Landtag, 32. Sitzung vom 30.06.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 66
weise Stadtrat im Zuge einer mündlichen Anfrage einmal kurz darüber zu sprechen. Der Herr Stadtrat konnte mich damals nicht wirklich überzeugen. „Förderbar“ bedeutet, dass ein Gebäude bestimmte technische Kriterien erfüllen muss. So weit, so gut. Es bedeutet aber natürlich nicht, dass das zu errichtende Gebäude auch tatsächlich gefördert wird.
Und das ist der springende Punkt, meine Damen und Herren! Die vielen medialen Ankündigungen der Stadtregierung, günstigeres Wohnen zu schaffen, sind damit nämlich hinfällig, und von leistbarem Wohnen kann dann überhaupt nicht mehr gesprochen werden. Die Stadtregierung macht sehr gerne den – wie ich meine – Fehler, grundsätzlich leistbares Wohnen mit geförderten Wohnungen gleichzusetzen, und das stimmt ohnehin nicht, weil ja auch Genossenschaftswohnungen zum „geförderten Wohnen“ gehören, aber keineswegs leistbar sein müssen. Und beim „förderbaren“ Wohnen trifft diese Leistbarkeit noch viel weniger zu.
Ich gehe davon aus, dass die Kriterien für förderbaren Wohnbau in der Praxis ohnehin zum Tragen kommen, und damit wäre dieser Punkt baurechtlich sowieso irrelevant. Sozial, meine Damen und Herren – und da müssen Sie mir wohl recht geben! –, werden aber vollkommen falsche Erwartungen erweckt. Daher sollte man meines Erachtens „förderbar“ in der Bauordnung durch „gefördert“ ersetzen. Ich bringe daher wiederum gemeinsam mit meinen Kollegen Präsident Herzog, Mag Kasal und Dr Wansch folgenden Abänderungsantrag ein:
„In der Bauordnungsnovelle 2014 wird der Begriff ‚förderbar‘ durchgehend durch den Begriff ‚gefördert‘ ersetzt.
In formeller Hinsicht ersuche ich um sofortige Abstimmung.“ (Beifall bei der FPÖ. – Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Das ist verfassungswidrig!)
Aber ich kann mir schon denken, was dahintersteckt! Offenbar ist dieses „förderbar“ anstelle von „gefördert“ nichts anderes als ein Kniefall vor den Wohnbaugenossenschaften, die letztlich eine Zweckbindung fürchten müssen. Es mindert schließlich die Gewinnchance, wenn diese Genossenschaften bereits Vorsorgeflächen erworben haben. Es verhält sich doch so, dass tatsächlich nur Grundstücke gefördert werden können, deren Baugrundkosten nicht mehr als 250 EUR betragen. Wir alle wissen aber, dass es solche Grundstücke im Raum Wien praktisch nicht mehr beziehungsweise nur dort gibt, wo die Gemeinde Wien Flächen zur Verfügung stellt.
Aber: Bei Umwidmungen von Grünland in Bauland kann eine solche Bestimmung den Grundpreis natürlich auf diese 250 EUR erhöhen. Und wer profitiert davon? – Der bisherige Grundeigentümer, zum Beispiel eine Genossenschaft, wenn sie, wie gesagt, schon Vorsorgeflächen erworben hat.
Wenn Sie, meine Damen und Herren von Rot und Grün, ein soziales Gewissen haben, dann stimmen Sie diesem Abänderungsantrag bitte zu! (Beifall bei der FPÖ.)
In dieser Bauordnungsnovelle hat ein ganz wesentlicher Punkt überhaupt keine Berücksichtigung erfahren, nämlich die Erhaltung historischer Ortskerne und Siedlungsgebiete. Ich bedaure das sehr, denn ich habe Vorschläge dazu übergeben, aber offenbar erfolglos! Für die Mehrheitspartei in diesem Haus hat eine solche Haltung – wie ich sehe – leider keinen Stellenwert. Man hätte etwa – und so lautet auch der Text meines vierten Abänderungsantrages – im § 81 verankern können, dass in Bauklasse I bis 7,5 m keine 2 Dachgeschoße erlaubt sind und nur ein Drittel der Frontlänge Dachgauben sein dürfen. Und man hätte auch festlegen können, dass für jedes Bauvorhaben von einem unabhängigen Sachverständigen ein Ortsbildverträglichkeitsgutachten erstellt werden muss, wobei dieses Gutachten dann auch Gegenstand der Bauverhandlung sein müsste. Ich bringe einen entsprechenden Abänderungsantrag ein:
„Der Landtag wolle beschließen: Die Bauordnungsnovelle 2014 wird dahin geändert, dass § 81 um eine Z 8 ergänzt wird: ‚In Bauklasse I bis 7,5 m sind keine 2 Dachgeschoße erlaubt. Nur ein Drittel der Frontlänge dürfen Dachgauben sein. Für jedes Bauvorhaben ist ein Ortsbildverträglichkeitsgutachten eines unabhängigen Sachverständigen einzuholen, das auch als Gegenstand der Bauverhandlung gilt.‘
In formeller Hinsicht ersuche ich auch hier um sofortige Abstimmung.“ (Beifall bei der FPÖ.)
Tatsächlich ist es nämlich so, dass mit dieser Bauordnungsnovelle ab jetzt die Bauklassenbeschränkung praktisch aufgehoben ist, weil im Umweg über die Dachgauben um ein Geschoß erweitert wurde. Eine Dachgaube ist praktisch ein Bereich im Dachgeschoß, und wenn jetzt ein Großteil der Dachfläche als Gaube ausgestattet werden kann, dann werden das die Bauträger mit Sicherheit – das können Sie mir glauben – auch tun, und de facto wird damit ein Gebäude um ein Stockwerk höher. – Sie haben aber jetzt noch die Möglichkeit, sich zu besinnen und meinem Abänderungsantrag im Sinne der Erhaltung des Ortsbildes und der Ortsbilder zuzustimmen.
Abschließend – ich habe doch nicht lange gebraucht, wie Sie befürchtet haben! – möchte ich sagen: Ich denke, ich habe ausreichend begründet, warum wir diese Bauordnungsnovelle ablehnen werden. Hätten Sie Vorschläge von uns einfließen lassen, dann wäre der eine oder andere Kompromiss möglich gewesen. Da wir aber vor vollendete Tatsachen gestellt wurden, haben wir auch keine andere Wahl: Schließlich weist diese Bauordnungsnovelle bei kritischer Betrachtung doch eine Reihe von Punkten auf, die letztlich wieder zu Lasten der Wohnbevölkerung gehen, und dafür, meine Damen und Herren, sind wir nicht zu haben. – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Marianne Klicka: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dipl-Ing Al-Rawi. Ich erteile ihm das Wort.
Abg Dipl-Ing Omar Al-Rawi (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Landesrat! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es ist mir eine besondere Ehre, dass ich zum ersten Mal auch in Wohnbauangelegenheiten hier das Wort ergreifen kann, weil es dieses Mal um eine Entscheidung
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