Landtag, 38. Sitzung vom 27.03.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 64
höre von Ihnen nur „demokratisch“. Ich werde zum Thema „Demokratisch“ in dreierlei Hinsicht was sagen: Erstens einmal, ob es demokratisch ist, wenn man einen Initiativantrag im Ausschuss nicht in Behandlung nimmt, nicht darüber diskutieren kann. Zweitens einmal, wenn man eine doppelte Mehrheit verlangt. Und drittens einmal, wenn die Stadträtin mitwirken muss, damit ein Initiativantrag überhaupt weiter in den Landtag kommen kann.
Skandal Nummer 1: Ausschuss 6. März. Es wurden die Initiativanträge der Opposition, die schon teilweise im Herbst eingebracht wurden, in der Art und Weise in Behandlung genommen, dass man sie lediglich auf die Tagesordnung gesetzt hat, allerdings eine Debatte und Diskussion, geschweige denn eine Abstimmung nicht zugelassen hat. Was sagt uns die Geschäftsordnung dazu? Im § 30b Abs 3 steht: „Der Ausschuss hat die ihm zugewiesene Vorlage innerhalb von zwei Monaten nach der Zuweisung in Behandlung zu nehmen.“ Wie interpretiert die SPÖ „in Behandlung nehmen“? Sie interpretiert es so, dass man es lediglich auf die Tagesordnung zu setzen hat, dass aber eine Debatte dazu nicht zulässig ist und dass nicht einmal ein Aufruf dazu erfolgen kann. Ich kann mich also noch genau erinnern, die Kollegen von der FPÖ haben noch stärker darauf gedrungen als ich, dass diese Geschäftsstücke aufgerufen werden, und die Vorsitzende des Ausschusses, die Frau Kollegin Berger-Krotsch, hat gesagt: „Ich rufe sie einfach nicht auf!“ Ich rufe sie nicht auf! Obwohl sie auf der Tagesordnung stehen, lasse ich über sie nicht debattieren, geschweige denn abstimmen! Also ich meine, das ist ja eine Ungeheuerlichkeit der Sonderklasse! Ich weiß nicht, was daran demokratisch sein soll! Sie wollen offensichtlich die Initiativanträge nicht einmal im Ausschuss debattieren, wenn sie Ihnen nicht passen. Skurril war ja auch die Begründung, die wir dann vom zuständigen Rathausjuristen bekommen haben, der tatsächlich der Meinung war, dass man unter „in Behandlung nehmen“ nicht einmal Debattieren und Diskutieren verstehen muss. Diese Gesprächs- und Debattierverweigerung zu Initiativanträgen im Ausschuss ist jedenfalls einmal nicht demokratisch! (Beifall bei ÖVP, FPÖ und von den Abgen Dipl-Ing Martin Margulies und Mag Martina Wurzer.)
Nicht demokratisch ist es auch, wenn Sie jetzt meinen, und das hat ja einen Grund, warum das die Vorsitzende so gemacht hat: Man wollte sich nämlich das Niederstimmen ersparen. Man hat sich nicht getraut, es im Ausschuss niederzustimmen, weil dann offenbar geworden wäre, dass Sie von einer doppelten Mehrheit reden, die erforderlich ist für Gesetze nämlich im Landtag und im Ausschuss, was natürlich mit der Wiener Stadtverfassung nicht in Einklang zu bringen ist. Denn wie ein Gesetz entsteht, das steht in der Wiener Stadtverfassung, und zwar im § 116. Dort steht, dass es im Wesentlichen eines Beschlusses des Landtages bedarf, und dann muss es auch noch eine entsprechende Kundmachung und eine Gegenzeichnung geben, und mehr ist nicht erforderlich. § 116 Abs 1 der Wiener Stadtverfassung: „Zu einem Landesgesetz ist der Beschluss des Landtages, die Beurkundung durch den Landeshauptmann, die Gegenzeichnung durch den Landesamtsdirektor und die Kundmachung durch den Landeshauptmann erforderlich.“ Und sonst nichts! Sie können keine weitere Hürde einziehen, indem Sie verlangen, dass es im Ausschuss auch noch einmal eine Mehrheit geben muss! Denn wenn Sie das verlangen, dann machen Sie mit Ihren 44 Prozent viel mehr, als dass Sie 49 Prozent der Mandate bekommen. Dann verhindern Sie natürlich wirklich mit Ihren 44 Prozent und vielleicht sogar mit 40 Prozent, wenn Sie im Ausschuss nur einen Gleichstand brauchen, dass eine andere Mehrheit zustande kommt und eine andere Mehrheit eine Gesetzesinitiative durchbringen kann. Sie haben es tatsächlich versucht, wir haben das in den letzten Tagen und Wochen erlebt. Sie wollten uns das weismachen. Sie müssen heute nicht mehr, so scheint es jedenfalls, den Beweis dafür erbringen. Die Peinlichkeit scheint für alle Zeiten am Ausschuss anzuhaften, denn Sie haben sich eine elegantere, wie Sie meinen, Methode einfallen lassen und haben einen Abgeordneten einer anderen Fraktion angeworben, damit es diese Mehrheit von 51 von 100 nicht gibt.
Aber auch noch etwas wichtiges Weiteres hätte diese Geschäftsordnungsveränderung in Zukunft klargestellt, nämlich dass es selbstverständlich keine Blockademöglichkeit durch eine Stadträtin geben darf, damit ein Initiativantrag nicht in den Landtag kommt. Es ist ja völlig absurd, woher dieser Gedanke kommt, dass es so ein Recht seitens eines Exekutivorgans geben kann. Dazu findet sich ja auch selbstverständlich nichts im Landtag. Dazu findet sich selbstverständlich auch nichts in der Geschäftsordnung, denn dort steht überhaupt nichts anderes, als dass die Gesetzesvorlage in Behandlung zu nehmen ist und dann kommt der Abs 4: „Beschließt der Ausschuss, eine Gesetzesvorlage dem Landtag vorzulegen, so wird die Vorlage dem Präsidenten übermittelt und die Vorlage kommt in den Landtag.“ Dass es hier eines Stadtrates bedürfen würde, damit eine Gesetzesinitiative stattfinden kann, davon kann keine Rede sein. Und es ist sehr befremdlich, dass es Ihnen auch gelungen ist, ein zumindestens mündliches Rechtsgutachten in der Ausschusssitzung zu erlangen, das diese Meinung noch bestärkt hat. In der schriftlichen Nachreichung hat man es sich natürlich nicht mehr getraut, das zu sagen und vor allem das zu schreiben. Für ÖVP, FPÖ und GRÜNE ist dieses Thema eine Selbstverständlichkeit. Aber ich appelliere ja jetzt auch noch immer an die Landtagsabgeordneten der SPÖ: Was haben Sie denn für eine Verständnis als Abgeordnete? Wie fühlen Sie sich eigentlich als Abgeordnete? Wie fühlen Sie sich, wenn Sie Ihre Aufgabe wahrnehmen?
Für Sie sind der Parlamentarismus und das Abgeordnetendasein nichts, für Sie ist die Partei und das Befehle Empfangen von oben alles. (Beifall bei der ÖVP und der FPÖ.)
Das ist doch wirklich naheliegend. Sagen Sie, wie kann ich als Landtagsabgeordneter, wie kann ich als Abgeordneter auf die Idee kommen, dass meine Gesetzesinitiative durch die Exekutive blockiert werden kann? Sie stellen sich ein Parlament vor, das ausschließlich Regierungsvorlagen abnimmt! Ich mache Sie darauf
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