Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 220 von 251
Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes“ - Auch der rechtmäßige Zustand ist im Rechtsstaat eine ganz wichtige Sache! - „etwa durch Änderung eines Flächenwidmungsplans zu lange dauern würden.“
Betreffend Flächenwidmungsplan haben wir gelernt - nicht ich, aber einige hier, ich habe es schon gewusst -, dass das eine Verordnung ist. Zum Stufenbau der Rechtsordnung kommen wir dann auch noch. - Es ist also jedenfalls wichtig, dass Verordnungen rechtmäßig erlassen werden, wenn man darauf speziellere Rechtsakte setzt, beispielsweise einen Bescheid oder eine Weisung oder einen Akt unmittelbarer behördlicher Zwangs- und Vollzugsgewalt, also alles, was die Verwaltungsrechtslehre so hergibt.
Kommen wir zum nächsten Satz: „Da in den genannten Fällen vorübergehender Belegung“ - Das ist jetzt zwar nichts Juristisches, aber dann für die Interpretation durchaus relevant. - „die Interessen an einer raschen Unterkunft überwiegen, soll durch Ergänzung der Bauordnung für Wien die Nutzung von Bauwerken oder die Durchführung von Baumaßnahmen für diese Zwecke auch dann ermöglicht werden, wenn die baurechtlichen oder -technischen beziehungsweise raumordnungsrechtlichen Vorschriften nicht vollständig eingehalten werden.“ - Zum Gesetzestext selbst kommen wir dann noch, das ist jetzt einmal die Begründung. - „Interessen der Sicherheit und Gesundheit müssen dabei jedenfalls gewahrt werden.
Zwecks Verfahrensbeschleunigung soll den gegen solche Bescheide gerichteten Beschwerden an das Verwaltungsgericht grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommen.
Die gefertigten Abgeordneten stellen daher“ - Den Rest erspare ich Ihnen: Sie stellen jedenfalls den Antrag, dieses Gesetz zu beschließen.
Ich habe es schon erwähnt. Das ist aber vielleicht auch nicht ganz bekannt, deswegen erwähne ich es separat: Es gibt einen Stufenbau der Rechtsordnung. Das heißt, es gibt Rechtsnormen, die auf anderen aufbauen. Grundsätzlich finden sich oben vor allem das Völkerrecht und das Europarecht. Darunter stehen die nationalen Verfassungen und darunter die einfachen Gesetze. Unter der nationalen Verfassung stehen selbstverständlich, weil wir ein Bundesstaat sind, auch die Landes-Verfassungsgesetze und die einfachen Landesgesetzes beziehungsweise im Bund die Bundesgesetze. Die individuellen Rechtsakte habe ich Ihnen bereits aufgezählt, das wiederhole ich jetzt nicht mehr.
In diesem Stufenbau der Rechtsordnung gibt es im gegebenen Zusammenhang einen sehr wichtigen Artikel. Bitte alle merken! Das Bundes-Verfassungsgesetz, B-VG, ist in Artikel gegliedert. - Art. 7 lautet: „Alle Staatsbürger sind vor dem Gesetz gleich.“ - Den Rest des Art. 7 lese ich Ihnen jetzt nicht vor. Den Hinweis auf die „Vorrechte der Geburt, des Geschlechtes, des Standes, der Klasse und des Bekenntnisses“ möchte ich Ihnen jetzt nicht unterschlagen, aber das ist im gegebenen Zusammenhang nicht relevant.
Aus dem Art. 7 leitet sich gemäß verfassungsrechtlicher Judikatur nicht nur ab, dass die Staatsbürger vor dem Gesetz gleich sind, sondern der Gleichheitssatz an und für sich und das aus dem Gleichheitssatz erfließende allgemeine Sachlichkeitsgebot. Ein Gesetz ist also entweder sachlich oder unsachlich. Das heißt, ein Gesetz muss, um nicht verfassungswidrig zu sein, einen Regelungsinhalt haben, der sachlich begründet ist.
Damit kommen wir schon zur Ungleichbehandlung. Diese ist nämlich in verschiedenen Variationen durchaus zulässig: Es gibt die sogenannte Durchschnittsbetrachtung, denn ein Gesetz kann nicht jeden erdenklichen Regelungsbereich abdecken. Das heißt: Der Gesetzgeber tut dem Gleichheitssatz und dem Sachlichkeitsgebot Genüge, wenn er eine Durchschnittsbetrachtung anstellt und sogenannte Härtefälle auftreten können.
Das ist die Durchschnittsbetrachtung, und auch die Verwaltungsökonomie ist ein Argument, so es sachlich begründet ist. Es genügt also nicht einfach, dass es einen halt so freut.
Damit sind wir schon bei der dritten, sehr wichtigen Gruppe, nämlich dem allgemeinen Sachlichkeitsprinzip auf Grund des rechtsstaatlichen Prinzips. Eine Durchbrechung ist dann möglich, wenn sie verhältnismäßig ist. Wann ist das der Fall? - Es gibt zunächst einmal die Parteirechte, und allgemein geht man davon aus, dass die Zuerkennung der subjektiven Rechte in aller Regel auch die Zuerkennung von Parteirechten erfordert. Wann das der Fall ist, werde ich Ihnen am Schluss dieses Kapitels darlegen.
Das heißt: Grundsätzlich muss daher zum Beispiel ein Nachbar einer baulichen oder gewerblichen Anlage - jetzt wird es interessant! - am bau- beziehungsweise gewerbebehördlichen Bewilligungsverfahren beteiligt werden. Und genau das, meine Damen und Herren, schließen Sie betreffend die Errichtung von Containern bis sechs Monate vollständig aus!
Die Behörde hat die zum Schutz des Nachbarn erlassenen Vorschriften wirklich einzuhalten, das ergibt sich sowieso aus dem Legalitätsprinzip, aber der davon rechtlich Betroffene, also die Partei, muss diese Rechte auch tatsächlich effektuieren können. Da geht es eben nicht um die Gnade der Administration beziehungsweise der Bürokratie, sondern das sind Parteienrechte, meine sehr geehrten Damen und Herren, und diese nehmen Sie mit diesem Antrag nicht ernst! (Beifall bei der FPÖ.)
Ein Punkt ist vollkommen unbestritten: Das Argument der reinen Verfahrensbeschleunigung und das alleinige Ziel einer Verfahrensökonomie - dass es eben auf gut Deutsch leichter und schneller gehen muss - rechtfertigt den Ausschluss der Parteistellung nach der Judikatur gerade nicht.
Ich darf in diesem Zusammenhang zum Beispiel auf die Verfassungsgerichtshoferkenntnisse VfSlg. 15.360/1998 oder 15.581/1999 verweisen. Das ist ausjudiziert, meine sehr geehrten Damen und Herren: Die reine Verfahrensökonomie ist kein Grund, die Parteirechte links liegen zu lassen. Genauso predigen Sie es uns aber jetzt: Wir müssen es schneller haben, und deswegen haben die Parteien kein Recht. - Das geht nicht, meine Damen und Herren, das ist verfassungswidrig,
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