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Landtag, 26. Sitzung vom 27.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 75

 

Leasing gelaufen ist: Man einigt sich auf Kosten eines Dritten. Aber selbst dabei besteht ein Risiko.

 

Ich glaube, wenn man beherzigt, dass einem im Kapitalismus niemand Geld schenkt, dann hat man unglaublich viel gewonnen!

 

In diesem Sinne möchte ich jetzt zum Schluss kommen. Ich freue mich, dass wir heute diesen Antrag über die risikoaverse Finanzgebarung der Stadt Wien beschließen, und ich freue mich zusätzlich auf die Diskussionen im Ausschuss, wie wir das auch für unsere Unternehmen festlegen können. – Ich danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Mag Gudenus. Ich erteile es ihm. (Rufe bei der FPÖ.) Gut. Frau Mag Kappel. – Bitte.

 

14.00.22

Abg Mag Dr Barbara Kappel (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!

 

So viel Einigkeit zu dem Finanzthema, wie heute bei meinen zwei Vorrednern herrschte, das bringt mich direkt selber in Euphorie. Ich habe das eigentlich als sehr positiv empfunden. Ich meine, es ist ein sperriges Thema, aber in Wirklichkeit, so glaube ich, geht es darum, dass wir alle, wirklich alle, wollen, dass risikoavers veranlagt und mit Mitteln der öffentlichen Hand nicht spekuliert wird. Dieser ganz feste Grundsatz und dieser Wunsch eint uns alle.

 

Heute haben wir hier ein Landesgesetz für eine risikoaverse Finanzgebarung vorliegen, ein Landesgesetz, das Spekulation zukünftig verhindern soll. Wenn ich richtig interpretiere, was meine Vorredner gesagt haben – und ich kann mich deren Meinung durchaus anschließen -, nämlich dass das Rollieren von Krediten auch Spekulation ist – vielleicht eine gute Spekulation, Klammer auf, Klammer zu, denn vielleicht geht die Wette ja gut aus, aber doch eine Spekulation –, dann führt sich dieses Gesetz, das wir heute beschließen wollen, schon wieder ad absurdum. Denn das heißt nichts anderes, als dass eine gewisse Art von Spekulation nach wie vor erlaubt ist, nämlich das Rollieren von Krediten, auch wenn dies vielleicht von Vorteil sein mag – ich habe mich nicht gemeldet zum Thema Kreditauflösung –, aber es führt das Spekulationsverbot, das heute beschlossen werden soll, ad absurdum. Deshalb will ich in die Debatte Punkte einbringen, um folgende Fragen zu beleuchten: Welche Verbesserungsvorschläge gibt es? Wo sind Mängel in diesem Finanzgesetz, die behoben werden müssen, um ein Spekulieren mit öffentlichen Mitteln in Zukunft unmöglich zu machen?

 

Die Gemeinde Wien hat in der Vergangenheit aber nicht nur mit dem Rollieren von Schweizer-Franken-Krediten spekuliert. Es stimmt schon, fast jeder hat das gemacht zu der Zeit, und vor Jahren hat man das auch noch nicht als Spekulation bezeichnet. Fast jeder Häuselbauer hat es gemacht, weil die Banken diese Kredite empfohlen haben, und die Gemeinde hat es auch gemacht, weil sie einen Zinsgewinn lukrieren konnte. Das war damals klug, im Nachhinein, nach einer Krise ist man klüger, und heute wird exakt das als Spekulation bezeichnet.

 

Dasselbe gilt für Derivatgeschäfte. Wie heute schon gesagt wurde, wurden Derivativgeschäfte bei der Stadthallenbetriebs GmbH festgestellt. Derivativgeschäfte, nämlich solche ohne Grundgeschäft, waren lange Zeit okay, heute sind sie das nicht mehr, heute ist es Spekulation. Auch das ist passiert im Bereich der Gemeinde Wien!

 

Ebenso waren Cross-Border-Leasing-Transaktionen üblich. Eine Einschau des Kontrollamtes aus 2008/2009 ergab ein Finanztransaktionsvolumen aus Cross Border Leasing im Ausmaß von 2,3 Milliarden US-Dollar. Das war damals, also vor Jahren, vielleicht noch gang und gäbe, heute weiß man, dass das eine Spekulation ärgsten Ausmaßes ist.

 

All diese Spekulationsgeschäfte dürfen heute nicht mehr sein und Sie versuchen nun, das abzubauen und herauszugehen aus der Spekulation. Sie bauen dazu Rücklagen auf, etwa im Rechnungsabschluss 2012, eine Sonderrücklage zur Sicherstellung einer risikoaversen Ausrichtung der Finanzgebarung in Höhe von 13,8 Millionen EUR. Daneben gibt es aus den Vorjahren bereits eine Sonderrücklage aus vorzeitigen Fremdmittelaufnahmen zur Deckung künftiger Abgänge im Ausmaß von 66,5 Millionen EUR.

 

Das heißt, Sie wissen, dass Sie spekulieren und Sie tun auch etwas dagegen. Sie machen es in Wirklichkeit so wie die Banken am europäischen Finanzmarkt, nämlich indem Sie sich sagen, hinauszögern, hinauszögern, hinauszögern. Irgendwann haben Sie dann die 307 Millionen EUR an Wertberichtigungen über Rücklagen abgeschichtet, dann können Sie aussteigen, können Sie glattstellen und dann sind Sie draußen!

 

Und genau dazu zwingt Sie jetzt dieses neue Landesgesetz, das Sie heute beschließen werden und dem wir nicht zustimmen werden aus folgenden Gründen: Dieses Gesetz ist uns nicht weitreichend genug und es gibt keine konkreten inhaltlichen Determinierungen. Es ist überhaupt nicht klargestellt, welche Geschäfte Spekulationsgeschäfte sind und welche nicht. Das heißt, irgendwie kann man alles wieder tun, man kann auch rollieren, die Beurteilung obliegt allein den Verantwortungsträgern in der Gemeinde. Ein Risikomanagement ist bedauerlicherweise, wie es der Kollege Neuhuber auch schon gesagt hat, in dem Ausmaß nicht gegeben. Das heißt also, es gibt keine inhaltliche Determination. Ebenso sind keine Sanktionen vorgesehen – okay, dann hält man das Gesetz halt nicht ein, man spekuliert, es passiert ja eh nichts –, also keine Sanktionen und keine klare Definition von Risikoarten.

 

Weiters fehlen Grundsätze für eine gezielte Aufbau- und Ablauforganisation. Es reicht nicht, wenn man ins Gesetz hineinschreibt, Fremdmittelaufnahmen sind nicht mehr erlaubt, Veranlagungen in Fremdmitteln sind nicht mehr erlaubt, Kreditaufnahme für Veranlagung ist nicht mehr erlaubt oder Derivate ohne Grundgeschäfte sind nicht mehr erlaubt. Nein, es muss ganz klar aufgelistet werden, nämlich auch taxativ aufgelistet werden, was darf ich und was darf ich nicht. Diese Forderung erhebt auch der Rechnungshof, nämlich dass hier viel besser, klarer und genauer definiert werden muss. So wie es

 

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