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Landtag, 23. Sitzung vom 05.04.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 3 von 36

 

09.03.59(Beginn um 09.03 Uhr)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Einen schönen guten Morgen!

 

Ich eröffne die 23. Sitzung des Wiener Landtages.

 

09.04.00Entschuldigt sind die Abg Graf, Dr Kickert, Seidl, Stark, Woller durch Krankheit, Ing Leeb, Mag Neuhuber durch Urlaub; Florianschütz und Vettermann sind beide dienstlich verhindert. Abg Lindenmayr ist von 13 bis 17 Uhr verhindert, Abg Ekkamp von 13.30 bis 15.30 Uhr, Abg Novak von 13.30 bis 15.30 Uhr, Abg Gaal ab 14.30 Uhr.

 

09.04.38Wir kommen damit zur Fragestunde.

 

9.04.43†Lhptm Dr Michael Häupl - Frage|

Die 1. Anfrage (FSP - 01161-2013/0001 - KFP/LM) wurde von Herrn Abg Mag Johann Gudenus gestellt und ist an den Herrn Landeshauptmann gerichtet. (Das Bettelunwesen nimmt in Wien dramatische Ausmaße an. Dabei teilen organisierte Bettlerbanden aus Osteuropa sich ihren Herr-schaftsbereich in unserer Stadt auf. Die Bettler und die dahinterstehenden Syndikate werden zunehmend aggressiver. Nicht selten eskaliert die Situation. Es kommt zu Vorfällen, bei denen Menschen verletzt werden wie zuletzt eine junge Mutter, die von einem Bettler auf offener Straße wegen 2 EUR niedergestochen wurde und nur knapp dem Tod entging. Leider hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass ein generelles Bettelverbot nicht zulässig ist. Befürworten Sie zumindest ein Bettelverbot in neuralgischen Bereichen wie Geschäftsstraßen, Schulen, Kindergärten oder U-Bahn-Be-reichen in Wien?)

 

Bitte, Herr Landeshauptmann.

 

Lhptm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter Herr Landtagsabgeordneter! Herr Klubobmann!

 

Ich darf zunächst einmal der guten Ordnung halber feststellen, dass ich Ihr Bedauern über die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes betreffend die Unzulässigkeit eines generellen Bettelverbotes nicht teile. Zur Kenntnis zu nehmen haben wir sie beide, aber wahrscheinlich mit unterschiedlichem emotionellen Zugang.

 

Ich möchte auf der anderen Seite betonen, dass die in Wien getroffenen Regelungen den geltenden Grundrechten und auch den Grundwerten der Gemeinschaft entsprechen und selbstverständlich auch der Verfassung.

 

Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, verbietet das Wiener Landes-Sicherheitsgesetz bestimmte Formen des Bettelns, weil sie von der Gesellschaft zu Recht als verwerflich, gesetzwidrig und störend qualifiziert werden. Der stille Appell an Menschen um eine Spende in einer Notlage kann jedoch schon aus humanen Überlegungen heraus niemals als Unrecht zu qualifizieren sein, das eines Verbotes bedarf.

 

Betteln ist auch kein Verhalten, das automatisch zu gerichtlich strafbaren Verhaltensweisen von Bettlerinnen und Bettlern führt. Es ist daher von einer in Ihrer Anfrage anklingenden zwangsläufigen Verknüpfung des Bettelns, etwa mit Körperverletzungen durch Bettlerinnen oder Bettler, entschieden Abstand zu nehmen. Im Übrigen fallen die Aufklärung und die Strafbarkeit von Körperverletzungen in die Regelzuständigkeit des Bundes, nämlich des Strafrechtes in dem gegenständlichen Fall, und nicht in jene des Landes.

 

Soweit Sie in der Anfrage das organisierte, gewerbsmäßige, aufdringliche und aggressive Betteln ansprechen, so sind dies Verhaltensweisen, die nach dem geltenden Wiener Landes-Sicherheitsgesetz bereits seit Jahren verboten sind. Verboten ist auch, an einem öffentlichen Ort eine unmündige minderjährige Person zum Betteln, in welcher Form auch immer, zu veranlassen oder diese bei der Bettelei mitzuführen. Diese Verbote gelten jedenfalls und unabhängig davon, an welchem öffentlichen Ort in Wien die verbotenen Verhaltensweisen gesetzt werden.

 

Die Bestimmungen des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes werden von der Landespolizeidirektion Wien vollzogen. Wie die Landespolizeidirektion Wien berichtete, waren im Zeitraum vom 1. Jänner 2012 bis 28. Februar 2013 insgesamt rund 1 700 Anzeigen wegen Übertretungen des landesgesetzlichen Bettelverbotes gelegt. Die örtlichen Schwerpunkte der Kontrollen richteten sich nach der Frequentierung durch die Bettlerinnen und Bettler und erfassen insbesondere den 1. Bezirk und die Geschäftsstraßen.

 

Für die Bettelei in den U-Bahn- und Straßenbahn-Bereichen der Wiener Linien stehen das Eisenbahngesetz und die Beförderungsbedingungen des Verkehrsverbundes Ost als Rechtsgrundlage für Wegweisungen bei Verstoß gegen das dortige Bettelverbot und für Strafen zur Verfügung.

 

Was das Ihrerseits angesprochene absolute Bettelverbot für bestimmte Bereiche des öffentlichen Raumes anbelangt, so scheint mir, aber vor allem auch der Sicherheitsdirektion von Wien, dass dies wohl zu einer Umgehung des vom Verfassungsgerichtshof als menschenrechtswidrig erklärten Verbotes des stillen Bettelns in einer Notlage führen würde. Es wäre im Übrigen auch nicht einsehbar und vor allem auch nicht erklärbar, dass für die Wienerinnen und Wiener und die Gäste der Stadt Wien je nach Adresse ein unterschiedliches Schutzniveau gilt. Außerdem würde ein absolutes Bettelverbot an bestimmten Örtlichkeiten das Betteln nicht gänzlich verhindern, sondern nur nach dem Floriani-Prinzip in andere Bereiche der Stadt verlagern, was wir zum Teil ja auch schon real erleben.

 

Ich spreche mich daher gegen ein solch absolutes Bettelverbot aus, nicht zuletzt auch im Einklang mit dem Verfassungsgerichtshof, und befürworte die weitere Intensivierung der Sozialarbeit zur Schaffung von Motivation und Bewusstsein für die Annahme der sozialen Unterstützungen der Stadt Wien. Das heißt, den Weg der gemeinsamen Tätigkeit der Polizei mit Sozialarbeitern fortzusetzen, um neben der Gewährleistung der Einhaltung der landesgesetzlichen Vorschriften auch immer wieder Angebote zu machen für Leute, die unsere Hilfe in der Tat auch brauchen.

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg Mag Gudenus. Ich weise für alle Zusatzfragen darauf hin: längstens zwei Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 

9.09.35

Abg Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub der Wiener

 

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