Landtag, 18. Sitzung vom 22.11.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 74
Frau Abgeordnete.
Abg Angela Schütz (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Landesrätin!
Wir haben jetzt schon sehr viel gehört, und es sind auch einige Fragen vorweggenommen worden, die auch mich interessiert hätten. Ein faires, nachvollziehbares und vor allem pensionswirksames Gehalt ohne das Druckmittel, die Disziplinierungsmaßnahme beziehungsweise die Androhung, die Zulage zu kürzen, ist ein Gebot der Stunde. Wir haben jetzt vereinzelt Bereiche, wo eben unter dem Deckmäntelchen, auf das Wohl der Mitarbeiter zu schauen, ihnen diese Drohung in den Raum gestellt wird: Wenn du dich dort und dort engagierst, dann könntest du versetzt werden und deine Zulagen verlieren.
Wir haben auf der anderen Seite in dem einen oder anderen Bereich diese Krankenstandsrückführungsgespräche, die auch dazu dienen, den Mitarbeiter in einen anderen Bereich zu versetzen, was meistens mit kräftigen finanziellen Einbußen verbunden ist. Nun ist der Mitarbeiter durch seine Krankheit vielleicht ohnehin schon bedient genug. Finanzielle Verluste bedeuten dann noch mehr Unannehmlichkeiten, das ist eine Spirale nach unten, Krankheit und so weiter.
Meine konkrete Frage ist: Was gedenken Sie da zu tun, um die Mitarbeiter zu schützen; damit sie nämlich erstens frei selbstständig agieren und ihre Meinung äußern können, ohne dass ihnen etwas angedroht wird? Und auf der anderen Seite: Was gedenken Sie zu tun, damit diese Krankenstandsrückführungsgespräche nicht eine Art Bestrafung werden, damit die Mitarbeiter nicht in einen schlechter bezahlten oder mit weniger Zulagen versehenen Job hineingedrängt werden, wo sie dann vielleicht sogar noch kränker werden, weil sie sich gewisse Sachen dann einfach nicht mehr leisten können?
Präsident Prof Harry Kopietz: Bitte, Frau Stadträtin!
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Sie sprechen hier eine sehr große Herausforderung an, der wir aber begegnen werden, und zwar mit etwas, das technisch „betriebliches Eingliederungsmanagement“ heißt, das von der politischen Zielsetzung her bedeutet, länger gesund in dieser Stadt zu arbeiten.
Was werden wir dazu tun? Wir werden im betrieblichen Eingliederungsmanagement schon präventiv schauen: Wo gibt es Kolleginnen oder Kollegen, die gesundheitliche Gefährdungen haben? Wo gibt es Kolleginnen und Kollegen, die erkrankt sind? Und: Was können wir dazu beitragen, damit es erst gar nicht dazu kommt, dass diese Kolleginnen und Kollegen zwölf Monate krank sind und wir sie dann von Amts wegen in den Ruhestand versetzen müssen? Sondern: Welche Mechanismen müssen wir in unserer Personalentwicklung bedienen – mit den zuständigen Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern, der Interessensvertretung und der Kollegin selber, mit unserem Gesundheitswesen in Kombination –, um eben solch lange Krankenstände zu verhindern?
Ich brauche nicht zu sagen, wir haben sehr viele Leute, die bei uns sehr jung gehen, die schwere Erkrankungen haben, für die gilt das nicht. Aber wir haben – und das kennen wir ja auch aus der Personalkommission, ja nicht nur hier in dieser Stadt, sondern insgesamt am Arbeitsmarkt – zunehmend diese bedrohliche Kombination aus Erkrankung des Bewegungsapparates, orthopädischen Erkrankungen und psychischen Erkrankungen. Ich glaube, dass wir dem sehr wohl einerseits mit der Gesundheitsförderung, andererseits aber auch mit automatisierten oder standardisierten Prozessen sozusagen entgegenwirken können. Davon bin ich überzeugt. Deswegen werden wir dieses betriebliche Eingliederungsmanagement machen.
Auf der anderen Seite werden wir unseren internen Arbeitsmarkt, diese …, wie wir sie kennen, neu organisieren, denn ich bin überzeugt: Wir haben oft Leute, die werden krank, die haben eine psychische Erkrankung, leiden dann vielleicht auch noch in ihrem Arbeitsumfeld an sozialen Problemen. Wenn du die nimmst und sie woanders hinbringst – und das unter Berücksichtigung ihrer eigenen Existenzsicherung, sage ich auch –, dann können diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor einer neuen Chance, vor einer neuen Aufgabe wiederum auch vollkommen neu aufgehen. Und diese Chance dürfen wir uns als Arbeitgeberin auf gar keinen Fall entgehen lassen. Abgesehen davon, was es uns sozusagen kostet, ist es, glaube ich, wert, in jede einzelne Mitarbeiterin, in jeden einzelnen Mitarbeiter zu investieren.
Was noch wichtig sein wird, ist, dass wir uns auch anschauen: Wir wissen, dass wir, wenn wir in dieser Stadt in die Invaliditätspension gehen, um zwei Jahre älter sind als in der Privatwirtschaft. Was noch dazukommt, ist, dass eigentlich in der Privatwirtschaft niemand aus dem Arbeitsverhältnis heraus in die Invalidität beziehungsweise in die Berufsunfähigkeit geht. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Privatwirtschaft haben meistens zwei bis zweieinhalb Jahre Arbeitslosigkeit hinter sich, bis sie in die Berufsunfähigkeit kommen. Bei uns ist das nicht so. Das ist auch eine soziale Verantwortung, die wir haben und der wir, glaube ich, wirklich auch nachkommen wollen und müssen. Ich glaube, das sieht hier in diesem Haus niemand anders.
Aber jetzt ist diese Debatte auf der Bundesebene mit dieser – ich nenne das jetzt so, wie es im Bund genannt wird – Rehab-Phase. Jetzt kann das bei uns nicht ganz genauso funktionieren, weil wir von der Versicherung her und auch von der Arbeitslosigkeit her nicht dieselben Instrumente haben. Aber die Rehab-Phase selber erscheint auch als durchaus gescheite Idee, und die möchte ich unbedingt umsetzen für die Stadt; denn das könnte bedeuten, dass ich eine Mitarbeiterin habe, die zurückkommt aus einem Krankenstand, die ich vor Ort in eine andere Abteilung, in eine neue Herausforderung versetze und sie dabei unterstütze, die Herausforderung anzunehmen, indem ich ihr Weiterbildung zukommen lasse. Das ist die eine Variante.
Die andere Variante ist, dass die Person so krank ist, dass sie in diesem Prozess der Umorientierung eine Unterstützung auf der gesundheitlichen Ebene braucht; und das erscheint mir als sehr vernünftiges Modell, das wir eben umlegen möchten. Und – da Dr Ulm schon wieder grinst – da rede ich jetzt nicht davon, dass wir das irgendwann einmal machen, sondern wir werden im
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