Landtag, 13. Sitzung vom 25.05.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 62
wir auch den Bundesverfassungsgesetzgeber.
Ingesamt, weil meine Zeit langsam abläuft, möchte ich sagen, wir müssen die Demokratie ständig weiterentwickeln. Immer, wenn etwas statisch bleibt, fällt man perspektivisch zurück, und wir entwickeln uns ja auch ständig weiter. Ich möchte dazu aber schon auch in aller Bescheidenheit sagen, dass die Sozialdemokratie die Demokratie in diesem Land am meisten, nicht alleine, aber am meisten geschaffen hat. Wir haben das allgemeine, gleiche, direkte, geheime Wahlrecht erkämpft, unsere Großväter und Großmütter haben das erkämpft. Wir haben auch in den schwierigsten Zeiten 1933 und 1934 die Demokratie hochgehalten. Viele unserer Vorgänger haben dafür sogar ihr Leben gegeben. Wir haben in der Zweiten Republik gemeinsam mit der ÖVP dann die Demokratie wiederhergestellt und auch eines der erfolgreichsten Modelle in Europa geschaffen. Wir nehmen mit Freude zur Kenntnis, dass die GRÜNEN wesentliche demokratische Impulse in das politische Leben in Österreich und in Wien eingebracht haben. Wir können von einem gewissen Selbstbewusstsein ausgehen, wenn wir die Demokratie weiterentwickeln, aber wir wollen sie im Interesse der Wienerinnen und Wiener weiterentwickeln. Und das ist etwas, was feststeht. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Werner-Lobo. Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg Mag Klaus Werner-Lobo (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich kann hier direkt an meinen Vorredner anschließen, dass ich mich sehr über diese Debatte freue, auch wenn sie schon mehr oder weniger am Ende des Tages ist und viele gerne ins Wochenende gehen würden. Aber ich halte es für eine sehr, sehr wichtige Debatte, darüber zu reden, wie wir die Demokratie weiterentwickeln. Ich glaube, dass wir uns nicht nur in Wien, sondern in Österreich, in Europa und wahrscheinlich auf der ganzen Welt in einer tiefen Demokratiekrise befinden. Wir sollten wirklich jede Gelegenheit nutzen, um gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir unsere Formen der Demokratie weiterentwickeln können und zwar in dem Sinn, dass möglichst viele Menschen das Gefühl haben, mitreden zu können, sich beteiligen zu können, am öffentlichen Leben teilhaben zu können und dass es nicht etwas ist, wo Einzelne Instrumente der Demokratie missbrauchen, um ihre Partikularinteressen durchzusetzen. Das ist es nämlich, warum es wirklich bei dieser Debatte geht.
Wenn es darum geht, Formen der direkten Demokratie oder andere Formen, und es gibt ja nicht nur die direkte, die plebiszitäre Demokratie, es gibt auch die partizipative Demokratie, es gibt die repräsentative Demokratie. Wenn wir diese Systeme weiterentwickeln und die Demokratie stärken wollen, dann ist das Schlimmste, was passieren kann, so etwas wie das, was Sie hier machen, nämlich die Demokratie zu einem Instrument des Ressentiments zu machen. Demokratie soll nicht heißen und auch direkte Demokratie soll nicht heißen, dass im schlimmsten Fall 50 Komma ein bisschen was Prozent der Wahlberechtigen über 100 Prozent der hier lebenden Menschen drüberfahren können, um ihre eigenen Ressentiments in irgendeiner Form durchzusetzen. Das wäre der größte Schaden für die direkte Demokratie und es gilt hier, gemeinsam nachzudenken.
Und da lade ich auch die ÖVP herzlich ein, soweit sie sich noch innerhalb des konstruktiven Spektrums selbst sieht, hier mitzureden. (Abg Dr Wolfgang Ulm: Ja!) Das freut mich sehr, das zu hören. Also ich lade Sie sehr herzlich ein, wenn Sie die Analyse teilen, dass es hier eine Partei gibt, der es hier nicht um eine konstruktive Zusammenarbeit im Sinne der Demokratie geht, sondern lediglich um die Durchsetzung von Ressentiments, hier gemeinsam daran zu arbeiten, das zu ändern. (Abg Johann Herzog: Das ist eine Selbsterkenntnis!) Das wollen wir, das wird Rot-Grün machen und lädt auch Sie dazu ein, da mitzumachen. Wir machen ohnehin auf vielen Ebenen in dieser Stadt sehr viel, bei der Reform der Stadtverfassung, bei der Institutionenreform, und in vielen anderen Dingen. Es steht auch im rot-grünen Koalitionspapier festgeschrieben, dass auch direkte und partizipative Demokratiereformen diskutiert werden sollen und dass es erneuert werden soll. In Salzburg ist es zum Beispiel jetzt so, dass es einen Antrag gibt, das Bemühen gibt, Formen der direkten Demokratie in einer dreistufigen Volksgesetzgebung tatsächlich in die Salzburger Verfassung einzubringen. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Wiener ÖVP auf ihre Salzburger ÖVP-Kollegen einwirkt, die Blockierung dieses Bemühens im Salzburger Landtag aufzuheben und aufzugeben und gegen diese Formen der dreistufigen Volksgesetzgebung, wo Salzburg die modernsten Ansätze hat, die Blockade aufzugeben. Dann wäre sehr viel erreicht. Und da kann auch Wien schauen, dass wir auch in Wien für die Wiener Verhältnisse die modernste Form gemeinsam finden.
Noch einmal, ich lade Sie herzlich ein, da mitzumachen. Aber es geht eben ums Mitreden und nicht um den Missbrauch dieser Instrumente. Das ist überhaupt ein wichtiger Punkt, wenn wir über das Mitreden reden. Es geht nicht nur darum, dass man an irgendeinem Tag, so wie wir es jetzt haben, alle fünf Jahre in der Wahlzelle für eine Partei abstimmt, dann seine Stimme abgegeben hat und sie fünf Jahre nicht mehr hat. Es geht aber auch nicht darum, bei den Formen der direkten Demokratie zu einem konkreten Thema seine Stimme abzugeben, um seine eigenen Partikularinteressen durchzusetzen, sondern es geht vielmehr um den Diskurs, der rundherum läuft, wo wir versuchen, gemeinsam Entscheidungen zu finden, die für alle tragbar sind. Es geht nicht um Autofahrer gegen RadfahrerInnen gegen FußgängerInnen, sondern es ginge darum, dass man Wege findet, wie Menschen, die Autos benützen, Menschen, die Räder benützen oder Menschen, die kein Verkehrsmittel benützen oder den öffentlichen Verkehr, die meisten von uns machen ja alles gleichzeitig, gut miteinander zusammenleben
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