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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 58 von 251

 

gen, ein Drittel Österreicher, ein Drittel aus dem EU-Ausland und ein Drittel Flüchtlinge. Wir wissen heute sicher noch nicht, wie viele Menschen noch nach Wien ziehen werden, auf Grund verschiedenster Ausgangssituationen und auf Grund verschiedenster Problemlagen. Daher: Ja, Krisen brauchen besondere Mittel.

 

Aber ich komme hier zu dem Aber, und das ist sozusagen der erste Punkt, mit dem ich nicht wirklich gut umgehen kann. Dieses Aber bezieht sich einmal auf diese 15 Jahre. Denn ich verstehe schon, dass es temporäre Notsituationen gibt, deswegen bin ich mit den sechs Monaten, was Container betrifft, was Leichtbauweise betrifft, absolut einverstanden. Ich verstehe auch, dass man das verlängern muss, vielleicht nicht um ein halbes Jahr, sondern um zwei oder drei Jahre, vielleicht maximal fünf Jahre. Das verstehe ich unter „temporär“. Aber ich glaube, keiner hier und auch nicht die WienerInnen verstehen unter dem Begriff temporär 15 Jahre!

 

Ich habe Ihre Ausführungen gehört, Herr Stürzenbecher, und die Argumentation mit den 15 Jahren, aber das funktioniert so nicht. Warum wird das so nicht funktionieren? Wenn wir tatsächlich in dieser Krisensituation diesen Wohnraum schaffen für Menschen, die wirklich Bedarf haben, für Menschen, die auch unter menschenwürdigen Bedingungen leben müssen - und deswegen müssen wir auch Vorsorge für Flüchtlinge treffen -, bedeutet das allerdings, und wir wissen das: 15 Jahre in Wien, das ist eigentlich fast eine Ewigkeit!

 

Das ist mein Problem, denn 15 Jahre sind nicht mehr temporär, und das Problem ist, dass viele Menschen 15 Jahre einfach nicht verstehen. Das ist einer der Gründe, warum wir dieser Novelle in der Form auch nicht entsprechend zustimmen können. Wir brauchen hier - der Herr Stürzenbecher hat gesagt, nein, ein Gesetz kann man nicht limitieren, und wir sagen, ja, ein Gesetz kann man schon limitieren! Ich halte das auch für notwendig. Wenn es eine Krisensituation ist, braucht man andere Mittel, andere Formen der Gesetzgebung und letztendlich auch eine entsprechende „Sunset Clause“, die sagt, okay, nach fünf Jahren oder nach drei Jahren oder wann auch immer ist das entsprechend auch limitiert.

 

Wir haben auch im Vorfeld darüber gesprochen, und hier war durchaus auch ein vernünftiger Vorschlag, zu sagen, na gut, wir evaluieren das nach drei Jahren - ich halte das auch für vernünftig -, um einfach tatsächlich die Probleme zu sehen, die hier letztendlich kommen. Wir müssen uns mit dem auch konstruktiv auseinandersetzen. Aber die 15 Jahre gehen aus meiner Sicht viel zu weit.

 

Ja, wir sind aufgefordert zu handeln. Ja, wir haben auch Büroflächen in Wien. Wir haben genug Immobilien, Gewerbeimmobilien oder Bürobauten in Gebieten, die als Gewerbegebiet gewidmet sind, knapp 700.000 m² an Büroflächen, die anderer Nutzung harren. Es dauert im jetzigen Recht einfach wahnsinnig lange.

 

Ich kenne genug Bauträger, die sagen, wir würden hier sofort ansetzen und auch damit beginnen, das entsprechend umzubauen und zu nutzen. Ich muss sagen, ich verstehe nicht, warum man, wenn es um temporäre Notlösungen geht, nicht diese erste Möglichkeit ergreift und sagt, okay, dann widmen wir bitte diese entsprechenden Bürobauten in diesen Gewerbegebieten auch entsprechend um. Ich glaube, da hätten wir für diese erste, kritische Phase genug Möglichkeiten zu schaffen.

 

Wir haben noch einen anderen Vorteil bei der Geschichte, nämlich das Thema der Nachbarschaftsrechte. Auch dann ist die Situation deutlich weniger kritisch, und es ist eine intelligente, vernünftige Zwischennutzung.

 

Es sind sehr viele Unternehmer an mich herangetreten, die gesagt haben, okay, wir hätten hier Möglichkeiten, auch etwas entsprechend Kostengünstiges zu bauen. Wir verstehen auch, dass die Zuteilung staatlich organisiert ist. Christoph Chorherr hat das vorhin auch präzisiert, dass es bei der staatlichen Organisation eben um die Zuteilung geht und nicht um den Bau. Das halte ich für wichtig.

 

Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass diese Präzisierung letztendlich auch im Gesetz festgehalten wird, weil sie Interpretationsspielraum hat und damit letztendlich ein Gesetz wieder sehr vage erscheinen lässt und wieder einen enorm hohen Interpretationsbedarf hat. Das heißt: Ja, nicht immer liegt in der Kürze auch die Würze! Es ist kurz geschrieben, das ist richtig, aber es fehlen einfach sehr viele Interpretationen.

 

Deswegen haben wir uns eigentlich auch gewünscht, zu sagen, na gut, ich halte es schon für wichtig, hier vorzeitig ein entsprechendes verfassungsrechtliches Gutachten zu machen, um einfach Sicherheit zu bekommen. Ich weiß schon, dass das dann noch nicht der letzte Schluss ist und dass das ein Gericht auch entsprechend ändern kann. Aber nichtsdestotrotz schafft es Sicherheit.

 

Wenn wir von Krise sprechen, ist für mich der wichtigste Punkt - und das wird Ihnen jeder Krisenmanager sagen, dass das das Erste ist - das Anerkennen der Krise. Das Nächste heißt: Absolute Transparenz! Das ist etwas, was letztendlich, glaube ich, alle hier in diesem Haus einfordern. Ich habe aber oft das Gefühl, dass es in der Realität nicht passiert.

 

Wir haben das bei verschiedenen Flüchtlingsheimen gesehen, dass wir am Anfang doch nicht die Information bekommen haben: Wie viele Menschen sind denn das? Denn Intransparenz schafft Angst, und Intransparenz schafft auch die Möglichkeit, dass letztendlich andere auf diesen Zug aufspringen und das für ihre Zwecke und ihre Kräfte nutzen.

 

Das ist etwas, was ich mir von einer verantwortungsvollen Stadtregierung schon erwarte, nämlich wirklich klar zu sagen, okay, wir haben diese Krise, wir wollen das aber auch möglichst transparent gestalten. Warum dann ein solches Gesetz relativ kurzfristig auf der Tagesordnung des Bauausschusses steht, das, muss ich ehrlich sagen, verstehe ich nicht. Denn eigentlich hätte man das rechtzeitig einbringen und auch rechtzeitig diskutieren können, und letztendlich schon auch, sage ich, die Risiken dieses Gesetzes und die Risiken, die jetzt auch in der Kommunikation nach außen entstehen, weil die Menschen verunsichert sind, weil die Menschen Angst haben. Das schürt zusätzliche Ängste!

 

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