«  1  »

 

Landtag, 13. Sitzung vom 25.05.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 60 von 62

 

Wie gesagt, auf die kleineren Sachen möchte ich jetzt auf Grund der Zeit, die mir verbleibt, gar nicht mehr weiter eingehen wie die Abschaffung der durchaus zu Missbrauch neigenden Nachfrist von acht Tagen, die ja, wie wir gesehen haben, immer eigentlich in eine Richtung ausgeschlagen hat, nämlich in die Richtung der politisch Linken. Dadurch ist auch gut ableitbar, wie sehr es manche Menschen mit der Wahlordnung nehmen, wenn es in ihrem eigenen Interesse ist.

 

Zum Antrag der ÖVP. Selbstverständlich werden wir diesem zustimmen, obwohl wir nicht so wie der Kollege Ulm davon überzeugt sind, dass er der bessere Antrag ist. Wir halten zum Beispiel die Abstimmung über das Internet weiterhin für durchaus problematisch, weil wir da große Datenschutzbedenken, große Bedenken zum geheimen und zum persönlichen Wahlrecht haben. Aber wie gesagt, das wäre durchaus auch eine Frage der technischen Umsetzung. Ich habe aber bei allem, was technisch in diesem Bereich ist, in diesen Kernbereichen des Staates und der Demokratie, meine großen Vorbehalte. Wie gesagt, meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass ich Sie davon überzeugen kann, diesen Antrag zu unterstützen, weil Sie in Ihrer Meinung relativ festgefahren sind. Ich darf es nur zusammenfassen: Die Vorteile wären, auch bei einer erfolglosen Initiative würde die Regierung auf Handlungsbedarf aufmerksam gemacht werden. Der Diskurs würde gestärkt werden. Innovationen, Sichtweisen und Lösungsvorschläge würden in den politischen Prozess eingebracht werden, Grundsatzdiskussion eröffnet werden, Verhandlungs- und Kompromissfähigkeit der Bevölkerung erhöht werden. Transparenz und Kontrolle durch die Bevölkerung würden wachsen. Es würde ein öffentlicher Meinungsbildungsprozess erzeugt werden, eine informierte Öffentlichkeit geschaffen werden. Alles Dinge, die einer modernen, einer starken, einer westlichen Demokratie gut tun. Verhindern Sie es nicht! Blockieren Sie nicht! Verbleiben Sie nicht in der Vergangenheit! Verbleiben Sie nicht in vorgestrigen Zeiten! Stimmen Sie unserem Antrag möglicherweise doch zu. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet hat sich Herr Abg Hufnagl. Ich erteile es.

 

15.04.49

Abg Heinz Hufnagl (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Wiener Landtages!

 

Diskurse über das Wahlrecht und über die Zusammenspielsituationen, die Wechselwirkungen von repräsentativer und direkter Demokratie sind wohl so alt wie demokratisch gewählte Parlamente als solche. Auch im Wiener Landtag gab es wiederholt derartige Diskussionen. Daher ist die heute Dringliche Anfrage der Freiheitlichen weder rasend neu noch besonders aktuell, und auf Grund der Tatsache, dass die Wiener Legislaturperiode aller Wahrscheinlichkeit nach bis Oktober 2015 dauern wird, auch alles andere als wirklich dringlich. Eher scheint es so zu sein, dass die Freiheitlichen bei zwei Sitzungstagen hintereinander ohne dringliche Initiative nicht wirklich zufrieden sind, es als unerträglich empfinden und das ewige Klagelied über das Wiener Wahlrecht anstimmen, natürlich offensichtlich im Auftrag ihrer Strategiegenies und Plakatproduzenten Kickl und Jenewein das Herz für die direkte Demokratie entdeckt haben und flugs eine Reihe neuer Petitions- und Interpellationsinstrumente, dummerweise mit einigen verfassungsrechtlichen Fallschlingen, heute hier einbringen.

 

Aber hübsch der Reihe nach. In der Einleitung beklagen die Antragsteller, dass unser Wahlrecht starke Parteien überproportional bevorzugt und behaupten völlig realitätsfern, dass mit nur 39 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen die absolute Mandatsmehrheit erreichbar sei. (Abg Mag Wolfgang Jung: Nicht 30 Prozent! 43 Prozent!) Wahr ist ... Es steht 39 drinnen, Kollege Jung. Tun Sie das innerfraktionell redigieren. Ich kann mich nur an Ihren offiziellen Text halten. Wahr ist vielmehr, dass die Wahlrechte aller neun österreichischen Bundesländer mehr oder weniger starke mehrheitsverstärkende Elemente beinhalten. Und das ist auch gut so, weil damit die Regierbarkeit dieser Bundesländer jedenfalls positiv beeinflusst wird. Und Fakt ist darüber hinaus, das zweistufige Wiener Wahlrecht zum Landtag und Gemeinderat gewährleistet im ersten Ermittlungsverfahren nach Hagenbach-Bischof, dass in den 18 nach Bezirken gegliederten Wahlkreisen etwa drei Viertel der 100 Mandate direkt vergeben werden und damit der Wechselbezug der Mandatare zu der Bezirksbevölkerung bestmöglich gewährleistet ist. Die Restmandate werden sodann an jene Parteien verteilt, die entweder ein Grundmandat erreicht haben oder über 5 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen verfügen.

 

Wie schaut nun gerade bei der Opposition das Verhältnis Mandate zu Stimmenanteil aus? Wie schaut’s beim oft kritisierten Gerechtigkeitsfaktor aus? Bei der Wiener Gemeinderatswahl am 10. Oktober 2010 hat die Freiheitliche Partei Österreichs 25,77 Prozentpunkte erreicht, aber 27 von 100 Mandaten. Und selbst die geschwächte ÖVP erhielt für 13,99 Prozent der Stimmen noch immer 13 Gemeinderatssitze, weil Zehntel- und Hundertstelabgeordnete können beim besten Willen nicht vergeben werden. Würde man dem - passen Sie auf von der FPÖ - von der FPÖ geforderten strikten Proportionalitätssystem zwischen abgegebenen Stimmen und zu vergebenden Mandaten Folge leisten, müssten Sie sich überlegen, welche Ihrer beiden blauen Mandatare jetzt zurücklegen sollen. (Abg Johann Gudenus, MAIS: Haben Sie mir zugehört?) Dieser Aderlass könnte nicht einmal mehr durch die sukzessive Gewährung und Vereinnahmung des Kollegen Dr Aigner ausgeglichen werden. So schaut’s dann aus im blauen Haus. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Das ist vorgeschrieben! – Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Herr Hufnagl, da geht es um Fairness. Das ist unglaublich so was!)

 

Und nun zu den Instrumenten der direkten Demokratie. Sie vermitteln mit dem sechsseitigen Papier heute den Eindruck, dass in Wien in Sachen direkter

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular