Landtag, 3. Sitzung vom 29.01.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 66
Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Frau Landtagsabgeordnete!
Sie fragen mich, was die wesentlichsten Änderungen im Wiener Tagesbetreuungsgesetz sind, das gestern im Ausschuss beschlossen wurde, das heute hier zur Beschlussfassung vorliegt.
Durch diese Novelle beabsichtigt Wien als erstes Bundesland, den Wiener Bildungsplan verpflichtend für alle Kindergruppen in Wien gesetzlich zu verankern. Dies ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Sicherung der Qualität der elementaren Bildungsarbeit.
Nach der Festschreibung des Wiener Bildungsplans im Wiener Kindergartengesetz 2013 werden nun auch die Kindergruppen als erste Bildungseinrichtung im Leben eines Kindes gesetzlich etabliert. Faktisch gilt der Bildungsplan schon jetzt auf Grund des Wiener Frühförderungsgesetzes für die Kindergruppen.
Der Wiener Bildungsplan ist ein Instrument, das einen klar definierten Bildungsbegriff auf die pädagogische Praxis überträgt. Durch seine allgemeine Fassung ermöglicht der Bildungsplan eine individuelle Konzeptentwicklung für jede Kindergruppe, legt aber die wesentlichen Dinge, die gewollt sind, auch auf Grund des Rahmenplanes, den der Bund beschlossen hat, fest.
Der Bildungsplan verlangt Auseinandersetzung mit Qualität nach innen und außen und forciert dadurch die Bildungsqualität auf hohem, kontinuierlichem Niveau in den Kindergruppen. Der Bildungsplan sieht Bildung als integrativen Bestandteil der Persönlichkeit von Mädchen und Buben. Kinder werden in ihrer individuellen Disposition erfasst und begleitet.
Der Bildungsplan macht einerseits die Möglichkeiten der pädagogischen Arbeit erkennbar. Andererseits macht er die Bildungsverantwortung der Kindergruppenbetreuerinnen und Kindergruppenbetreuer nach innen und außen transparent.
Der Wiener Bildungsplan ist zwar auf Kinder zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr zugeschnitten. Die darin festgelegten pädagogischen Standards gelten jedoch, entsprechend altersmäßig adaptiert, auch für jüngere oder ältere Kinder, die eben auch erst später eingeschult werden.
Die Förderung von Kompetenzen ist ein wesentlicher Inhalt des Bildungsplans. Dazu zählen insbesondere sensomotorische Kompetenz, emotionale, soziale, ethische Kompetenz, also soziale Beziehungen, Kommunikation, Kreativität, Gestaltung sowie kognitive Kompetenz. Wichtig ist, dass das alles Voraussetzungen für eine gute Chance im zukünftigen Leben sind. Das ist das, was den Bildungsplan auch ausmacht.
Einen ganz wesentlichen Anteil in der Bildungsarbeit bildet die Förderung der Sprachkompetenz, wie dies auch schon im bundesländerübergreifenden Bildungsrahmenplan, im Bildungsplananteil zu sprachlichen Förderungen der elementaren Bildungseinrichtungen, ausführlich dargelegt wird. Da gibt es auch schon eine bundesweite Regelung, die hier gilt.
Die Sprachentwicklung ist ein Teil der Gesamtentwicklung des Kindes. Sprache stellt eine Schlüsselkompetenz für vor allem frühkindliche Bildung dar und ist somit eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Bildungsprozesse.
Elementare Bildungseinrichtungen haben den Auftrag, Kinder beim Spracherwerb zu begleiten, um die Bildungschancen der Kinder zu sichern. Das bedeutet Sprachförderung und Anregung der sprachlichen Entwicklung für alle Kinder.
Bei Kindern mit anderen Erstsprachen als Deutsch sollen idealerweise Erst- wie Zweitsprache durch entsprechend ausgebildetes Personal gefördert werden. Kinder mit Sprachdifferenzen, also deutscher, aber auch nichtdeutscher Erstsprache, benötigen individuell abgestimmte, differenzierte Lernmöglichkeiten.
Die Verankerung des Wiener Bildungsplans im Wiener Tagesbetreuungsgesetz ist ein ganz wichtiger erster Schritt zur Verbesserung der pädagogischen Qualität in den Kindergruppen. Ein weiterer wesentlicher Schritt - und dies ist inhaltlich bereits fertiggestellt - ist die aus dieser Gesetzesnovelle abgeleitete Änderung der Verordnung zum Tagesbetreuungsgesetz.
Logischerweise kann die Verordnung erst dann in Kraft treten, wenn das Gesetz in Kraft tritt. In dieser Verordnung wird festgehalten sein, dass die Ausbildungsstandards für die Kindergruppenbetreuerinnen und -betreuer deutlich erhöht werden.
Die Verordnung beinhaltet nämlich 4 zentrale Punkte. Erstens: 400 Stunden Ausbildung, 240 Stunden Theorie und 160 Stunden Praxis statt bisher nur 90. Weiters werden die Ausbildungsstätten ihre Lehrpläne bescheidmäßig durch Bescheid der MA 11 genehmigen lassen müssen. Drittens müssen die Betreuer und Betreuerinnen am Ende ihrer Ausbildung eine schriftliche Seminararbeit und eine mündliche kommissionelle Prüfung ablegen. Viertens sind jährlich mindestens 20 Stunden an zusätzlicher Fortbildung vorgesehen.
Diese neuen Bildungsstandards gelten künftig für Kindergruppenbetreuer und -betreuerinnen und für Tageseltern. Mit dem neuen Gesetz - wenn diese Gesetzesnovelle und damit das neue Gesetz in Geltung ist - wird diese Verordnung erlassen.
Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke, Frau Stadträtin. Die 1. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Wiederkehr. Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg. Christoph Wiederkehr, BA (NEOS): Guten Morgen, Frau Stadträtin!
Das Ausbildungsniveau von KindergruppenbetreiberInnen soll ja auf 400 Stunden steigen. Wie soll gewährleistet werden, dass man genug Personal findet, wenn es jetzt schon erhebliche Qualitätsmängel gibt? Ist da irgendeine Qualitätsoffensive oder Ähnliches angedacht?
Präsident Prof. Harry Kopietz: Frau Stadträtin.
Amtsf. StRin Mag. Sonja Wehsely: Ich habe die Frage jetzt inhaltlich nicht ganz verstanden.
Der wesentliche Punkt ist der, dass zukünftig in unseren Kindergruppen nur Kindergruppenbetreuerinnen und -betreuer arbeiten dürfen, die diese Ausbildung gemacht haben. Wer ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung keine Ausbildung hat, die diese 400 Stunden umfasst, darf nicht Betreuerin und darf nicht Betreuer in einer Kindergruppe sein.
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