifende Bewusstsein, ein gemeinsames europäisches Schicksal zu teilen.“ – Wien trägt seinen Teil dazu bei. Ich danke.
Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Neuhuber. Ich erteile es.
Abg Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!
Ich möchte noch zu einigen Anträgen, die heute hier von Rot und/oder Grün eingebracht werden, kurz Stellung nehmen beziehungsweise unsere Haltung der Österreichischen Volkspartei darlegen.
Nachdem ich mich zu diesem Punkt dazugemeldet habe und wir ja immer von Einsparungen sprechen und Einsparungen fordern, werde ich mich dann beim nächsten Tagesordnungspunkt dafür selber einsparen. Ich gehe also mit gutem Beispiel voran!
Der erste Antrag, zu dem ich komme, betrifft Postnummer 2, die Schaffung einer europäischen Rating-Agentur. – Ja. Wir werden diesen Antrag zustimmen, gar keine Frage! Auch wir halten die Schaffung einer europäischen Rating-Agentur für vernünftig.
Ich möchte nur auf einen kleinen Lapsus im Antrag hinweisen. Sie schreiben nämlich darin, dass alle drei Agenturen die USA mit einer Staatsschuldenquote von etwa 100 Prozent, gemessen am BIP, auch heute noch als Schuldner von höchster Kreditwürdigkeit führen, während sie die europäische Finanzpolitik und die europäischen Staaten mit einer deutlich geringeren Staatsverschuldung wie Österreich negativ bewerten. – Ich möchte darauf hinweisen: Standard & Poor’s hat schon vor einiger Zeit die USA downgeratet. Die USA haben kein besseres Rating mehr bei Standard & Poor’s als Österreich. Beide haben AA+.
Das ist nämlich immer eines der Argumente, das angeführt wird, warum die bösen Rating-Agenturen Europa downraten. – Das haben sie mit Amerika schon vor einiger Zeit getan!
Aber grundsätzlich stimmen wir zu, ich wollte das nur der Ordnung halber hier auch anführen.
Zum Thema Budgetkonsolidierung: Dass wir diesbezüglich einen etwas anderen Vorschlag haben und einen anderen Weg gehen würden, ist ja einstweilen kein Geheimnis mehr. Wir werden daher diesem Antrag, so wie er vorliegt, nicht zustimmen. Ich darf aber unsererseits namens meiner KollegInnen Feldmann, Aichinger und meiner selbst einen Beschlussantrag zu diesem Thema einbringen. Ich lese Ihnen jetzt nur den Antragstext vor:
„Der Wiener Landtag spricht sich angesichts des hohen Schuldenstandes Österreichs, Bund, Länder und Gemeinden, und der damit einhergehenden exorbitant hohen Zinszahlungen des Staates, welche enorm hohe Budgetmittel, welche für Zukunftsinvestitionen vorgesehen werden könnten, binden, für die dringend notwendige Budgetkonsolidierung aus. Bei der anzustrebenden Budgetkonsolidierung sollte angesichts der hohen Einsparungspotenziale bei den Ausgabenstrukturen und der bereits bestehenden hohen Abgabenquote in Österreich der Schwerpunkt deutlich auf ausgabenseitige Maßnahmen gelegt werden.“
Wir haben hier einen grundsätzlichen Auffassungsunterschied, das wissen wir schon aus zahlreichen Debatten, und dieses Problem werden wir heute auch nicht mehr lösen. Deshalb darf ich diesen Antrag hier im Namen meiner Fraktion einbringen. (Beifall bei der ÖVP.)
Den dritten Antrag hat Kollegin Feldmann schon behandelt. Dieser betrifft die Mittel des Europäischen Globalisierungsfonds. Sie hat hiezu bereits einen eigenen Antrag eingebracht.
Vierter Antrag: Ablehnung weiterer Marktöffnung bei den Bodenverkehrsdiensten auf den Flughäfen. Diesem Antrag werden wir beitreten und zustimmen, meine Damen und Herren.
Nun komme ich zum Thema Einführung einer Finanztransaktionssteuer. – Ja. Wir stimmen diesem Antrag zu. Es mag unter gewissen Voraussetzungen eine Finanztransaktionssteuer Sinn machen, wiewohl ich, rein fachlich gesehen, aus meiner Sicht das eine oder andere Bedenken dazu habe.
Erstens bin ich mir nicht ganz sicher, ob wirklich das, was mit einer solchen Finanztransaktionssteuer intendiert wird und was Sie in diesem Antrag auch ansprechen, nämlich das Zurückdrängen von spekulativen Finanzgeschäften, tatsächlich erreicht wird. Ich glaube, diese Maßnahme ist einfach zu klein. Das erreicht man nicht mit einer Transaktionssteuer, sondern da müsste man wahrscheinlich noch viel schärfere Instrumente anlegen, um etwa das Thema Optionsgeschäfte in den Griff zu bekommen. Das schaffen wir allein mit einer Finanztransaktionssteuer nicht! Ich verstehe aber, wenn man diese als zusätzliche Einnahmequelle sieht.
Ein zweites Problem, das ich damit habe: Natürlich wäre uns am liebsten eine weltweite Finanztransaktionssteuer. Das würde wirklich Sinn machen. Aber die USA machen dabei nicht mit. Jeder, der sich finanz- und weltpolitisch ein bisschen auskennt, weiß, dass die USA dem nicht so schnell zustimmen werden, nicht einmal unter einer demokratischen Regierung Obama. Das wird nicht funktionieren. Aber dann sollte wenigstens ganz Europa davon betroffen sein. Denn was geschieht denn sonst in der heutigen verdrahteten Welt? – Es werden die Transaktionen nicht mehr in Kontinentaleuropa stattfinden, sondern in London, auf den Bahamas oder in Hongkong. Und ich bin mir nicht ganz sicher, wie das genau ausgeformt sein soll und ob wir uns damit nicht selber ins Knie
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