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Landtag, 13. Sitzung vom 25.05.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 62

 

können. Diese Formen müssen wir finden, nicht dass die einen über die anderen drüberfahren. Und es sollen auch die Formen der plebiszitären Demokratie sein, deswegen heißt sie plebiszitäre Demokratie. Jetzt ist der Gerald Ebinger weg, aber vielleicht findet sich jemand von der ÖVP, der die Fremdwörter - musst du immer übersetzen für deine Partei. Diese Formen der plebiszitären Demokratie heißen deswegen plebiszitäre Demokratie, weil sie von der Bevölkerung ausgehen sollen. Sie, meine Damen und Herren, wie auch wir, wie auch ich, sind Teile der repräsentativen Demokratie. Es ist nicht unsere Aufgabe, plebiszitäre Demokratie zu instrumentalisieren. Das sollen Bürgerinitiativen, Menschen aus der Bevölkerung selbst machen. Es geht nicht darum, parteipolitische Profite daraus zu ziehen. (Aufregung bei den Abgen Mag Wolfgang Jung und Armin Blind.) Es geht auch nicht, im Übrigen jetzt auch in Richtung der ÖVP, auf Parteiveranstaltungen Volksbefragungswerbung zu machen. Das ist ein Missbrauch dieser Instrumente. Diese Instrumente sollen in der Hand der Bevölkerung bleiben, sie zu gebrauchen. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Das sagen Sie auf einmal? Das ist unglaublich!) So ist es. Ich sage es Ihnen auch ganz offen: Bei sehr, sehr vielen dieser Punkte, die Sie in Ihren Anträgen stehen haben, habe ich überhaupt kein Ressentiment dagegen. All dies sollen und wollen wir diskutieren. Gerald, erklärst du wieder, was Ressentiment heißt! All dies können wir diskutieren und all dies sollen wir offen diskutieren. Aber da geht es darum, und auch mein Vorredner hat es bereits gesagt, wir wollen und werden daran arbeiten, dass Demokratie nichts Statisches ist, sondern dass sie weiterentwickelt wird. Das machen wir gerne gemeinsam mit allen, die daran interessiert sind.

 

Da gibt es aber noch einen ganz, ganz wichtigen Punkt. Wenn Demokratie Mitbestimmung für alle heißt und wenn sie Mitbestimmung für alle heißt, die von demokratischen Entscheidungen betroffen sind, dann gibt es eine sehr, sehr große Bevölkerungsgruppe, die bisher hier völlig davon ausgeschlossen ist. In Wien sind die 13 Prozent der erwachsenen Bevölkerung, die kein Wahlrecht haben. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Und was ist mit den Kindern?) 13 Prozent! Das ist ungefähr so viel wie ihr oder wie wir an Wählern und Wählerinnen haben. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Kinder haben auch kein Wahlrecht!) Reden wir auch darüber. Das ist ein guter Punkt, Herr Klubobmann. Die Kinder haben kein Wahlrecht. Wenn Sie eine Volksbefragung oder wenn Sie eine Volksabstimmung über das Parkpickerl oder über verkehrslenkende Maßnahmen wollen, dann sollten wir den Kindern tatsächlich ein Wahlrecht geben (Beifall bei den GRÜNEN.), nämlich jenen Kindern, die dann lungenkrank sind, weil so viele Autos herumfahren. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Reden Sie ruhig weiter!) Danke für diesen Punkt! Die Kinder (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Reden Sie ruhig weiter!), die durch Ihre autozentrierte und durch Ihren Missbrauch dieses Themas an Lungenkrebs erkranken, Lungenerkrankungen kriegen, an Asthma erkranken, denen sollten wir tatsächlich das Wahlrecht geben, um sich gegen Ihre Politik zu wehren! Danke für diesen Punkt. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

13 Prozent der Stadtbevölkerung, das sind übrigens zum Großteil hier geborene Menschen, Menschen die sehr lange hier leben, Menschen, die hier Steuern zahlen, Menschen, die hier zu unserer Gesellschaft beitragen. Meine eigene Frau lebt seit sieben Jahren hier, zahlt Steuern, versucht, etwas zur Gesellschaft beizutragen. Meine Frau hat kein Wahlrecht in dieser Stadt, weder bei einer Volksbefragung noch bei einer Volksabstimmung noch bei einer Wahl. Ändern wir das gemeinsam! (Beifall bei den GRÜNEN. – Aufregung bei der FPÖ.) Meine Frau hat noch keinen Anspruch auf eine Staatsbürgerschaft, aber sie lebt seit sieben Jahren hier. Sie hat keinen Anspruch auf eine Staatsbürgerschaft. Es gibt viele Menschen, die hier geboren sind. Es gibt viele Menschen, die trotz Antrages keine Staatsbürgerschaft kriegen. Mein Sohn hat derzeit zwei Staatsbürgerschaften und wenn er 18 Jahre ist, muss er sich entscheiden, und das will er gar nicht. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Das ist skandalös!) Warum? Mein Sohn ist Brasilianer und Österreicher. Warum soll er eine davon aufgeben, warum soll er nicht in beiden Ländern wählen können oder dort wählen können, wo er lebt, wenn er 16 ist? (Abg Mag Wolfgang Jung: Das kann er nicht! Er muss sich entscheiden!) Er muss sich dann irgendwann entscheiden. (Aufregung bei Abg Mag Dietbert Kowarik.)

 

Ich freue mich sehr, wenn wir Sie mit im Boot haben. Bei Ihnen glaube ich es gar nicht, aber bei der ÖVP. Ich würde mich sehr, sehr freuen, wenn wir Sie mit im Boot hätten, damit zumindest einmal in einem ersten Schritt EU-BürgerInnen auch auf der Gemeindeebene mitwählen können. Da sind wir sehr froh. Das wird ein Lakmustest für die ÖVP, wie ernst Sie es tatsächlich mit der Demokratie meinen, wenn Sie dafür sorgen, wenn Sie uns helfen und wenn Sie auch auf Ihre Kollegen und Kolleginnen von der Bundesregierung einwirken, dass es endlich dazu kommt, dass EU-Bürgerinnen und -Bürger in Wien wenigstens in einem ersten Schritt mitwählen dürfen, in einem nächsten Schritt alle Menschen, die hier den Lebensmittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben, selbstverständlich. Die zahlen Steuern. Warum sollen die nicht mitreden können? Also reden wir tatsächlich über Demokratie. Von mir aus gibt es ein umfassendes Bekenntnis zu all diesen Formen von direkter, partizipativer und repräsentativer Demokratie.

 

Dazu muss ich jetzt auch noch etwas sagen, wenn wir darüber reden, eine Sache. Ich denke mir, man müsste manchmal Dinge erklären. Jetzt würde ich gerne wenigstens ein Flip-Chart da haben oder einen Beamer, damit man ein paar Dinge erklären kann. Auch darüber wäre natürlich in einer modernen Demokratie nachzudenken, ob wir hier nicht eigentlich in diesem Raum modernisieren sollten, dass wir überhaupt einmal darüber reden. Wir würden Ihnen gerne eine Graphik zeigen, was ein Dreisäulenmodell der Demokratie ist, was moderne Formen der Demokratie sind. Es ist überhaupt schwierig, in diesem Raum solche Dinge zu

 

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