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Landtag, 3. Sitzung vom 29.01.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 66

 

sagt. Er hat gesagt, wir sind in einer Situation, die wir so seit Langem nicht mehr gehabt haben. Das stimmt. Denn seit dem Sommer haben wir eine der größten Flüchtlingskrisen in den letzten Jahrzehnten. Es ist nun mal eine Realität, dass Flüchtlinge in unserer Stadt leben und viele davon nach wie vor in Notquartieren. Und gerade weil uns die menschenwürdige Unterbringung ein Anliegen ist, aber auch die Sicherheit, auch die Sicherheit ist uns ein Anliegen, ist es umso wichtiger, dass es eine geordnete Flüchtlingsunterbringung gibt. Und das sollte aber auch in Ihrem Interesse sein! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Stellen Sie sich einmal vor, was passieren würde, wenn wir Menschen, die in einem offenen Asylverfahren sind, die eben keiner Erwerbsarbeit nachgehen dürfen, in die Obdachlosigkeit entlassen würden. Stellen Sie sich einmal so eine Situation vor! Oder sollen die Menschen etwa in Parks schlafen? Nein, wir übernehmen als Stadt Wien politische Verantwortung und wir handeln. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Das tun Sie, ja?) Was tun Sie? Sie problematisieren die ganze Zeit, rennen herum, hussen die Menschen auf und erklären den Leuten, dass Sie sich vor dem bösen schwarzen fremden Mann fürchten sollen. (StR David Lasar: Das ist rassistisch!) Das ist das, was Sie tun! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Und ja, selbstverständlich ist es auch ein Kraftakt, diese erforderliche soziale Infrastruktur zu schaffen. Aber wir unterscheiden uns von Ihnen, denn wir handeln und wir tun auch was. Und was tun Sie? Sie rennen herum und fordern Ausgangssperren für Menschen, die sich nichts anderes zuschulden kommen haben lassen, außer dass sie ihr Heimatland verlassen haben und geflüchtet sind. Ich sage Ihnen ganz offen, die Stadt Wien hat sich diese weltpolitische Situation nicht ausgesucht, und die Stadt Wien ist auch nicht für die Kriege und für die katastrophale weltpolitische Situation verantwortlich (Aufregung bei der FPÖ.), die andere westliche Staaten durch Kriege angezettelt haben und damit die gesamte Region des Nahen und Mittleren Ostens destabilisiert haben. Nein, wir sind nicht verantwortlich dafür! Und wir sind auch nicht für die Grenzkontrollen verantwortlich (Beifall bei der SPÖ.), und wir sind auch nicht verantwortlich und zuständig für die Grenzsicherung. Genauso wenig haben sich die Flüchtlinge diese Situation ausgesucht, denn glauben Sie wirklich, dass es irgendjemanden gibt, der gerne sein Heimatland zurücklässt, seine Umgebung, sich in eine ungewisse Zukunft begibt, sich auf einen gefährlichen Reiseweg begibt, wo er nicht weiß, ob er am Ende dieser Reise noch am Leben ist? Glauben Sie das? Nein, Menschen, die flüchten, suchen sich das nicht aus. Die Situation in ihren Ländern zwingt sie dazu. Ich bin froh, in einer Stadt zu leben, wo wir Verantwortungsträger haben, die nicht sagen, es ist mir wurscht, was mit den Menschen passiert, es ist mir egal, wie sich Schutzsuchende zurechtfinden. Nein, wir tragen nämlich Verantwortung, und in Wien ist Menschlichkeit und Solidarität eben kein Lippenbekenntnis. Und wir tragen Verantwortung für die Sicherheit in dieser Stadt! (Große Aufregung bei Abg. Mag. Dr. Alfred Wansch. - Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Und als 1956 180.000 Menschen aus Ungarn in einem Jahr nach Österreich geflüchtet sind, war Österreich ein sehr armes Land mit einer hohen Kindersterblichkeitsrate, mit Essensrationen. Damals hatten die Menschen andere Probleme als wir heute. Damals ging es um Essen (Abg. Mag. Manfred Juraczka: 1956 hat es Essensrationen gegeben? Da hat es Essensrationen gegeben?), um warme Kleidung. Und obwohl die Menschen nach dem Krieg arm waren (Abg. Mag. Manfred Juraczka: Lernen Sie Geschichte! Lernen Sie Geschichte!) und Österreich ein armes Land war, war die Solidarität mit den flüchtenden Menschen ungebremst. (Weitere Aufregung bei Abg. Mag. Dr. Alfred Wansch.) Die Menschen haben nämlich selbst Kriegserfahrung erlebt gehabt und konnten besser wie alle anderen auch durch ihre eigene Erfahrung das Leid der Menschen nachempfinden. Und obwohl die Menschen nichts hatten und sehr arm waren, waren sie sehr solidarisch. Das erinnert mich heute auch sehr stark an arme Länder wie Jordanien und den Libanon, die von der Einwohnerzahl her kleiner sind als Österreich, aber jeweils Flüchtlinge im Ausmaß von über einer Million aufgenommen haben. Wissen Sie, was für Probleme Jordanien hat? Die haben das Wasserproblem. (Aufregung bei der FPÖ.) Die haben das Problem, Menschen mit Wasser zu versorgen! Können Sie sich vorstellen, was das heißt? Und trotzdem haben sie die Menschen aufgenommen und trotzdem haben sie ihre Grenzen nicht geschlossen. Die ärmsten Länder nehmen die meisten Flüchtlinge auf, das ist die Realität. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. – StR David Lasar: Und wer gibt was in Jordanien? Die Juden geben was!)

 

Ich sage es immer und immer wieder: Sie nicht, Sie geben denen kein Wasser. Ja, ja, ich sage es immer wieder: Wenn die europäischen Staaten und die Weltgemeinschaft ihre ganze Kraft und ihre ganze Energie dafür aufwenden würden, friedenssichernde Maßnahmen vor Ort in einer Region zu setzen, die durch Kriege westlicher Staaten destabilisiert wurde (StR David Lasar: Das stimmt ja!), wären wir nämlich schon viel weiter als hier, nämlich einen gegenseitigen Wettbewerb von Staaten loszutreten, wer besser Flüchtlinge abschreckt. Das kann doch nicht das europäische Friedensprojekt sein, politisches Kleingeld auf dem Rücken schutzsuchender Menschen zu machen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

So, und jetzt zum Flüchtlingsquartier in der Donaustadt. Seit eineinhalb Tagen höre ich hier jetzt schon nichts mehr anderes, als dass nur Männer nach Österreich kommen. Ja, in der Tat, es ist richtig, dass der Großteil der Flüchtlinge Männer sind. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: 70 Prozent!) Es sind auch Männer, die in Syrien und im Irak gezwungen werden, sich an Kriegshandlungen zu beteiligen. (Abg. Mag. Wolfgang Jung: Sollen wir dort kämpfen?) Ach so, dort kämpfen? Herr Brigadier, Herr General, wenn Sie Syrer wären, auf welcher Seite würden Sie denn kämpfen? (Aufregung bei Abg. Mag. Wolfgang Jung.) Es sind Männer, die gezwungen werden, entweder auf der Seite des Assad-Regimes zu kämpfen, das mittlerweile 300.000 Zivilisten auf dem Gewissen hat, oder auf der Seite von IS Dash. Im Irak herrscht seit mehr als zehn Jahren ein blutiger, konfessioneller Bürgerkrieg mit vermutlich mehr als einer

 

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