Landtag, 23. Sitzung vom 05.04.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 36
Freiheitlichen): Danke, Herr Landeshauptmann, für die ausführliche und wohl gut recherchierte Antwort.
Natürlich, es stimmt, dass der Verfassungsgerichtshof in einer Entscheidung festgestellt hat, dass das absolute Bettelverbot, und zwar generell in allen Bereichen, nicht verfassungskonform ist, wohl aber wäre ein Bettelverbot an Orten wie Einkaufsstraßen, in Öffi-Bereichen oder an anderen neuralgischen Punkten, eben ein sektorales Bettelverbot, doch verfassungskonform. Das Prostitutionsgesetz, wonach Prostitution in einigen Bereichen erlaubt ist und in anderen nicht, ist ja auch verfassungskonform. Man könnte hier einen analogen Schluss durchaus gelten lassen.
Der Herr Tatzgern vom Bundeskriminalamt hat ja durchaus zu Recht festgestellt – und das deckt sich auch mit Ihren Ausführungen –, dass es innerhalb von eineinviertel Jahren 1 700 Anzeigen gegeben hat, dass dieses Problem trotz Verschärfung des Landes-Sicherheitsgesetzes in den letzten Jahren zugenommen hat und dass da mafiose Strukturen dahinterstecken. Auch der Herr Ceipek von der Plattform Drehscheibe spricht davon, dass Kinder ausgebeutet werden und dass das Elend der Kinder missbraucht wird, um hier ein Geschäft zu machen.
Meine Frage an Sie: Finden Sie das überhaupt unterstützenswert, dass Kinder oder auch Behinderte, die ja auch immer zum Handkuss kommen und hier ausgebeutet werden, finden Sie es also unterstützenswert, dass diese Menschen von einer organisierten Bettelmafia weiterhin missbraucht und versklavt werden?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Selbstverständlich finde ich das nicht unterstützenswert.
Mein Hilfsangebot oder das Hilfsangebot der Stadt Wien an Leute, die gezwungen sind, ihre Notlage durch Bettelei entsprechend zu überbrücken, also die Hilfsangebote für tatsächlich Hilfsbedürftige haben ja nichts damit zu tun, dass ich auch nur eine Sekunde lang organisierte Kriminalität unterstützen würde. Hier geht es zweifelsfrei natürlich darum, mit Hilfe der Polizei die entsprechenden Maßnahmen zu setzen, aber zum anderen natürlich vor allem darauf zu schauen, dass die Hintermänner, die insbesondere auch über die Unterbringungsmöglichkeiten zu eruieren sind, entsprechend ausfindig gemacht werden. Hier gibt es eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Polizei, aber hier setzen wir auch Eigenaktivitäten, die auf Grund anderer gesetzlicher Möglichkeiten für uns gegeben sind, sodass man nicht nur sozusagen die Oberfläche berührt und das unmittelbar sichtbare Betteln bekämpft, sondern selbstverständlich auch die dahinterstehenden Organisationsstrukturen.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. – Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abg Dr Ulm. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Ich teile Ihre Meinung, dass das Wiener Landes-Sicherheitsgesetz nicht verschärft werden muss, es liegt nur am Vollzug, den man sicherlich noch schärfen könnte. Es ist ja so, dass in Wien das gewerbsmäßige Betteln verboten ist, und die Definition des gewerbsmäßigen Bettelns in § 70 StGB ist sehr aufschlussreich. Dort heißt es nämlich, gewerbsmäßig ist eine Handlung immer dann, wenn sie in der Absicht begangen wird, sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Damit ist klar, in Wien sind 99 Prozent der Bettelformen gewerbsmäßig und somit strafbar, dennoch haben wir es mit sehr viel Bettelei in Wien zu tun, und das ist ganz sicherlich ein unerfreulicher Zustand.
Ich denke auch, dass es jetzt nicht unbedingt was bringen würde, wenn wir Bettelverbotszonen bekämen, wenn die dann auch nicht ausreichend vollzogen werden. Keine Frage, für den Vollzug ist primär die Bundespolizeidirektion Wien zuständig, nichtsdestoweniger sind Sie der Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien, und ich weiß, wenn es einen Missstand gibt, dann finden Sie Mittel und Wege, den zu beseitigen. Sie versuchen es zumindest.
Jetzt geht es um den Vollzug durch einen Bundesbehörde, dennoch frage ich Sie: Welche Wege werden Sie beschreiten, damit das Wiener Landesgesetz besser als bisher vollzogen wird?
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr Michael Häupl: Nun, zunächst einmal ist festzuhalten, dass ich darauf bestehe, dass das Sicherheitspaket zwischen Wien und dem Innenministerium auch entsprechend eingehalten wird. Die Frau Bundesminister für Inneres hat mir in unserem letzten Gespräch, das wir vor wenigen Wochen geführt haben, die unverbrüchliche Treue des Haltens dieses Sicherheitspaktes versprochen und zugesagt. Wir sind allerdings beide der Mathematik, vor allem, da es lediglich Grundrechnungsarten betrifft, mächtig genug, dass ich jedenfalls mit Spannung darauf warte, wie das einzulösen ist. Das dazu.
Aber ohne Scherz: Es besteht natürlich ein ernster Hintergrund. Selbstverständlich bedarf es der Wiederherstellung des Personalstandes der Polizei, wie er vor dem Jahr 2000 gewesen ist, damit diese Aufgabe der Bestreifung vornehmlich auch eingehalten werden kann. Es hilft uns nicht sehr viel, wenn Polizisten im Auto herumfahren, denn dann werden sie dieses Bettlerunwesen nicht bekämpfen können, vor allem nicht die Hintermänner, was mich dabei ja noch mehr interessiert.
Ich biete einmal mehr – und wiederhole es sozusagen auch hier in dieser eingeschränkten Öffentlichkeit des Wiener Landtages – die Kooperation der Stadt Wien gerne an. Über weite Strecken funktioniert das sehr, sehr gut, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt bei diesen Polizeistreifen mitgehen, um jene 2, 8, 10 Prozent der tatsächlich Bedürftigen herauszufiltern und ihnen Hilfe anzubieten und alles zu versuchen, sie in Programme hineinzubringen, die die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt und sohin die Wiedereingliederung in die Gesellschaft entsprechend ermöglichen, es auf der anderen Seite aber auch ermöglicht, dass organisierte Kriminalität in dieser Stadt keinen Platz hat. Das – orga
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