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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 110 von 251

 

anführen und meine Meinung dazu kundgeben und dann ins Detail gehen. Dann werden wir den Gesetzesantrag durchlesen, durchbesprechen, durchaus Punkt für Punkt. Ich werde Ihnen dann zu den einzelnen Sachen auch meine Meinung mitteilen. Da bin ich schon neugierig, ob dann noch irgendwelche Redner darauf erwidern, nämlich von anderen Fraktionen, den antragstellenden Fraktionen, vielleicht sogar die Antragsteller.

 

Wir haben schon von ein paar Vorrednern gehört, hier wird massiv in verfassungsrechtliche Selbstverständlichkeiten eingegriffen. Hier wird massiv in Rechte eingegriffen, die im Verfassungsrang stehen und die auch einfach Gesetze normieren beziehungsweise den Umfang der einfachen Gesetze abstecken. Ich darf Ihnen ein bisschen etwas zitieren. Ich habe da ein interessantes Buch mitgenommen, relativ aktuell, „Recht und Verwaltung in Wien - Handbuch für Wissenschaft und Praxis“. Das heißt, ich bin zur Zeit eher bei der Praxis. Holoubek, Madner, Pauer kennen Sie wahrscheinlich, zumindest den Bereichsdirektor Mag. Karl Pauer, Leiter des Geschäftsbereichs Recht in der Magistratsdirektion der Stadt Wien. Univ.-Prof.in Dr. Verena Madner ist Professorin für Öffentliches Recht und Public Management am Department Sozioökonomie und Co-Leiterin des Forschungsinstitutes für Urban Management and Governance an der WU. Univ.-Prof. Dr. Michael Holoubek ist Professor für Öffentliches Recht am Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht an der WU - es dürfte also eine Nahebeziehung zur WU geben, was vollkommen in Ordnung ist - und Mitglied des Verfassungsgerichtshofs. Also, was sie sagen, ist geballte Kompetenz.

 

Zum Baurecht, Kapitel 34: Nur zu Information vielleicht, damit man es ein bisschen darstellt. Das Buch, wie es schon heißt, „Recht und Verwaltung in Wien“, steckt die diversen Themenbereiche ab, die im eigenen Wirkungsbereich beziehungsweise auch in der mittelbaren Bundesverwaltung von Wien zu erledigen sind, zuerst der Allgemeine Teil und dann das Besondere Verwaltungsrecht. Da ist eben das 10. Kapitel „Raumordnung, Bauen und Wohnen in Wien“ und ist das Unterkapitel 34 „Baurecht“. Darin wird über die verfassungsrechtlichen Grundlagen ausgeführt. Das ist ganz interessant und ganz wichtig in unserem Zusammenhang. Über die verfassungsrechtlichen Grundlagen haben wir schon viel gehört, dass da ziemlich - wie soll ich sagen - eingegriffen wurde.

 

Was sind die verfassungsrechtlichen Grundlagen?

 

Erstens kompetenzrechtliche Grundlagen. Ich werde ein bisschen zitieren: „Angelegenheiten des Bauwesens fallen gemäß der Generalklausel des Art. 15 Abs. 1 B-VG grundsätzlich in die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung“ - Hier sind wir. - „und Vollziehung. Ein nach der Bauordnung bewilligungspflichtiges Bauwerk kann auch nach naturschutzrechtlichen, denkmalschutzrechtlichen und anderen Bestimmungen zu beurteilen sein - Gesichtspunktetheorie. Hinsichtlich gewisser Kompetenztatbestände ist jedoch die Regelung unter anderen Gesichtspunkten ausgeschlossen.“ Dann wird verwiesen. Die Verweisung lese ich jetzt nicht vor. „So fällt etwa nach Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG, Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen, der Bau von Eisenbahnanlagen ausschließlich in die Kompetenz des Bundes.“ - Geht uns jetzt nichts an. - „Die Regelungskompetenz der Länder in Angelegenheit des Bauwesens erfährt hierdurch eine Einschränkung.“ - Nehmen wir zur Kenntnis. „Die nach den einzelnen Gesetzen erforderlichen Bewilligungen müssen kumulativ vorliegen - Kumulationsprinzip. Sonderregelungen gelten im UVP-Gesetz, im AWG, die jeweils eine Bewilligungskonzentration vorsehen.“ - Soll so sein. - „Gemäß Art. 118 Abs. 3 Z 9 B-VG“ - Das ist jetzt für uns als Gemeinde interessant. - „sind Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehen.“ - Dafür müssen wir als Landtag die Regeln geben. - „Darunter fällt neben der Genehmigung der Schaffung von Bauplätzen und Bauplatzteilen zum Beispiel auch der Ortsbildschutz.“ - Darüber haben wir heute auch schon ein bisschen etwas gehört. - „Nicht davon erfasst sind etwa Bauvorhaben, die sich auf das Gebiet mehrerer Gemeinden erstrecken. Verwaltungsstrafverfahren sind auch nicht davon gedeckt.“

 

Grundrechtliche Bezüge. - Jetzt kommen wir zum eigentlich wesentlichen Punkt, nämlich den grundrechtlichen Vorgaben. Gleichheitssatz. - Werden wir sehen. Das wird uns bei unserem Gesetzesvorhaben noch sehr beschäftigen. „Der Gleichheitssatz, Art. 7 Abs. 1 B-VG, Art. 2 Staatsgrundgesetz, gebietet es, dass die Abgrenzung zwischen Bewilligungs- und Anzeigeverfahren und die allfällige Einbeziehung von Bauvorhaben in ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren ihrer Art nach sachlich gerechtfertigt sein müssen.“ - Also, vielleicht hier einmal ein Punkt. Wir hören, dass eine Abgrenzung zwischen Bewilligungs- und Anzeigeverfahren, das kennen wir in der Bauordnung, und die vereinfachten Bewilligungsverfahren ihrer Art nach sachlich gerechtfertigt sein müssen. Wenn diese sachliche Rechtfertigung dafür gilt, dann muss das natürlich für dieses Gesetzesvorhaben, das wir jetzt vorliegen haben, doppelt gelten, weil der Eingriff noch extremer ist als dort, wo nur eine Anzeige notwendig ist. Hier ist gar nichts notwendig. Es wird einfach hingestellt. (Man hört ein Lachen hinter den Sitzreihen.) - Der Lacher hat hoffentlich nicht dieser Gesetzesstelle gegolten. Also, sachlich gerechtfertigt, bitte merken.

 

„Auch die Ausgestaltung der einzelnen Verfahren muss dem Gleichheitssatz und dem Rechtsstaatsprinzip entsprechen. Vergleiche dazu Hauer.“ - Den haben wir heute auch schon gehört. (Abg. Armin Blind: Mehrmals!) Er wird hier zitiert. „Gleichheitswidrig ist zum Beispiel eine Regelung, die schlechthin für alle bis zu einem gewissen Stichtag konsenslos und widmungswidrig errichteten Bauten eine nachträgliche Baubewilligung vorsieht.“ (Abg. Armin Blind: Sonst brauchen wir eine Widmung nicht mehr!) - Auch nicht uninteressant. Auch vielleicht ein bisschen als Vergleich heranziehbar.

 

Man kann nicht nachträglich sagen, alles, was bisher vielleicht illegal gebaut worden ist, ist nachträglich saniert. Dieser sehr starke Eingriff ist eben nicht möglich, steht da, ist gleichheitswidrig. Es wäre unfair. Der Eine kann bauen, muss sich an die Regeln halten und der

 

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