Landtag, 2. Sitzung vom 17.12.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 85
um das rückgängig zu machen. Daran sieht man aber, wie schwer sich teilweise auch die Behörde damit tut.
Wir hatten auch viele Mitteilungen aus den Wahlsprengeln, insbesondere auch aus Sprengeln mit Pensionistenwohnhäusern. Viele Pensionisten sind gekommen und wollten wählen, es wurde ihnen jedoch mitgeteilt, dass für sie eine Wahlkarte beantragt wurde. Und das ist nicht einmal geschehen! Wir haben das teilweise auch in den Sprengelprotokollen protokollieren lassen, wobei auch nicht jeder mitbekommt, wie das zu machen ist. – Das ist jedenfalls auch ein Problem! Es spricht schon für sich, wenn man gar nicht weiß, dass für einen eine Wahlkarte beantragt wurde. Und wir wissen ja, dass man das sehr schnell machen kann.
Eine andere Zahl: Ich habe vorher schon von dem Problem der Nichtigkeit gesprochen und bringe Ihnen jetzt ein Beispiel aus der Donaustadt, denn Zahlen sind nicht geheim: Dort sind 14.313 Briefwahlkarten eingelangt, und 1.115 davon sind nichtig, also knapp 8 Prozent. Das ist nicht irgendetwas! Über 1.000 Stimmen sind nichtig! Ich glaube nicht, dass alle davon im Sinne des Wählers nichtig sein sollten! Das ist aber Tatsache. Damit muss man sich auseinandersetzen und sich überlegen, wie man das besser machen kann.
Schließlich noch eine Tatsache, wiederum aus der Donaustadt: Auf Grund der großen Anzahl von über 14.000 eingelangten Wahlkarten sah sich der Bezirkswahlleiter gezwungen, zur Auszählung 26 Arbeitsgruppen zu je 3 Personen bilden zu lassen, die auf mehrere Zimmer verteilt wurden. – Dafür habe ich Verständnis, denn er kann ja gar nicht anders vorgehen! – Den Beisitzern war praktisch nur die stichprobenweise Beobachtung der Arbeitsgruppen möglich. In Anbetracht dessen wird auch keiner erzählen, dass die politischen Vertreter dann wirklich alles überprüfen können, wie es eigentlich sein sollte. Das geht nicht! Ich hoffe, das wird keiner hier behaupten!
Das Ganze hat dann auch in Leopoldstadt seinen Niederschlag gefunden. Ich mache wirklich auch dem Bezirkswahlleiter der Leopoldstadt keinen Vorwurf! Offensichtlich ist auch da etwas falsch gelaufen, aber der hatte halt das Pech, dass der Abstand dort wirklich knapp war und das relevant geworden ist. Ich weiß nicht, was in anderen Bezirken passiert wäre oder wenn man das noch einmal nachgeprüft hätte! Jedenfalls sind dort nachträglich plötzlich 100 Stimmen für die ÖVP auf Grund unseres Ansuchens auf Nachzählung aufgetaucht. – Ihr seid uns eh noch was schuldig!
Das kann es ja auch nicht sein! Vorher waren es, glaube ich, 85 oder 86 Stimmen zu wenig, und dann waren es 25 oder 23 zu viel. – All das ist wirklich ein Problem! Man kann jetzt natürlich sagen, Kowarik soll reden! Aber aus meinem Verständnis, dass das Wahlrecht wirklich der sensibelste Bereich unserer Rechtsordnung ist, kann man das nicht einfach so hinnehmen!
Leider Gottes ist die diesbezügliche Diskussion jetzt auf dieses Forum reduziert. Das ist zwar auch schon etwas, das hätte aber anders verlaufen können!
Welche Veränderungsmöglichkeiten gibt es? – Ich möchte mich da jetzt auch nicht weiß Gott wie verbreitern, aber eine Möglichkeit wäre zum Beispiel, dass man normiert, dass man zumindest beim Beantragen, beim Abholen oder bei der Wahl selbst beziehungsweise beim Abgeben der Wahlkarte persönlich vor der Wahlbehörde erscheinen muss. Wer nicht persönlich erscheinen kann, für den gibt es sowieso die fliegende Wahlkommission! Es ist also kein Argument, dass man sagt, dass die Betroffenen alle von der Wahl ausgeschlossen werden. Das stimmt doch nicht! Die fliegende Wahlbehörde hat immer weniger zu tun, früher war sie sehr oft und sehr lang unterwegs, jetzt wird das immer weniger, was eh klar ist. Diese Möglichkeit wäre aber jedenfalls gewährleistet.
Und wenn jemand persönlich wirklich nicht kann, dann soll er eine beglaubigte Vollmacht ausstellen, dass jemand anderer das für ihn abholen kann. Wählen muss er schon selbst, aber er soll zumindest einmal vor einer öffentlichen Urkundsperson sagen müssen, ja, ich will das. – Das sage ich jetzt nicht, weil ich dem Notarsstand angehöre, sondern deshalb, weil somit gewährleistet ist, dass eine Überprüfung stattfindet.
Wir haben ja auch das Problem der nicht geschäftsfähigen Wähler. Der Gesetzgeber hat sich dazu entschieden, auch nicht Geschäftsfähigen ein Wahlrecht zu geben. Das ist Rechtsbestand. In Anbetracht dessen könnte man natürlich damit argumentieren, warum ein Säugling dann kein Wahlrecht hat. Das aber nur nebenbei. Meine vierjährige Tochter weiß womöglich schon, wen sie wählen will, hoffentlich mich, ich weiß es nicht! Aber ich denke, dass Sie verstehen, was ich meine!
Das ist tatsächlich ein Problem. Wenn jemand schon so reduziert ist – um es einmal so zu formulieren – und es schwer erkennbar ist, ob er überhaupt einen Willen äußern kann, dann wird er sich auch schwer tun, eine Wahlkarte zu beantragen oder jemandem eine Vollmacht zu geben, für ihn eine Wahlkarte zu beantragen. Das sollte meines Erachtens doch ein bisschen objektiviert werden. Das ist eine Diskussionsgrundlage, das muss ja nicht eins zu eins umgesetzt werden, aber das sollten wir uns schon überlegen.
Nun zur Auszählung der Briefwahlstimmen: Man könnte auch auf Bezirkswahlbehörde, um nicht den anderen Wahlordnungen immer hinterherzuhinken, einmal etwas präsentieren und gesetzlich vorsehen, was weisungs- oder richtungsgebend für andere Wahlordnungen ist, etwa dass man auf Bezirkswahleben mehrere Unterwahlbehörden einrichtet. Das wäre eine Überlegung! Man könnte die Bezirkswahlbehörde sozusagen ein bisschen auffetten beziehungsweise aufpoppen, damit es dort mehr Parteienvertreter gibt.
Die Zahl aus der Donaustadt ist nämlich, wie gesagt, wirklich erstaunlich! Die Auszählung von 14.000 Wahlkarten geht nicht mit den 9 Personen, die dort in der Bezirkswahlbehörde sitzen, und wenn man noch die Ersatzbeisitzer dazunimmt, dann sind es 18 Personen. Eine seriöse Überprüfung wird so aber jedenfalls nicht funktionieren!
Da ist jetzt auch kein Vorwurf an die Beamten, die das auszählen. Die müssen das ja klarerweise tun! Aber es ist eben auch nicht gewährleistet, dass die Parteien dort ein Überprüfungsrecht haben.
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