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Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 221 von 251

 

das ist ausjudiziert, bitte nehmen Sie das zur Kenntnis! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Selbst dann, wenn man die Parteirechte ausschlösse - ich sage das jetzt bewusst im Konjunktiv -, darf das nicht ohne Mitwirkung der potenziellen Parteien geschehen, weil die Parteien gegen diesen Ausschluss selbst sonst keine Rechtsschutzmöglichkeit haben. - So weit geht also die Absicherung, Sie aber fahren mit der gesetzlichen Keule nonchalant darüber!

 

Weiters erhebt sich die Frage, ob die Ungleichbehandlung selbst bereits eine Frage der Verfassungswidrigkeit ist. Das ist eine sehr spannende Frage: Wir haben hier heute schon sehr viel gehört von der Ungleichbehandlung zwischen der Gemeinde und dem - wie Kollege Kowarik es ausgedrückt hat - Normalantragsteller oder dem Normalsterblichen. Und die Ungleichbehandlung ist nicht per se das Problem, sondern das Problem ist die Gesetzwidrigkeit, auf dem die Ungleichbehandlung fußt.

 

Dabei ist wiederum das Legalitätsprinzip beziehungsweise das Rechtsstaatsprinzip von Relevanz: Es geht nicht darum, dass man Dinge ungleich behandelt. Damit haben vielleicht manche hier im Raum grundsätzlich ein Problem. Das lateinische Wort dafür ist übrigens „discrimen“, das möchte ich nur in Erinnerung rufen. Das kommt manchmal im Leben vor, und zwar entweder zu Recht oder zu Unrecht, sachlich oder unsachlich. Das gibt es jedenfalls. Und auch im Hinblick darauf ist es selbstverständlich notwendig, dass in einem Rechtsstaat etwas sachlich begründet ist.

 

Etwas ebenfalls Wichtiges hat, glaube ich, Kollege Ulm angesprochen, dass nämlich niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden kann. Da geht es um Menschenrechte und die Menschenrechtskonvention, meine Damen und Herren von den Grünen! Früher haben Sie sich an jedem Maiglöckchen beziehungsweise an jedem Tannenzweig angekettet, wenn Sie die potenzielle Verletzung eines Menschenrechtes gesehen haben, jetzt aber kommen Sie daher und haben keinen Respekt vor den Menschenrechten, dem Recht auf einen gesetzlichen Richter, indem Sie den Leuten jede Rechtsschutzmöglichkeit in diesem Verfahren bis sechs Monate einfach wegnehmen, meine Damen und Herren! Das geht nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Dahinter steckt auch philosophisch eine ganze Menge. Das zentrale Anliegen des Rechtsstaates ist es, den Rechtsunterworfenen als Subjekt zu sehen und nicht als Objekt staatlichen Wohlwollens zu behandeln. Das korrespondiert mit dem Kerngedanken, den Einzelnen als Person anzuerkennen. - Und auch das ist hier nicht verwirklicht, und das ist ein Rückschritt sozusagen in Richtung Sonnenkönig: Nichts durch das Volk, alles für das Volk! - Darüber können wir dann auch noch streiten, für wen das gilt! Aber so weit sind wir schon bei den Grünen, bei denen es dann anders als beim Sonnenkönig heißt: Nichts durch das Volk, alles nur durch die Regierung.

 

Die angesprochenen Rechte waren bereits in der Aprilverfassung vom 25.4.1848 gegeben, und dass Sie da einfach so drüberfahren, kann ich nur den Kopf schütteln!

 

Wozu - ich habe es am Anfang erwähnt - die Mitwirkung der Parteien? - Dabei geht es um den Schutz vor staatlicher Willkür. Damit verknüpft sind das Prinzip des gesetzlichen Rechts auf einen Richter, aber auch die Möglichkeit, Parteistellung zu erlangen.

 

Wir haben jetzt viel gelernt. Manche haben vielleicht zugehört, als ich gesagt habe, was eine Partei ist. Wann ist man Partei? - Dabei geht es nicht um eine Wahlpartei oder eine politische Partei, sondern um eine Partei im Verwaltungsverfahren. Da gibt es objektiv-rechtliche Normen, und dann kommt man zwangsläufig zu der Frage: Wie ist das Verhältnis zur Partei? - Das Verhältnis zur Partei ist so: Ob eine Norm des objektiven Rechts mit einem subjektiven Rechtsanspruch, also dem Recht des Einzelnen, korrespondiert, wird, wenn sich im Gesetz keine bestimmte sprachliche Wendung über die Qualifikation des faktischen Interesses einer Person findet, nach einer Zweifelsregel gelöst.

 

Wir begrüßen den Kollegen Chorherr, er nimmt an der Debatte teil!

 

Es wird also nach einer Zweifelsregel vorgegangen, indem man sagt: Im Zweifel ist es so, dass die objektiv-rechtliche Norm im Zweifel einen subjektiv-rechtlichen Anspruch zur Folge hat. Mit anderen Worten: Wenn der Gesetzgeber eine objektiv-rechtliche Norm schafft, und man nicht weiß, ob damit Parteirechte konstituiert werden sollen oder nicht, dann gibt es im Zweifel Parteirechte. - Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 14.10.1976 können Sie übrigens nachlesen. Das ist schon eine Zeitlang her! Sie hätten also - wiederum im Konjunktiv - genug Zeit gehabt, sich diesbezüglich einzulesen. Es gibt da eine ganze Rechtssatzkette. Diese ist übrigens sehr leicht zu finden im Rechtsinformationssystem des Bundes. Das ist eine ausgezeichnete Datenbank, ich kann Ihnen diese nur empfehlen!

 

Wir haben jetzt einmal den Art. 7 B-VG angerissen, und kommen zu einer weiteren sehr wichtigen Bestimmung, nämlich Art. 18 B-VG, und zwar insbesondere Art. 18 Abs. 1 B-VG.

 

Wer kennt ihn? - Anscheinend nicht so viele! Daher zitiere ich: „Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.“ - Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit und sollte jedem einleuchten. Aber es bedarf offensichtlich auch hier einer näheren Beleuchtung.

 

Art. 18 bindet also - und das ist nicht besonders überraschend - zunächst die Verwaltung als solche. Das besagt ja auch der Text: „Die gesamte staatliche Verwaltung darf nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden.“

 

Interessanter ist dann der Schritt - und das war sozusagen der rechtpolitische Quantensprung -, dass das Legalitätsprinzip nicht nur die Verwaltung, sondern auch den Gesetzgeber bindet, und zwar zu einer ausreichenden Determinierung des Gesetzes. Wir haben das vorher schon ein bisschen gehört: Ein Gesetz muss hinreichend klar sein. Wir haben das schon in der Vergangenheit im Zusammenhang mit schulrechtlichen Bestimmungen diskutiert, und im Hinblick darauf könnten Kollegin Wehsely und Kollegin Frauenberger wahrscheinlich auch noch Post vom Verfassungsgerichtshof bekommen. -

 

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