Landtag, 32. Sitzung vom 30.06.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 66
4 Billionen EUR. Die Fälle sind im Bericht sehr anschaulich präsentiert. Ich meine, es ist eigentlich eine Pflichtlektüre für jede Abgeordnete und für jeden Abgeordneten in diesem Haus! Jeder Fall, meine Damen und Herren, betrifft das Schicksal eines Menschen und seiner Familie!
Zwei Fälle, die mich besonders betroffen machten, greife ich auf:
Bei dem einen Fall geht es um einen Patienten, der in akuter Lebensgefahr schwebte, der durch das couragierte Eintreten eines Taxilenkers, der ihn ins Spital brachte, sowie von zwei sehr bemühten Krankenschwestern gerettet wurde. Insbesondere das Verhalten einiger diensthabender Ärzte ist in diesem Fall sehr schwer zu kritisieren, denn sie wollten den Patienten nicht einmal untersuchen! Der Mann wäre vermutlich am Milzriss innerlich verblutet, wenn nicht die diensthabenden Krankenschwestern auf die Durchführung der Untersuchung bestanden hätten. Es stellt sich in diesem schweren Fall schon die Frage nach disziplinarrechtlichen Konsequenzen und auch nach den Konsequenzen betreffend Spitalsabläufe. Denn es grenzt an ein Wunder, dass dieser Patient überlebt hat!
Ein zweiter Fall: schwere Mängel beim Entlassungsmanagement! Da sind mehrere Fälle festgestellt worden, aber ein Fall ist direkt grotesk!
So wurde eine 85-jährige Dame derart überstürzt in häusliche Pflege entlassen, dass sie noch das Spitalshemd trug sowie den Venenkatheter im Arm stecken hatte, der ihr erst vom Hausarzt im Rahmen eines Hausbesuches entfernt wurde. Ich glaube, Kommentar ist hier überflüssig!
Daher bin ich sehr froh, dass die Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft und natürlich auch die Volksanwaltschaft viele Fälle aufzeigen und bekannt machen, denn sonst hätten viele Patientinnen und Patienten niemals die Chance auf adäquate Entschädigungsleistung. Umso wichtiger ist es daher, dass wir den Bericht der Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft in diesem Haus diskutieren. Ich ersuche wirklich alle Abgeordneten, diesen Bericht als eine Lektüre, die man unbedingt erledigen muss, anzunehmen.
Ich darf daher nochmals, liebe Frau Dr Pilz, dir und deinem Team für die engagierte Arbeit herzlich danken und möchte dich ermuntern, genau in diesem Sinne weiter zu tun! (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.)
Präsident Johann Herzog: Zum Wort gemeldet ist Frau Abg Dr Kickert. Ich erteile es ihr.
Abg Dr Jennifer Kickert (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren!
Auch auf der Galerie begrüße ich die einzige Zuhörerin heute. Ich freue mich, Sie wiederzusehen!
Es geht also, wie gesagt, um den Bericht der Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft.
Ich kann mich dem Dank meiner Vorrednerin an Frau Dr Pilz und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dem Dank über diesen ausführlichen Bericht und in der Detailgenauigkeit manchmal auch durchaus schockierenden Bericht, nur anschließen, Detailgenauigkeit gerade dann, wenn es um Einzelfälle geht, die die Mängel im System so etwas von krass aufzeigen.
Daher sehe ich die Patientenanwaltschaft als Institution und den Bericht von ihr als eine wirklich wichtige Informations- und auch Kontrolleinrichtung der Institution des Gesundheitswesens. Es ist ein ganz wesentlicher Teil des Qualitätsverbesserungsprozesses in der medizinischen Versorgung der Bevölkerung Wiens, nicht nur, weil die schon erwähnten Interventionen, die Sie aufgezählt haben, vor allem, was die Entschädigungen betrifft, an den Institutionen schon dazu führen, dass Abläufe überprüft und im besten Fall dann auch verbessert werden, sondern, dass auch ein hervorgehobenes Augenmerk auf die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Teilen des Gesundheitswesens innerhalb eines Spitals, innerhalb einer Institution, aber auch zwischen den Institutionen, gelegt wird.
Ich bin davon überzeugt, dass Wien mit der Gesundheitsreform 2013 auf dem richtigen Weg ist. Gleichzeitig gibt es noch einiges zu tun. Der Bericht zeigt aus meiner Sicht auch ziemlich deutlich, auf welchen Ebenen noch etwas zu tun ist. Ich möchte zwei Bereiche hervorheben, zwei andere, damit wir uns da nicht wiederholen, als die Frau Kollegin Korosec hervorgehoben hat:
Das eine ist die immer wieder hervorgehobene und immer noch vorhandene Überlastung der Spitalsambulanzen. Eine Spitalsambulanz ist, wie sie heißt, eine Notfallambulanz und sollte tatsächlich dafür genützt werden. Wir wissen, dass es in der Praxis ganz anders ist. Wir wissen, dass die Wartesäle an den Abenden, an den Wochenenden, an den Feiertagen übervoll sind, was hauptsächlich daraus geschuldet ist, dass die niedergelassenen ÄrztInnen ihre Ordinationszeiten tatsächlich in einer Art „nine to five“, aber „only five of seven days“, offen haben und dass das für eine gute extramurale Versorgung deutlich zu wenig ist.
Wir haben aber übervolle Ambulanzen nicht nur wegen nicht besonders patientInnenorienterter Ordinationsöffnungszeiten, sondern wir haben sie manchmal auch deswegen, weil wir in bestimmten Bereichen zu wenig Ärzte und Ärztinnen mit Kassenvertrag haben. Ich zähle jetzt nur zum Beispiel Kinderheilkunde, Gynäkologie, Augenheilkunde auf. Also, auch da braucht es für eine gute Gesundheitsversorgung einfach mehr Schwerpunkte. Ich weiß, die Stadträtin ist in entsprechenden Verhandlungen mit den Sozialversicherungssystemen. Gleichzeitig braucht es da einen deutlicheren Willen, um schneller zu einer Verbesserung der Situation zu kommen, sonst werden wir nicht nur wie in den letzten Jahren, sondern auch in den nächsten Jahren immer wieder diesen Punkt hervorheben.
Einige Fehler, unter anderem dieser beschriebene Fall des Patienten mit dem Milzriss, passieren aber auch, und ich wage da als Laiin den Versuch, das als auf Grund mangelnden Notfallmanagements zu qualifizieren. Ich glaube tatsächlich, dass es wie in anderen Ländern ein standardisiertes und in jeder Notfallklinik anzuwendendes Triage-System braucht. Mehr möchte ich darüber nicht sagen, weil ich gestehe, ich bin eine Laiin, aber soweit ich die Berichte nachvollziehen kann, würde ich
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