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Landtag, 32. Sitzung vom 30.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 66

 

gebracht hat.

 

Es wurde vorgeschlagen, dass die Norm heißt, dass es bei Nichtwohngebäuden eine Solaranlage mit 1 Kilowatt Leistung pro 100 m² geben soll. – So weit die Norm. Jetzt geht man aber darüber hinaus: Wenn ein Bauwerber nämlich nachweisen kann, dass er Energieeffizienzmaßnahmen setzt, die über die Bauordnungsnorm hinausgehen, dann wird diese Solarpflicht auf bis zu 0,3 Kilowatt, also auf rund ein Drittel, reduziert. Bei aller Sympathie für die Solarenergie, durch die sie gewonnen wird, gilt nämlich: Die beste Kilowattstunde ist die, die nicht verbraucht wird.

 

Wo gibt es beim Stromverbrauch, meine Damen und Herren, die größten Zuwachsraten? – Diese finden wir bei Klimaanlagen. Durch intelligentes Bauen kann man das reduzieren. Das können und wollen wir aber nicht nur mit Normen erreichen! Vielmehr müssen da intelligente Architektinnen und Architekten, aufgeschlossene Bauherren und hervorragende Haustechnikplaner zusammenwirken und sich überlegen, wie man ohne Klimaanlagen oder mit kaum einer Klimaanlage, obwohl es draußen heiß ist, eine angenehme Raumtemperatur haben kann.

 

Es gibt in Wien Gebäude, die mir immer ein bisschen merkwürdig vorkommen. Sie stammen aus einer vorökologischen Moderne. Wir alle kennen den Twin-Tower auf dem Wienerberg, der nach Süden, nach Osten und nach Westen riesige Glasfassaden hat. Dort sind nahezu immer überall alle Rollos herunten. – Na klar! Man spürt ja regelrecht, wie dieses Glashaus die Wärme schon im März attrahiert! Ich habe mir die Stromkosten für die Klimaanlagen geben lassen. – Das ist irre!

 

Und im gesamten Kontext importieren wir auch Kohlestrom, der dann in unintelligent gebauten Gebäuden verwendet wird, um innen dieselbe Temperatur zu erzielen, die es draußen hat.

 

Ich nenne Ihnen nun ein positives Beispiel. Der Herr Stadtrat möge mir verzeihen, denn das ist kein Beispiel aus Wien, was keine Missachtung Wiens bedeutet! Ich möchte jetzt ein Gebäude aus Lustenau erwähnen, das sehr heftig diskutiert wird: Es handelt sich um ein Bürogebäude, das sich dadurch auszeichnet, dass es keine Heizung, keine Klimaanlage und keine Lüftung hat. Das Gebäude heißt 2226, was bedeutet, dass es vorgibt, niemals unter 22 Grad im Winter und niemals über 26 Grad zu haben. Kollege Eberle hat es gebaut und nutzt es auch selbst, und ich meine, es ist, nebenbei bemerkt, ein sehr elegantes Gebäude. Jetzt könnte ich ... (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Ist das ein Passivhaus?) Er sagt, es sei kein Passivhaus, weil es keine kontrollierte Be- und Entlüftung hat. Er hat sozusagen die gesamte Intelligenz des Gebäudes in eine sehr dicke 80-cm-Wand gesteckt.

 

Ich will jetzt gar nicht ins Detail gehen, sondern ich will nur sagen: Man kann intelligent bauen, sodass man keine oder wenig Fremdenergie braucht. Und deswegen ist diese Solarregelung so intelligent: Wenn man nachweist, dass man schlauer als die Bauordnung baut, kann man den Solarstandard reduzieren, aber nicht auf null. Das halte ich für eine sehr intelligente, nahezu geniale Regelung. Ich traue mich deswegen, „genial“ zu sagen, weil sie nicht von mir stammt. (Zwischenruf von Abg Ing Mag Bernhard Dworak.)

 

Ich bin mir sicher, wenn wir beide, Herr Kollege Dworak, noch in einigen Jahren hier das Haus weitertreiben werden, dass diese intelligente Lösung von einigen anderen Städten aufgegriffen werden wird. Das ist eine Innovation, die Wien allen Städten weitergibt. – So viel einmal zum Solarstandard.

 

Mein zweiter Punkt betrifft die Balkone: Wenn wir eine Wanderungsbewegung zwischen Wien und dem Umland haben, die zu Wachstum in Wien führt, weil zunehmend Menschen, die das Grüne bisher im Umland gesucht haben, in der Stadt bleiben, dann hat das auch dem privaten Grünraum zu tun. Es gab bisher eine Regelung, dass Balkone nicht straßenseitig errichtet werden dürfen. Fragen Sie aber Immobilienverkäufer, was die Leute suchen: Ein Balkon, eine unglaublich klasse Sache, sei es fürs Rauchen, sei es fürs Tomatenzüchten, sei es zum am Abend draußen Sitzen.

 

Wir haben die Regelung, dass es nicht möglich ist, straßenseitig Balkone zu errichten, noch in Opposition heftig kritisiert. Es gab Sicherheitsüberlegungen, etwa dass ein Blumentopf herunterfallen könnte und andere Vorstellungen. Jetzt ist etwas möglich, was nicht nur Freiraum im üppigen Ausmaß in der Vertikalen ermöglicht, sondern was auch – und darauf möchte ich hinweisen – das Bild der Stadt, wie sich Fassaden und Straßenräume darstellen, grundlegend verändern wird.

 

Wir hoffen, dass die kreative europäische Architektenschaft – ich möchte nicht nur die Wiener Architektenschaft nennen, weil ja nicht nur Wiener in Wien bauen – das aufgreifen wird. Ich glaube, dass das für die Lebensqualität und für die Architektur Wiens einen ganz wesentlichen Durchbruch bedeutet, der schon lange verlangt war.

 

Dritter Punkt, der auf den ersten Blick ein bisschen technokratisch klingt, womit aber jetzt etwas ganz Wesentliches auch in Wien möglich ist, was bisher nur in den Bundesländern, in Deutschland oder in Holland Selbstverständlichkeit war, nämlich die Möglichkeit, städtebauliche Verträge abzuschließen. Warum ist denn das so wichtig? – Es geht dabei darum, wie wir Bauwerber, die etwas wollen, über die Verordnung, die über rote Linien und Bauhöhen zwingt, sozusagen nur den Körper einzuhalten, in Finanzierungsüberlegungen beispielsweise betreffend die Errichtung von Kindergärten, die Gestaltung von Freiräumen bis hin zum Mix aus sozialem und freifinanziertem Wohnbau oder den Erhalt von Grünflächen mit einbeziehen können.

 

Das ist bisher da und dort auf einem rechtlich dünnen Grat auch schon geschehen, aber jetzt ist es möglich, zu sagen: Lieber Bauwerber! Wertes Konsortium! Schließ mit uns einen Vertrag! – Auf der einen Seite entsteht Wert, der auch dem Immobilienentwickler zu Gute kommt, nämlich der Widmungsgewinn, und auf der anderen Seite hat die Stadt etwas davon, denn dieser städtebauliche Vertrag ermöglicht es, in einem fairen Prozess des Dialogs die notwendige Qualität in der Stadt zu ermöglichen.

 

Wir hatten hier – der Herr Stadtrat weiß das – heftige

 

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