Landtag, 18. Sitzung vom 22.11.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 74
de erhalten werden soll. Die Abgabe von Handlungsspielraum ist immer schlecht. Dies sind aber in Wirklichkeit nur Ausgangstüren, die am Ende zu keiner Verpflichtung führen.
Ein weiterer Punkt ist der Sanktionsmechanismus. Darüber wurde viel geredet. Bei uns ist das ein Kritikpunkt, andere halten dies für einen Vorteil. Jedenfalls wurde ein Sanktionsmechanismus für den Fall eingerichtet, dass der Bund oder Gebietskörperschaften gegen diesen Stabilitätspakt verstoßen. – Wir glauben, dass dieser Sanktionsmechanismus zahnlos ist. Das Schlichtungsgremium, bestehend aus Bund, Ländern, Gemeinden und Vertretern des Städtebundes und des Gemeindebundes, muss nämlich einstimmig entscheiden, ob ein Land oder eine Gebietskörperschaft bestraft werden soll, und wir glauben nicht – da wir Österreich und die Umstände kennen –, dass das möglich sein wird. Es wird maximal Gespräche geben, bei denen man sich auf das eine oder andere einigt, und deshalb glauben wir nicht, dass das ein wirkungsvoller Sanktionsmechanismus im Hinblick darauf ist, ob die Stabilitätskriterien eingehalten werden oder nicht.
Ich wiederhole noch einmal: Eine unserer Forderungen ist ein einheitliches Haushaltsrecht. Ferner sind wir der Überzeugung, dass dieses unbegrenzte Ende keine richtige Darstellung ist und auch die Nachhaltigkeit des Sanktionsmechanismus aus unserer Sicht nicht gegeben ist.
Meine Damen und Herren! Wir als Freiheitliche Fraktion unterstützen eine konkrete und vernünftige Haushaltskonsolidierung. Es ist mir wichtig zu betonen, dass dies ein ganz wesentlicher Eckpunkt unserer Politik ist.
Wir unterstützen aber nicht die innerstaatliche Umsetzung des EU-Fiskalpaktes und des ESM. Das unterstützen wir ausdrücklich nicht, und deshalb lehnen wir den vorliegenden Stabilitätspakt ab, der für uns nur eine Verlängerung dieses Fiskalpaktes und des ESM darstellt. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg Novak. Ich erteile ihr das Wort.
Abg Barbara Novak (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landeshauptmann-Stellvertreterin! Hohes Haus!
Heute ist hier eine – wie ich glaube – sehr wichtige und bedeutende Debatte abgeführt worden. Es geht heute um das sehr wichtige Thema des Abschlusses des Stabilitätspaktes. Ich möchte Ihnen ein paar Minuten lang noch einmal vor Augen führen, warum wir hier heute eigentlich einen solchen Pakt diskutieren, beschließen und für die nächsten Jahre auf den Weg schicken müssen.
Meine Kollegin Duzdar hat heute in der Früh in der Aktuellen Stunde schon sehr genau und im Detail darauf aufmerksam gemacht, was in den vier Jahren seit 2008 alles geschehen und uns um die Ohren geflogen ist. 2008 hätte wahrlich niemand geglaubt, dass wir vier Jahre später so viele Maßnahmen setzen müssen, um nicht nur Budgets zu konsolidieren, sondern um in Wahrheit auch Schritte zu setzen, um den sozialen Frieden in Europa wieder oder weiterhin herzustellen und aufrechtzuerhalten. Nur diese Maßnahmen werden nämlich das ermöglichen, was eigentlich das ureigenste Ziel der Europäischen Union war, nämlich im Rahmen einer Friedensunion den Frieden auf diesem Kontinent zu erhalten, der auf Basis von sozialem Zusammenhalt und Solidarität geschaffen wurde.
Führen wir es uns in Erinnerung: Auf vollkommen unkontrollierten Finanzmärkten, die vollkommen losgelöst von Realitäten waren, ist mitten in virtuellen Geschäften eine Krise ausgebrochen, die nach Europa herübergeschwappt ist und hier dazu geführt hat, dass man mit ersten Solidaritätsmaßnahmen zunächst die Banken weitgehend retten musste.
Wir leben Solidarität, diese ist für uns nicht nur ein Schlagwort und etwas, das man nur dann einsetzt – wie zum Beispiel die Kollegen von den Freiheitlichen in Kärnten –, wenn es ein Bundesland betrifft, in dem man selber regiert und an der Macht ist. Solidarität bedeutet für uns, dass wir auch damals geholfen und nicht nur eine Bank, sondern ein ganzes Bundesland gerettet haben. Das war nur deshalb möglich, weil auch Wien als Bundesland mitgeholfen hat und weil Wien und viele andere Bundesländer in der Vergangenheit ihr Potenzial behalten haben, indem wir uns nicht in Schulden gestürzt haben, wie es in Kärnten der Fall war. Das war unsere Solidarität. (Beifall bei der SPÖ.)
Jetzt lassen wir genau dieselbe Solidarität auch anderen Ländern in der Europäischen Union zukommen. Es ist dann jene Wirtschaftskrise gekommen, die dazu geführt hat, dass man jetzt über Schuldenabbau und über Schuldenbremsen diskutieren muss. In der Folge hat sich das Bundesland Wien mit einem ganz klaren Bekenntnis und sehr bewusst auf Konjunkturpakete eingelassen, um die Wirtschaft zu stärken, um den Wettbewerb am Standort weiterhin möglich zu machen, um den Unternehmen die Möglichkeit zu geben, weiterhin tätig zu sein und um schlussendlich die Arbeitsplätze zu sichern.
Diese Konjunkturpakete, die wir auch hier im Hohen Haus diskutiert haben, waren immer darauf ausgelegt, am Ende des Tages die Arbeitsplätze zu sichern und die Jugendarbeitslosigkeit nicht ansteigen zu lassen, und sie hatten stets das Wohl der Wienerinnen und Wiener im Blickwinkel. Diese Konjunkturpakete – das haben wir nie verheimlicht – haben auch dazu geführt, dass in Wien Schulden gemacht werden mussten. Wir haben in Anbetracht dieser Schulden immer gesagt, dass wir irgendwann einmal damit beginnen müssen, wieder in Richtung ausgeglichene Budgets zu arbeiten, und wir haben das in den vergangenen zwei Tagen diskutiert: Dieser Weg ist eingeschlagen.
Der Stabilitätspakt ist sozusagen die logische Folge in Europa und in Österreich: Es geht einerseits darum, gemeinsam die Schulden abzubauen beziehungsweise kein Defizit mehr zu machen. Andererseits geht es aber darum, ergänzt durch Reformmaßnahmen, Wachstumsmaßnahmen und all die Maßnahmen, die meine VorrednerInnen schon erwähnt haben, die Wirtschaft zu stärken, um den Standort zu erhalten und schlussendlich die
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