«  1  »

 

Landtag, 16. Sitzung vom 03.10.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 40

 

Die legistischen Anregungen und das, was Ausfluss sozusagen der Erkenntnisse, die wir aus unserer Arbeit haben, ist, liegen genau in dem Bereich, wo Sie den Antrag eingebracht haben. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar. Er geht auch in einigen Bereichen weit darüber hinaus, was jetzt sozusagen keine inhaltliche Diskrepanz ist, sondern die Volksanwaltschaft macht legistische Anregungen dort, wo Beschwerden an uns herangetragen werden, und das ist dann im Kollegium auch immer Beschlusslage.

 

Wenn es niemand gibt, der nicht einmal weiß, dass er sich bei der Volksanwaltschaft beschweren kann oder ein Anliegen an uns herantragen kann, dann ist das auch nicht Ausfluss unserer Arbeit und findet deshalb auch keinen Einfluss auf legistische Anregung. Das zu dem Punkt, den ich sehr unterstütze aus meiner früheren Arbeit im Parlament in Bezug auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft für NS-Verfolgte und ihre Nachkommen. Solche Beschwerden gab es bei uns nicht. Na ja, es ist auch kein Vollzugsproblem, sondern es ist ein legistisches Problem. Wie ich immer zu sagen pflege: Es ist ein Missstand in der Politik und nicht ein Missstand in der Verwaltung. - Das als ein Bespiel, herausgehoben aus diesem Antrag.

 

Ich möchte aber ganz kurz und sozusagen einfach durchzählend Ihnen jene Punkte nennen, die sehr stark aus der Arbeit der Volksanwaltschaft als Problemlagen bekannt sind. Das sind die Putativ-Österreicher; da verbreite ich mich nicht, weil da, glaube ich, fast schon Konsens darüber herrscht, dass dieses Problem endlich gelöst werden muss.

 

Das ist auch die Frage der kurzfristigen Unterbrechung von Aufenthalt, die ganz viele Probleme macht.

 

Aber vor allem - und das ist sozusagen der Hauptpunkt an Problemfeldern, die an uns herangetragen werden und die vor allem die Verwaltung in Wien als Vollzugsorgan hat - ist das die unverschuldete finanzielle Notlage, in die sehr viele Zuwanderinnen und Zuwanderer, noch nicht österreichische Staatsbürger, die es aber werden möchten, kommen und wo das Gesetz jetzt so starr ist, dass es null Spielraum gibt.

 

Die Grenzen sind für sehr viele Menschen, die, ja, 40-Stunden-Jobs haben, 40 Stunden in der Woche arbeiten und nicht genug verdienen durch eine 40-Stunden-Arbeit, um jene Kriterien zu erfüllen, die ihnen den Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft eröffnen. Die gibt es, und das ist für mich jetzt schon einmal - erlauben Sie, dass ich das so drastisch sage - ein Missstand in der Politik, wenn jemand, der eine 40-Stunden-Arbeit hat, auch tarifvertraglich entlohnt wird, damit nicht die Kriterien für den Erwerb der Staatsbürgerschaft erfüllen kann.

 

Aber ganz zu schweigen von jenen, die auf Grund der Situation - bedingt durch Behinderung, bedingt durch Krankheit - nicht Zugang zum Arbeitsmarkt haben, oder schlicht und einfach, weil sie schon so alt sind, dass sie gar nicht mehr arbeiten können! Denen ist in sehr vielen Fällen der Zugang zur Staatsbürgerschaft gänzlich verwehrt, nämlich perspektivlos. Die werden nie jünger, agiler oder gesünder werden, Menschen mit Behinderungen.

 

Das sind Problemfelder, die es vor 2006 nicht gab. Die Staatbürgerschaftsnovelle 2005, die im März 2006 in Geltung getreten ist, hat diese Fälle erst verursacht. Es ist dann nicht ein Missstand in der Verwaltung, sondern da ist es unmöglich, weil es diesen Spielraum nicht gibt, die Staatsbürgerschaft zuzuerkennen.

 

Ich möchte jetzt mit diesem, wenn Sie so wollen, nicht drastischsten, sondern häufigsten Beispiel schließen, damit ich die Zeit hier nicht über Gebühr strapaziere, und auf eine Fallgruppe noch hinweisen, die mündlich nicht erwähnt wurde, aber im schriftlichen Antrag - ich habe ihn ja auch bekommen - drinnen ist. Das ist die Ungleichbehandlung zwischen ehelichen und unehelichen Vätern sozusagen bei der Weitergabe der Staatsbürgerschaft.

 

Ich meine, es ist eigentlich unglaublich, dass wir im Jahr 2012 uneheliche Kinder diskriminieren in diesem Beispielsfall, dass ein österreichischer Vater, der ein Kind mit einer Drittstaatsausländerin hat - aber auch mit einer EU-Bürgerin, nur sind dort die Probleme nicht so groß wie bei Drittstaatsausländern -, seine Staatsbürgerschaft nicht an sein Kind weitergeben kann! Da hoffe ich - und der Antrag, der heute an die Bundesregierung gestellt wird, unterstützt jetzt meine Hoffnung -, dass hier Wien - um das in dem Fall mehr als angebrachte Wort zu benutzen - das Lobbying für eine entsprechende Novelle im Nationalrat auch unterstützen wird.

 

Als Letztes zu der von Frau Abg Yilmaz angesprochenen Frage: Wir hatten ja im Ausschuss, wo ich war, bei Frau StRin Frauenberger eine, wie soll ich sagen (Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Lebendig!), eine sehr lebendige Diskussion, weil sie nämlich nicht so war, dass alle nur gesagt haben, du bist gut und du bist gut, sondern weil auch über die Probleme gesprochen wurde. Wirklich, Sie brauchen ja nur einen Blick in den Bericht zu machen, da werden Sie es lesen: Verfahrensverzögerungen, nach der Feststellung der Volksanwaltschaft auch Missstände im Organisationsbereich. Ich glaube, der Abg Akkilic ist darauf eingegangen, dass es hier intensive Maßnahmen gibt, um das abzustellen.

 

Ich möchte diese Gelegenheit auch nützen, um vor allem der Frau Stadträtin, aber vor allem der ganzen Stadtregierung und jetzt vor allem dem Landtag, aber vor allem auch dem Gemeinderat - Sie sind ja alle gleichzeitig auch Gemeinderäte - Folgendes zu sagen: Dort, wo man mit Bürgern und Bürgerinnen die problematischsten Gruppen hat, aus den vielfältigsten Gründen, und Zuwanderer oder Staatsbürgerschaftswerber, Fremde, Leute, die der Sprache noch nicht in der Form mächtig sind wie wir sozusagen eingeborenen Österreicher und Österreicherinnen, da bedarf es auch besonderer Kompetenz des Personals, das diesen Situationen ausgesetzt ist!

 

Darum richte ich den Appell an Sie, dort auch die

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular