Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 85
volle Arbeit, die sie im Interesse der Bürgerinnen und Bürgern tun! (Beifall bei der ÖVP.)
Dank aber auch den unglaublich engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Volksanwaltschaft. Ich weiß, wie engagiert und mit welcher sozialen Kompetenz die Arbeit geleistet wird.
Die Berichte der Volksanwaltschaft sind Gradmesser für die Art und Weise, wie die Verwaltung mit den Bürgerinnen und Bürgern, denen sie dienen soll, umgeht. Das heißt, die Volksanwaltschaft ist tatsächlich ein Sprachrohr für den Bürger. Wenn man sich die vielen Fälle anschaut, sind es, wenn ich es jetzt bundesweit sehe, fast 20.000 Fälle, die im Jahr 2014 bearbeitet wurden, also die höchste Anzahl in der Geschichte der Volksanwaltschaft. Aber auch im Wiener Bereich sind 1.176 Beschwerdeaufkommen gewesen, also eine Steigerung um 11 Prozent. Abgeschlossen wurden dann sogar mehr als 20 Prozent. Das ist schon eine Fülle. Das ist natürlich auch, und das möchte ich sehr positiv sehen, weil die Öffentlichkeitsarbeit der Volksanwaltschaft unglaublich gut ist. Das ist auch richtig so. Tue Gutes und rede davon. Auch das Besucherzentrum, die Homepage sind Dinge, die dazu dienen, dass der Bürger stärker auf die Volksanwaltschaft aufmerksam wird und sich dann natürlich ihrer bedient.
Nachdem wir 34, also ein Drittel, neue Abgeordneter haben, kann ich Ihnen nur empfehlen, den Bericht der Volksanwaltschaft jedes Jahr sehr aufmerksam zu lesen. Er ist eine Fundgrube, und man kann hier sehr viel lernen. Man ist aber auch oft sehr erstaunt, wenn man das einige Jahre tut, welche Fehler passieren und wie oft sie vorkommen. Wenn Sie fünf Berichte sehen, dann können Sie in manchen Bereichen immer wieder die gleichen Fehler entdecken.
Damit komme ich zu konkreten Fällen in aller Kürze:
Ein sehr obskurer Fall ist die Lohnpfändung nach einem Rettungseinsatz. Ich meine, gerade die SPÖ sagt dann zwar immer wieder, dass Rettungseinsätze kaum verrechnet werden, höchstens bei Touristen, ansonsten zahlt es die Sozialversicherung. Das kann aber nicht stimmen, weil in fast jedem Jahr finden wir Fälle bei der Volksanwaltschaft oder bei der Patientenanwältin, wo eben Betroffene zur Zahlung verpflichtet werden. Da ist insofern ein Fall, wo eine Dame, eine Passantin, auf der Mariahilfer Straße zusammengefallen ist, ohnmächtig wurde. Passanten haben die Rettung geholt. Es hat sich dann herausgestellt, es war ein leichter Kollaps. Die Rettung fuhr wieder weg. Also, die Dame kam nicht ins Spital. Dann hat sie ein Jahr lang nichts gehört. Nach einem Jahr hat sie dann die Aufforderung zur Zahlung bekommen. Sie hat einen Einspruch gemacht. Dann ist wieder lang nichts passiert. Dann wurde sie plötzlich zu ihrem Dienstgeber zitiert, weil eine Lohnpfändung vorgelegen ist. Die Volksanwaltschaft hat das Ganze natürlich geregelt, aber ich muss schon sagen, die MA 70 hätte sich natürlich selbstverständlich, bevor eine Lohnpfändung weggeschickt wird, mit der betroffenen Person in Verbindung setzen müssen.
Auch ein Fall der MA 10 - Kindergärten ist sehr problematisch. Hier geht es um eine Rücknahme der Zusage eines Krippenplatzes für ein chronisch krankes Kind. Die MA 10 zog diese Zusage zurück, weil sich herausgestellt hat, dass das Kind Diabetes hat und eine gewisse medizinische Betreuung notwendig ist. Jetzt weiß ich schon, es ist nicht ganz einfach, weil natürlich die PädagogInnen medizinisch nicht geschult sind. Allerdings glaube ich schon, dass es notwendig ist, dass man da auch Vorsorge trifft. Die Stadt Wien scheut sich seit Jahren davor, Kindern mit chronischer Erkrankung den Besuch eines normalen Kindergartens zu ermöglichen. Stattdessen wird lieber der Besuch einer Spezialeinrichtung für behinderte Kinder angeboten. Das ist für eine Weltstadt Wien, wo bereits der Kindergartenbesuch eines Kindes mit Diabetes eine scheinbar unüberwindliche Hürde darstellt, glaube ich, nicht in Ordnung. Auch hier hat es Anregungen der Volksanwaltschaft gegeben. Ich hoffe, das ist damit in Zukunft erledigt.
Nun komme ich zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung, die auch meine Kollegin Meinl-Reisinger angeführt hat. Da spricht die Volksanwaltschaft der MA 40 durchaus Lob für eine gute Zusammenarbeit aus. Gleichzeitig werden aber, wie ich am Anfang gesagt habe, bei der Vollziehung der Mindestsicherung die gleichen Missstände wie in den letzten Jahren festgestellt. Es heißt in zahlreichen Fällen: zu Unrecht nicht zuerkannt, Berechnung des Leistungsanspruches falsch, die Mitarbeiter waren zu wenig geschult, et cetera. Wenn man es zusammenfasst, gibt es eine Menge Flüchtigkeitsfehler bei der Bearbeitung der Anträge und sie dauern länger als gesetzlich erlaubt. Sie wissen, gesetzlich sind maximal drei Monate vorgesehen. Sie dauern oft fünf bis sechs Monate. Da ist Handlungsbedarf vorhanden.
Nun komme ich grundsätzlich zur Mindestsicherung, die wir bei der Budgetdebatte, auch gestern in der Fragestunde und heute behandelt haben. Ich möchte noch einmal mit Nachdruck sagen, weil immer gesagt wird, die ÖVP will die Mindestsicherung weg haben, wir, die Bundes-ÖVP und die Wiener ÖVP, bekennen uns mit allem Nachdruck zu einer Bedarfsorientierten Mindestsicherung als notwendiges soziales Netz für Menschen, die unabhängig von der Ursache die Unterstützung der Solidargemeinschaft brauchen. Aber für uns war und ist klar, es muss ein Sprungbrett und keine Hängematte sein. Ich bitte Sie von der rot-grünen Koalition schon, die Realität zu sehen und nicht die Augen zu verschließen, denn unter dem Schlagwort soziale Gerechtigkeit werden mangelnder Einsatz und fehlende Leistungsbereitschaft gefördert, sogar belohnt! Das ist einer der Gründe, warum unser Sozialsystem in eine Schieflage geraten ist. Warum sollen Männer, Frauen, die in einem aktiven Job weniger verdienen oder nicht mehr verdienen, als sie in Summe mit den Sozialleistungen, Gebührenbefreiungen, Förderungen von Steuergeld erhalten, arbeiten gehen? Ich habe Ihnen bei der Budgetdebatte das eine Beispiel gesagt, eine Familie mit zwei Kindern, beide sind Sozialhilfebezieher, haben ein Nettoeinkommen von 1.940 EUR, dann kommt noch die Kinderbeihilfe dazu. Wenn der Mann oder die Frau arbeiten würde, wäre mindestens ein Bruttoeinkommen von 3.100 EUR notwendig,
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