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Landtag, 15. Sitzung vom 01.10.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 26

 

haben sich mit dieser Sache ins Knie geschossen!) Kollege Jung! Ich habe Sie nicht verstanden! (Abg Mag Wolfgang Jung: Ich sage es Ihnen nachher persönlich!) Wollen Sie nicht, dass es im Protokoll steht? Gut! Wenn ich Sie wäre, würde ich das auch nicht wollen, denn das ist meistens tatsächlich nicht so relevant!

 

Ich komme gleich zum Schluss, möchte diesen Tag aber nutzen, um hier noch etwas klarzustellen: So viele überschwängliche und positive Mails wie heute haben wir tatsächlich schon lange nicht mehr bekommen. (Ironische Heiterkeit bei der FPÖ.) Und das ist kein Wunder! Wenn man im 15., 16., 17. oder 12. Bezirk wohnt, sieht man jetzt wieder auf die Straße und hat plötzlich Luft zum Amten, weil nicht alles verparkt ist. Die Menschen, die in den betroffenen Bezirken wohnen, freuen sich über die heutige Einführung des Parkpickerls. Und ich glaube, wir sollten uns aus diesen Grund heute, am 1. Oktober, tatsächlich richtig freuen. – Ich danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Herr Abg Akkilic. Ich erteile es ihm.

 

11.24.05

Abg Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich möchte im Besondern auf einen Bereich der Demokratiereform eingehen, nämlich warum wir eigentlich das Wahlrecht für Drittstaatsangehörige und für EU-BürgerInnen auf Wien-Ebene haben wollen. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Weil Sie Wählerschwund haben!)

 

Wir wollen nicht unbedingt eine Kluft schaffen, indem wir für MigrantInnen sind und uns für den Rest der WienerInnen nicht interessieren. Nein! Wenn wir über die Wiener Demokratie reden, dann reden wir im Gesamten, das heißt, wir reden im Interesse unserer Stadt, im Interesse unserer Demokratie und im Interesse dessen, welche Rolle Politik und politische Partizipation in der Frage der Integration haben.

 

Jeder Mensch, der nach Österreich kommt, ist mit Bildern konfrontiert, und unter diesen Bildern sind auch politische Plakate. Jeder Mensch, der nach Österreich kommt, beginnt vom ersten Moment, Teil des österreichischen politischen Systems zu werden. Er lernt die Sprache und kennt das Schulsystem. Diese Menschen schicken ihre Kinder in die Schule, diese Menschen gehen arbeiten, und sobald sie im Arbeitsprozess sind, sind sie auch im Sozialversicherungssystem und im Lohnsystem mit allem Drum und Dran, sie stecken also mitten in brisanten politischen Themen.

 

Selbstverständlich möchten diese Menschen auch über die Entwicklungen in dieser Stadt mitreden beziehungsweise wollen auch bei den politischen Prozessen mitentscheiden können. – Stellen Sie sich vor, es werden einem Kind in der Schule das österreichische politische System und die österreichische Geschichte beigebracht, und es werden ihm auch die österreichischen politischen Parteien vorgestellt. Darüber möchte sich dieses Kind zu Hause mit den Eltern austauschen. Dieses Kind trägt diese Informationen nach Hause und sagt: „Papa, Mama, in Österreich gibt es so und so viele politische Parteien, und es gibt auch Entscheidungen, die diese Parteien treffen. Seid ihr da mit dabei? Habt ihr das mitbekommen?“ – Darauf müssen dann der Papa oder die Mama sagen: „Nein, wir dürfen ja nicht mitstimmen.“ Dann denkt sich das Kind: „Aber ich lerne in der Schule, dass Demokratie heißt, dass die Menschen mitmachen und mitstimmen dürfen. (Abg Mag Dietbert Kowarik: Schlechter Schulunterricht!)

 

Abgesehen von mitstimmen und mitmachen dürfen, meine Damen und Herren, bildet sich jeder Mensch seine Meinung über politische Entwicklungen. Das heißt, die Stimmen jener Menschen, die hier kein Wahlrecht haben, sind sowieso vorhanden. Und es ist Aufgabe der Politik, diese Stimme aufzugreifen.

 

Diese Stimme kommt auch bei Ihnen irgendwo an. Sie hören sich auch um, Sie sprechen auch mit diesen Leuten. Brisant wird die Sache dann, meine Damen und Herren, wenn wir gewisse Entscheidungen treffen und etwa dazu Volksbefragungen abhalten, wie zum Beispiel im Fall der Geblergasse. Ich bin dort auch auf der Straße gestanden und habe versucht, die BürgerInnen darüber zu informieren, worum es bei dieser Volksbefragung geht: Es sind Drittstaatsangehörige, deren Kinder in der Geblergasse in die Schule gehen, und diese Menschen durften nicht mitstimmen, obwohl sie im vorgegebenen Umkreis gewohnt haben. Finden Sie das gerecht? (Abg Armin Blind: Ja!) Finden Sie es gerecht, dass die Menschen dort nicht mitstimmen dürfen? – Ich meine, das Wahlrecht für MigrantInnen hat unbedingt auch mit Gerechtigkeit zu tun.

 

Meine Damen und Herren! Des Weiteren ist meines Erachtens die politische Partizipation von Migrantinnen ein Integrationsmotor, den wir uns genau anschauen müssen. (Abg Armin Blind: Das ist ein Integrationshemmnis!) Die Logik ist, dass sich die Leute zuerst integrieren und erst dann mitstimmen dürfen sollen. Aber dieser Gedanke hinkt, denn wir wissen, dass in Österreich sehr viele Staatsbürger und Staatsbürgerinnen nicht zur Wahl gehen. Sie gehen nicht zur Wahl, obwohl sie Staatsbürger und Staatsbürgerinnen sind, weil sie auf die eine oder auf die andere Weise mit den politischen Parteien oder mit dem System nicht zufrieden sind.

 

Ich denke also, wenn wir den Menschen die Möglichkeit geben würden, in unserem politischen System mitzumachen, dann hätten diese Leute auch insofern einen Anreiz, als sie denken, hier kann ich mitreden, hier bin ich etwas. In der gegenwärtigen Situation haben die Menschen hingegen das Gefühl: Hier bin ich nichts, wenn ich nicht einmal zur Wahl gehen und meine Stimme abgeben kann, dann bin ich nichts. (Abg Armin Blind: Was heißt „nicht einmal“? Das ist das höchste Bürgerrecht!) Und diese Position wollen wir ändern, meine Damen und Herren! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Sie wissen ganz genau, dass unsere Demokratien immer einem Wandlungsprozess unterworfen sind. Wir wissen ganz genau, dass mittlerweile nicht mehr nationale Parlamente und auch nicht supranationale Parlamente wichtige politische Entscheidungen treffen, sondern auch andere Machtzentren wie die Welthandelsorganisation oder sonstige Organisationen, die einen unmittelbaren

 

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