Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 88 von 251
gebaut werden, in denen Infrastruktur fehlt, ist die sonst von der Stadt vielzitierte soziale Durchmischung gefährdet. Bisher hat Wien die Strategie verfolgt, soziale Wohnbauten in der ganzen Stadt zu verteilen, um Ghettobildungen zu vermeiden. Genau darum hat Salzburg auch in einer Richtlinie festgehalten, dass Wohnflächen nicht gewidmet werden sollen, wenn diese weiter als 500 m von öffentlichen Verkehrsmitteln entfernt sind. Dass die nun errichteten Gebäude in 15 Jahren wie angekündigt wieder abgerissen werden, bleibt zu bezweifeln. Nicht zuletzt, weil die Stadt Prognosen zufolge weiter wachsen und der Wohnraum benötigt werden wird. Die temporären Lösungen könnten zu Dauerlösungen werden.“ - So der Artikel in der „Presse“.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, auf die gute soziale Durchmischung wird immer wieder hingewiesen, und das ist vollkommen richtig. Nur wird diese mit der beantragten Gesetzesänderung sicher nicht verwirklicht. Was kann die Folge einer fehlenden sozialen Durchmischung sein? Einerseits, wie hier eben angeführt wurde, Ghettobildung oder auch Slums. Dies ist nicht nur unsere Meinung, sondern darüber habe ich auch einen Artikel im „WirtschaftsBlatt“ gefunden, „Wien braucht keine Slums am Stadtrand“.
Ich darf auch diesen Artikel zitieren: „Nun ist es offiziell, die Flüchtlingskrise ist auf dem Wohnungsmarkt angekommen. Wien wuchs laut Auskunft der MA 23 im Vorjahr um 43.200 Einwohner. Ein neuer Rekord. Die stärkste Gruppe an Zuwanderern waren Syrer. Hier weist die Statistik ein Plus von 6.800 Menschen aus. Dahinter folgt Afghanistan mit 4.500 Zuwanderern, auch Iraker haben es mit 2.400 Menschen unter die Top 5 geschafft. Bereits die absolute Zahl zeigt, dass Wien aus allen Nähten platzt. 43.000 neue Wiener, das ist mehr, als wenn alle Menschen aus Eisenstadt, Bludenz und Gmunden auf einmal in die Hauptstadt umziehen würden. Doch dass jeder dritte neue Wiener ein Flüchtling ist, stellt den Wohnungsmarkt vor ganz neue Herausforderungen.
Leistbarer Wohnraum ist jetzt wichtiger denn je zuvor. Aber lassen wir das Adjektiv leistbar weg und nennen wir die Dinge beim Namen. Günstig muss es sein. Familienwohnungen mit maximalst 500 EUR Monatsmiete sind gefragt. Eine Lösung, wie von einigen privaten Immobilienentwicklern propagiert, leerstehende Bürohäuser zu einfachen Wohnungen umzubauen, eine gute Idee, wenn die Lage passt. Wien darf nicht Paris werden, wo Menschen mit niedrigem Einkommen in Slums am Stadtrand gedrängt werden oder früher oder später Autos brennen. Das rote Wien verdankt seine Lebensqualität der sozialen Durchmischung. Auch in den Nobelbezirken gibt es geförderte Wohnungen und Gemeindebauten. Das ist gut so, denn nur so kann man Integration fördern und sozialem Konflikt vorbeugen. Damit günstiger Wohnraum errichtet werden kann, braucht es günstige Grundstücke. Der größte Grundbesitzer ist die Stadt selbst. Sie muss agieren und gemeinsam mit privaten Immobilienentwicklern rasch die notwendigen Projekte auf die Beine stellen.“ - So der Artikel aus dem „WirtschaftsBlatt“.
Und ich zitiere nochmals zwei Sätze aus dem vorangegangenen Artikel aus der „Presse“. Ich zitiere: „So redlich das Anliegen der Stadt sein mag, so lässt die Novelle in ihrer jetzigen Form doch Fragen offen und vor allem viel Raum für Willkür und womöglich gar Missbrauch.“ - Die Meinung der Zeitung „Presse“ zu Ihrer Gesetzesänderung.
Der 2. Satz, ich zitiere: „Dass die nun errichteten Gebäude in 15 Jahren, wie angekündigt, wieder abgerissen werden, bleibt zu bezweifeln. Nicht zuletzt, weil die Stadt Prognosen zufolge weiter wachsen und Wohnraum benötigt werden wird. Die temporären Lösungen könnten zu Dauerlösungen werden.“ - Die Meinung der Zeitung „Presse“ zu Ihrer Gesetzesänderung.
Auch wir haben eine Vielzahl solcher Befürchtungen. Hier soll ein Gesetz entstehen, das mit einem Satz beschrieben werden kann: Keine Rechte für die Wiener, Einschränkungen der Bauordnung für die Stadt zur Errichtung von Containerdörfern. Unsere Kritik an diesem Gesetz kurz zusammengefasst: Dieses Gesetz erlaubt Wohncontainer und Holzbaracken für Zuwanderer, et cetera, und diese Container und Holzhütten dürfen überall in Wien aufgestellt werden, egal, wo, egal, welche Widmung. Diese Zuwanderercontainer dürfen dann 15 Jahre lang stehen bleiben, und niemand darf dagegen sein, weil die Nachbarrechte außer Kraft gesetzt werden.
Es ist auch schade, dass wir uns erst heute mit dieser Sache so intensiv befassen müssen. Hat sich Rot-Grün nicht getraut, ein Begutachtungsverfahren mit Diskussion und Stellungnahmen der Behörden, Körperschaften, wie zum Beispiel Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer, et cetera durchzuführen? Vermutlich war den Antragstellern klar, wie diese Stellungnahmen ausgesehen hätten.
Wie sehen unsere Kritikpunkte aus? - Im Abs. 1 steht wörtlich: „Soweit dies zur vorübergehenden Unterbringung einer größeren Anzahl von Personen auf Grund von bereits eingetretenen oder bevorstehenden Ereignissen, insbesondere Naturereignissen, oder auf Grund völkerrechtlicher, unionsrechtlicher oder Verpflichtungen der Gemeinde beziehungsweise des Landes gegenüber dem Bund oder aus humanitären Gründen notwendig ist, ist die Nutzung von Bauwerken und die Durchführung von Baumaßnahmen nach Maßgabe der folgenden Absätze zulässig.“
Das bedeutet für die derzeitige Situation in Wien: Laut Gesetz kann die Stadt Wien beziehungsweise von ihr beauftragte Kontrahenten die Errichtung von Wohncontainern und Holzbaracken, zum Beispiel für Zuwanderer, ohne gesetzliche Einschränkung durch die Bestimmungen der Bauordnung durchführen. Zum Unterschied, als Wiener Bürger müssen Sie monatelang auf ihre Baubewilligung warten. Sie müssen zum Amt gehen. Sie brauchen einen Baumeister oder Architekten, der Ihnen erklärt, was in der Bauordnung drinnensteht, was Sie dürfen, was Sie nicht dürfen. Und wehe, wenn Sie all diese Bestimmungen nicht auf Punkt und Beistrich einhalten. Dann werden Sie bestraft, oder im schlimmsten Fall droht sogar der Abriss Ihres Hauses. Aber, wie gesagt, nur wenn Sie Wiener sind.
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