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Landtag, 13. Sitzung vom 25.05.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 50 von 62

 

im Hohen Haus teilweise behandelt wird, dann weiß ich nicht, ob Ihre Lippenbekenntnisse zur indirekten Demokratie tatsächlich ernst zunehmen sind. Weil dann frage ich mich: Wieso wird hier nicht ein Minderheitenschutz betrieben?

 

Wenn Anfragen gestellt werden, dann ist das Anfragerecht in erste Linie eigentlich ein Oppositionsrecht, weil die Opposition die Exekutive zu kontrollieren hat. Unsere Anfragen werden entweder abgeschasselt oder es wird formal argumentiert, während bei den aufgelegten Fragen der eigenen Abgeordneten, die wahrscheinlich eh in den Stadtrats- und Stadträtinnenbüros gestellt werden, hier extemporiert und herumgeredet wird. Gestern hat der Herr Bürgermeister eine Frage, die mit dem Wirkungsbereich der Gemeinde Wien überhaupt nichts zu tun hat, beantwortet. Von den GRÜNEN hat, ich weiß nicht wer, Maresch oder Margulies ihn gefragt, was er zum Konzept der Dritten Republik der FPÖ von vor 20 Jahren sagt. Also, korrekterweise hätte er sagen müssen: „Das fällt nicht in den Verwaltungsbereich der Stadt Wien. Darauf antworte ich nicht." Oder der Vorsitz hätte diese Antwort geben müssen. Wenn dann gefragt wird, was man zu einer Volksbefragung sagt ... (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Zur Sache bitte!) - Ich rede zur direkten und indirekten Demokratie. Ich bin mitten in der Sache. Ich halte Ihnen einen Spiegel vor die Augen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

 

Dass Sie die direkte nicht wollen und die indirekte auch nur mangelhaft handhaben, das müssen Sie mir schon zugestehen. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Beim Fragerecht hat sich auch eingebürgert, dass die Abgeordneten einander ausrichten, was sie von den Fragen halten. Eigentlich ist auch die Zusatzfrage an den Stadtrat zu richten und nicht, dass sich der Abgeordnete vor einer anderen nachfragenden Abgeordneten rechtfertigen muss, warum er die Frage gestellt hat. Auch das ist eine Unart. Und dass sich auf der einen Seite Kolleginnen und Kollegen ständig als Verbrecher bezeichnen lassen müssen, ja, an das hat man sich schon so gewöhnt. Wenn der Herr Kollege Ulm in einer juristischen Debatte eine Argumentation als absurd bezeichnet, tut man so, als ob man hier jemandem seine Ehre abgeschnitten hätte. Auch da finde ich (Beifall bei ÖVP und FPÖ.), das hat eigentlich mit Parlamentarismus überhaupt nichts zu tun. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Die Abgeordneten dürfen nur mehr sagen, was Sie erlauben!) Aber überhaupt nicht. Im Unterschied zu Ihnen (Aufregung bei der FPÖ.), im Unterschied zu Ihnen bin ich ein ... (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Parteizensur! – Weitere Aufregung bei der FPÖ.) In dieser Hinsicht bin ich ...

 

Präsident Prof Harry Kopietz (unterbrechend): Herr Abg Dr Aigner, ich ersuche Sie, zu ....

 

Abg Dr Wolfgang Aigner (fortsetzend): Ich bin ein sehr liberaler Mensch, aber es ist unerträglich, dass man, wenn man ein Fragerecht hat, wenn man weiß, dass man auch ... (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Der Herr Aigner ist nicht der Oberdoktor, der allen sagt, was zu tun ist! Keiner verlangt es, kein einziger Abgeordneter so wie der Herr Aigner! – Große Aufregung bei GRÜNEN und FPÖ.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz (unterbrechend): Ich ersuche, die Zwiegespräche hintanzuhalten. Der Herr Abg Dr Aigner ist am Wort. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Ja, der Herr Doktor entscheidet, was gut ist.)

 

Abg Dr Wolfgang Aigner (fortsetzend): Ja, aber die Frau Pilz, die alle anderen maßregelt, ist auch nicht unsere Oberlehrerin, ja! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Und die Frau Kollegin Pilz sitzt oben am Vorsitz und greift in inhaltliche Debatten ein. Das haben wir schon mehrfach erlebt. (Abg Mag Wolfgang Jung: Gestern auch!) Ich habe nur darauf hingewiesen, dass ich das für eine Unsitte halte. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Aufregung bei den GRÜNEN.) Herr Kollege Margulies, nehmen Sie zur Kenntnis ... (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Das ist ja unglaublich! Das ist ja unglaublich! Das gibt es ja nicht!)

 

Präsident Prof Harry Kopietz (unterbrechend): Herr Kollege Margulies, ich ersuche Sie, bitte. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Ja bitte!)

 

Abg Dr Wolfgang Aigner (fortsetzend): Herr Kollege Margulies, ich bin ganz entspannt. Nehmen Sie zur Kenntnis, von Ihnen lass’ ich mich nicht beleidigen, das können Sie gar nicht. (Abg Dipl-Ing Martin Margulies: Ich will Sie nicht beleidigen! – Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Ja, ich bin auch nicht beleidigt.

 

Es geht ja weiter. Ich meine, das System von d’Hondt ist natürlich Bestandteil unserer Stadtverfassung, aber das sind ja auch nicht die Zehn Gebote. Im Nationalrat ist es zum Beispiel üblich, dass die Ausschussvorsitzenden und Vorsitzenden sehr wohl zwischen den Fraktionen auch für die Opposition aufgeteilt werden. Auch darüber könnte man, wenn man unseren Parlamentarismus sozusagen weiterentwickeln will, da sind wir noch nicht bei der direkten Demokratie, dem könnte man versuchen, näher zu treten. Auch das wäre eine Sache. (Abg Godwin Schuster: Wie zum Beispiel bei uns im Kontrollausschuss!) Ja, der Kontrollausschuss, der einzige Ausschuss, ja ja, der ist auch in Ordnung, nein, nein, das ist ja auch in Ordnung. Aber ich sage, im Parlament, im Nationalrat ist es üblich, der Rechnungshofausschuss ist immer bei der Opposition und auch die anderen werden auf die Parteien aufgeteilt. (Abg Godwin Schuster: Ja, der Kontrollausschuss ist bei uns auch immer bei der Opposition!) Ja ja, nein, nein, ist eh gut, man könnte das ja sozusagen auch weiter ausdehnen. Die Mehrheitsverhältnisse in den Ausschüssen würden sich deswegen ja auch nicht ändern.

 

Im Übrigen sollte man nicht so tun, als ob direkte und indirekte Demokratie Gegensätze sind. Das sind ja ergänzende, das sind ja kommunizierende Gefäße. Unsere Verfassung sieht ja auch beides vor. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) Wir sind eine indirekte Demokratie mit gewissen Elementen der direkten Demokratie. Zur Zeit ist es so, dass im Endeffekt immer das jeweilige Parlament am Drücker ist. Ob es eine Volksabstimmung anordnet, hängt auf Bundesebene davon ab, ob die Verfassung grundlegend geändert wird. Ist erst ein Mal beim EU-Beitritt passiert. Wenn aus der EU allerdings

 

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