Landtag, 13. Sitzung vom 25.05.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 62
eine Haftungs- und Schuldenunion wird und auf dem Weg sind wir, so müsste man das ja eigentlich auch aus juristischen Gründen einer neuerlichen Abstimmung unterziehen, weil das eigentlich nicht mehr die gleiche Union ist, der wir 1995 oder 1994 bei der Abstimmung beigetreten sind. Die anderen Fälle sind die freiwilligen Volksabstimmungen, die der Nationalrat mit Mehrheit anordnet. Das hatten wir erst ein einziges Mal, das war Zwentendorf, der Kollege Al-Rawi hat das heute schon gebracht. Er hat das eher so gebracht, das ist ein Argument gegen die direkte Demokratie, weil da emotional entschieden wird. Sie haben völlig recht. Es haben damals viele gegen den Kreisky gestimmt. Aber im Nachhinein sind alle froh, weil die, die den Kreisky wollten - der Kreisky ist geblieben und Zwentendorf haben wir nicht eingeschaltet und da sind wir hinterher viel froher, als wir das 1978 sozusagen erahnen konnten. Also man sieht, das kann so oder so ausgehen. (Abg Heinz Hufnagl: Kalkulierbar war das nicht am Tag der Volksabstimmung!) Bitte? (Abg Heinz Hufnagl: Kalkulierbar war das nicht!) Nein eh nicht, aber im Nachhinein und jetzt kann man sagen, es ist ja auch bei einer Wahl oft eine emotionale Entscheidung und der Wähler kann ja im Nachhinein, nachdem er seine Stimme abgegeben hat, ja auch nicht mehr bestimmen, was mit seiner Stimme geschieht. Er konnte ein völlig anderes Signal gesetzt haben. Also das kann sowohl bei ... (Abg Karlheinz Hora: Sie sind ja mit einer Liste angetreten!) Ja, aber ich übe ein freies Mandat aus und das genieße ich sehr, das darf ich Ihnen auch sagen. Im Endeffekt hat das der Wähler auch bei einer Wahl letztendlich nicht mehr in der Hand.
Es ist sowohl bei einer Volksabstimmung oder bei einer Volksbefragung als auch bei einer Wahl so, dass man im Nachhinein vielleicht oft anders denkt. Das sind keine wirklichen Gegensätze. Ich meine, bevor man zu einem Automatismus kommt, dass ein Volksbegehren zu einer zwingenden Volksabstimmung führt, und das ist natürlich schon eine Sache, die man sich gut überlegen muss, weil im Endeffekt hätte man dann Gesetze, die ohne parlamentarische Zustimmung erfolgen. Das ist schon ein Systemwechsel, der nicht ganz ohne ist, für den es gute Gründe dafür gibt, aber wo es auch gewisse Bedenken gibt. Und es sollte doch eigentlich das jeweilige Parlament von sich aus selber öfter die vorhandenen direktdemokratischen Modelle einsetzen, weil das doch eigentlich die Möglichkeit wäre, die Bürger und Bürgerinnen einzubinden, statt dass die GRÜNEN glauben, dass man nicht ganz objektiv auch bei ihnen ist. Das Modell der GRÜNEN, das in der Zeitung gestanden ist, dieses mehrstufige Verfahren, dass nicht ein Volksbegehren ab einer bestimmten Stärke sofort zu einer Abstimmung führt, sondern dass ein paar Zwischenschritte notwendig sind, das halte ich für ausgesprochen überlegenswert. Das heißt, die Bürger sind mündig. Machen wir sie auch zu mündigen Mitgestaltern. Beziehen wir sie ein und handhaben wir einfach die bestehenden Instrumente in einer großzügigeren Form. Und da ist es mir wirklich unbegreiflich, da kann ich nur das unterstreichen, was der Herr Kollege Ulm gerade heute schon mehrfach gesagt hat, dass man dann kleinlich ist und jetzt schon juristische Positionen bezieht, um auszurichten, es ist eh wurscht, was ihr unterschreibt, es wird wahrscheinlich eh nichts werden, weil das angeblich verfassungswidrig ist. Das halte ich für kleinlich und das halte ich im Endeffekt auch für das Engagement der Bürger für mehr als abträglich, weil den Menschen, denen die Sache ein Anliegen ist, die eine Unterschrift gesetzt haben, denen eine Volksbefragung in Aussicht gestellt wird, dann zu sagen, warum das alles nicht geht, das wäre doch auch etwas, was nachhaltigen Schaden in unserer demokratischen Landschaft verursachen würde. Im Endeffekt muss auch sichergestellt werden, dass eine derartige Entscheidung der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof, das müsste dann bescheidmäßig erfolgen, standhält.
Auf der anderen Seite beim Wahlrecht muss man natürlich auch sehr aufpassen. Ich bin bei den ganzen Vorzugsstimmensachen mittlerweile eigentlich ein bisschen skeptisch geworden. Das Instrument der Vorzugsstimmen ist in unserer politischen Landschaft schon so oft irgendwo zweifelhaft gehandhabt worden, dass ich nicht weiß, ob das wirklich der Weisheit letzter Schluss ist.
Zur Personalisierung. Ich denke schon auch an die 100 000 Vorzugsstimmen, die der Kollege Karas damals bekommen hat. Die waren nicht abgegeben worden, damit er ins Parlament kommt, da war er eh gut gereiht. Aber der Wille ist dann irgendwie auch nicht wirklich vollzogen worden und die Gefahr ... (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Das hat dann schon bewirkt, dass er verspätet das wurde!) Na ja schon, aber die Vorzugsstimmenwähler waren dann trotzdem frustriert. Also da weiß ich nicht, ob da nicht auch wirklich diejenigen, die in einem Parteiestablishment verankert sind, denen auch die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, das sind halt dann diejenigen, die dann ihre Kampagnen fahren können. Also die Vorzugsstimmen weiß ich nicht, ob das im Endeffekt wirklich so ein tolles Instrument ist. Und dass mehr Persönlichkeitsinstrumente beim Wahlrecht allein die Wahlbeteiligung nicht gleich in die Höhe bringen, hat man ja jetzt bei der Direktwahl des Bürgermeisters oder Bürgermeisterin in Innsbruck gesehen. Das war durchaus eine spannende Geschichte und so weiter, und trotzdem war die Wahlbeteiligung gering, obwohl da eigentlich das Persönlichkeitselement da war. Also das alleine wird es wohl nicht sein. Zur Innsbrucker Sache ist mir schon auch eines aufgefallen: Eine sechsjährige Legislaturperiode ist auch demokratiepolitisch schon ein bissel grenzwertig, weil sechs Jahre schon auch ein sehr langer Zeitraum sind. Also da wird es wahrscheinlich einen Maßnahmenmix geben.
Aber ich glaube, wir als Parlamentarier sollten eigentlich den Mut haben, entsprechend die bestehenden Instrumente einzusetzen, bevor wir grundlegende Umgestaltungen durchführen. Dann ist es natürlich im Endeffekt auch eine Frage der Regierungsmodalitäten. Es muss ja ein Koalitionspakt
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