Landtag, 40. Sitzung vom 02.07.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 53
Flüchtlings ist immer wieder von rechter Seite so gekennzeichnet, dass sie eine Last für dieses Land wären. Diese Menschen, die seit dem Jahr 1945 nach Österreich gekommen sind, sind mittlerweile seit Generationen in diesem Land und haben dieses Land auch aufgebaut. Viele Flüchtlinge haben hier Betriebe gegründet und viele Flüchtlinge gehen auch einer geregelten Arbeit nach. Und ich glaube, Herr Juraczka, eines der wesentlichen Probleme ist, die Menschen zum Nichtstun zu verurteilen, das ist, glaube ich, ein falscher Ansatz. Wir nehmen ja die Grundversorgung, das kostet den Staat Geld, das heißt, wir müssen den Leuten die Möglichkeit geben, arbeiten zu gehen, damit sie die Tageszeit anders gestalten können, damit sie auch für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Das ist der richtige Ansatz. (Abg Mag Wolfgang Jung: Ihre Partei will das aber nicht. Fragen Sie den Hundstorfer!) – Ja, ich bin für das Arbeitsrecht für Flüchtlinge, und dieses Land sollte das so schnell wie möglich auch gewährleisten. (Beifall bei der SPÖ.)
Schauen Sie, ich rede als Klubunabhängiger, und auch als Parteifreund kann man unterschiedliche Meinungen haben. Und ich bin dafür, sage ich jetzt einmal, dass auch die Zeltstädte so rasch wie möglich wegkommen. (Beifall bei der SPÖ.) In welchem Land leben wir, bitte, dass Menschen in Zeltstädten leben müssen? – Das ist abzulehnen, das ist schäbig, das sollten wir schleunigst verhindern, weil wir ja genug Leerstand in diesem Land haben, um diese Menschen in Unterkünften unterzubringen. Zeltstädte gehören weg und wir müssen gemeinsam – ÖVP, SPÖ, die GRÜNEN, alle anderen, die außerhalb der FPÖ in der politischen Landschaft unterwegs sind – dafür sorgen, dass die aufnahmefreundliche Stimmung zu Flüchtlingen nicht gekippt wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Unruhe im Saal.)
Präsidentin Marianne Klicka: Zu Wort gelangt Herr Abg Dr Ulm. – Ich erteile ihm das Wort.
Darf ich bitte wieder um etwas mehr Ruhe ersuchen.
Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren!
Herr Kollege Akkilic, Sie werden es subjektiv persönlich nicht für möglich halten, aber ich sage Ihnen, wenn die aufnahmefreundliche Stimmung in Österreich zurückgeht, dann mag das zum Teil auch an der Politik der FPÖ liegen, es liegt aber auch zu einem Gutteil an Ihrer Politik und an der Art und Weise, wie Sie diese Politik versuchen hinüberzubringen. Sie polarisieren als – fast möchte ich sagen – idealer Repräsentant von Rot-Grün, aber das ist wahrscheinlich zu sarkastisch, ja, Sie symbolisieren als Vertreter von Rot-Grün eine extreme Position und eine emotionale Position, wie sie natürlich auch von der FPÖ heute wieder zu bemerken war. Denn natürlich haben wir in Österreich ein Problem, wenn 70 000 Menschen einen Asylantrag stellen. Und selbstverständlich gibt es auch Grenzen in den Möglichkeiten eines Wohlfahrtsstaates. Es gibt Gesetze, die einzuhalten sind. Und selbstverständlich gibt es auch illegale Zuwanderung und selbstverständlich gibt es die Zuwanderung in das Sozialsystem.
In dieser Situation hilft es uns jetzt aber überhaupt nicht weiter, die Debatte zu emotionalisieren und die Debatte zu polarisieren. Ich bin da ja dem StR Juraczka für seinen Debattenbeitrag sehr dankbar, denn er hat eigentlich den wichtigsten politischen Maßstab an die Spitze gesetzt, nämlich die Vernunft. Wir müssen mit den Emotionen zurückfahren und wir müssen das machen, was vernünftig ist. Alle 100 Abgeordneten in dem Haus werden sagen, ja, selbstverständlich muss man der syrischen Familie, die vor der Barbarei des IS flieht, helfen, damit sie überleben kann. Das ist ja selbstverständlich. Nichtsdestoweniger müssen wir unsere Gesetze unter Umständen nachschärfen und müssen einen Vollzug unserer strengen Bestimmungen ermöglichen. Und da hilft es auch gar nichts, wenn die Politik ein Klima erzeugt, in dem dieser Vollzug nur mehr schwer möglich ist.
Es ist so, dass es früher eine 80-prozentige Ablehnung bei den Asylanträgen gegeben hat und nur eine Anerkennungsquote in der Größenordnung von 20 Prozent da war. Das hat sich zwischenzeitig geändert. Das ist nicht mehr ganz so, denn wenn ich mir jetzt die Asylanträge nach der Staatsangehörigkeit anschaue und von 20 000 Asylanträgen bis zum Mai ausgehe, dann sage ich Ihnen, dass davon über 11 000 Kriegsflüchtlinge sind, ja. (Abg Mag Johann Gudenus, MAIS: Das ist Ihre Einschätzung!) – Wir haben tatsächlich 1 800 Anträge aus Syrien, 1 400 aus Afghanistan und über 1 000 aus dem Irak. Natürlich gibt es auch so etwas wie eine Flucht in die besseren Verhältnisse vom afrikanischen Kontinent. Doch sagen die Zahlen, dass die Anträge aus diesem Bereich eher rückläufig sind.
Was Innenministerin Mikl-Leitner macht, ist genau richtig. Sie hat bei den vielen Anträgen aus dem Kosovo reagiert und hat klar gemacht, dass jemand aus dem Kosovo hier nicht asylberechtigt ist. Wir hatten noch im Jänner 1 065 Asylanträge von Kosovaren. Wir hatten noch im Februar 960 Asylanträge von Kosovaren. Die sind dann radikal zurückgegangen, mittlerweile hatten wir im Mai nur noch 51 Anträge von Kosovaren. – Das ist also genau die Politik mit Vernunft und Herz, denn es macht ja überhaupt keinen Sinn, Menschen irgendetwas zu versprechen, dass es ihnen auf alle Fälle wunderbar bei uns geht, dass sie da auf alle Fälle aufgenommen werden und bis in alle Ewigkeit Milch und Honig fließen.
Ich finde auch den Zugang von Außenminister Sebastian Kurz völlig richtig, dass man sich natürlich überlegen muss, ob man nicht auch auf EU-Ebene gewisse rechtliche Veränderungen herbeiführen soll, ob man wirklich Familienbeihilfe nicht valorisiert in das Ausland schicken soll und auch, ob die Mindestsicherung so rasch und in dieser Höhe zur Zahlung gelangen soll.
Sachliche Debatten würde ich mir sehr wünschen. Jedes Jahr 70 000 Flüchtlinge sind natürlich keine Möglichkeit, ohne darauf auch sachlich und mit politischem Verstand, gleichzeitig trotzdem menschlich zu reagieren. (Beifall bei der ÖVP.)
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