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Landtag, 7. Sitzung vom 25.05.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 43

 

Aber aus den Reihen der Verhandler ist zu hören - und das hat ja die Frau Stadträtin heute in ihrer Einleitung selbst erwähnt -, es hat auch Bremser gegeben, etwa Niederösterreich selbst. Und wer war noch der Bremser? Das hat die Stadträtin heute auch erwähnt, Kollege Ornig, und es ist ja interessant, wenn man ein bisschen hinter die Verhandlungen blickt: Wien war von Anfang an eigentlich der Bremser und hat möglichst lange versucht, das zu verhindern und hinauszuschieben.

 

Da fragt man sich natürlich: Warum hat das rot-grüne Wien so lange versucht, das immer mit Argumenten vor sich herzuschieben? Der erste Grund sind einmal die Schulden, ganz klar. Wir weisen in der Kameralistik derzeit fünf Milliarden aus, offiziell fünf Milliarden, und durch den heutigen Beschluss wird sich das verdoppeln. Es wird sich einmal verdoppeln durch die Konsolidierung in einer Schuldenbilanz von Wiener Wohnen, vom Krankenanstaltenverbund und von Wien Kanal. Durch eine solche Schuldenbilanz werden sich die Schulden der Stadt auf etwa zehn Milliarden verdoppeln. Das muss nach dem heutigen Beschluss exakt ausgewiesen werden, und das ist zumindest einmal ein kleiner Erfolg, Kollege Ornig, den wir nicht geringschätzen sollten.

 

Wir wollen natürlich noch weitergehen. Wir wollten auch den dritten Schritt setzen, dann eine voll konsolidierte Bilanz, wo sich unsere Schulden verdreifachen würden, nämlich von den offiziellen 5 Milliarden auf etwa 15 Milliarden, wenn man nämlich die Wiener Stadtwerke, die Wien Holding dann auch in diese konsolidierte Bilanz mit einbezieht. Das ist wohl der Grund - diese Gesamtschulden des Konzerns Stadt mit allen Beteiligungen -, warum hier Wien immer der Bremser war, warum hier Wien immer versucht hat, das hinauszuzögern.

 

Dass Rot-Grün immer dagegen war, ist in Wahrheit eigentlich ein Grund, schon allein ein Grund, heute zuzustimmen. Die Tatsache, dass sich Rot-Grün so lange gegen dieses neue Haushaltsrecht gewehrt hat, ist wohl auch der Beweis, dass es einmal als erster Schritt so schlecht nicht sein kann, dass es ein gelungener erster Schritt ist, dass es zu mehr Transparenz bei allen Körperschaften in Österreich führen wird. Wir werden diesem ersten Schritt zu mehr Transparenz daher auch sehr gerne zustimmen, meine Damen und Herren!

 

Es ist aber hier noch ein anderer Punkt interessant. Hinter den Kulissen wissen wir von allen Verhandlungsteilnehmern, dass sich Wien eben sehr lange dagegen gewehrt hat. Es gibt hier viele Gründe, die auch im Detail des neuen Haushaltsrechts liegen, etwa in Bezug auf Transparenz bei den Beteiligungen den § 23. Da sind - und das ist ein großer Fortschritt - jetzt alle Beteiligungen in einer Anlage auszuweisen: verbundene Unternehmen, assoziierte Unternehmen, sonstige Beteiligungen und auch Stiftungen. Das ist genau geregelt.

 

Da gibt es dann im neuen Haushaltsrecht eine Bestimmung - und zwar ist das der Abs. 6 in diesem § 23, der dem Bankwesengesetz übrigens ganz genau nachgebildet ist -, dort ist ganz genau geregelt, dass auch der wirtschaftlich Begünstigte einer Stiftung auszuweisen ist. Meine Damen und Herren, was fällt uns da in Wien ein? Es fällt uns die AVZ ein: die AVZ, heute genannt Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten.

 

Ich frage Sie: Wer ist denn der wirtschaftlich Begünstigte dieser Stiftung? Das ist der Wissenschafts- und Technologiefonds (Zwischenruf von Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies), der Wissenschafts- und Technologiefonds der Stadt Wien, wo der Herr Bürgermeister selbst der Chef ist als Vorstandsvorsitzender und wo dieser Fonds mit dem Bürgermeister als Chef etwa sieben Millionen pro Jahr von der AVZ erhält, um damit Förderungen zu geben, Förderungen im Interesse der Stadt Wien.

 

Ich habe daher in der Landesregierung, als das beschlossen wurde, natürlich auch die Frage gestellt: Nach dem Buchstaben des Gesetzes müssen alle Stiftungen ausgewiesen werden und muss daher ja auch die AVZ ausgewiesen werden, Frau Wehsely, weil die Stadt der wirtschaftlich Begünstigte ist, weil wir ja diese sieben Millionen über den Wissenschafts- und Technologiefonds bekommen. Aber die Antwort war: Wir wundern uns, natürlich wird das nicht ausgewiesen! Da waren sich der Bürgermeister und die Finanzstadträtin, die sonst nicht immer einer Meinung sind, würde ich einmal sagen, aber sofort einer Meinung. Da haben sie gesagt: Um Gottes willen, mit dem haben wir lange nichts mehr zu tun! AVZ, was ist das? Nie gehört, kennen wir nicht!

 

Meine Damen und Herren! Wir wissen ja alle, was dahintersteht - das ist ein ganz trauriges Beispiel in der Wirtschaftspolitik der Stadt! Da war einmal die Beteiligung an der größten österreichischen Bank, an der Bank Austria, die für den Wirtschaftsstandort Wien ja eine ganz wesentliche Funktion hat, weil die Bank damals in den 90er Jahren das erste Institut war, das offiziell auch in den Ostmarkt hineingegangen ist, weil das so wichtig ist, etwa für den Export von Wiener Firmen nach Osteuropa, für die Absicherung des Standorts Wien auch als Sprungbrett für die Firmen in den Osten.

 

Da hätte die AVZ natürlich eine ganz wichtige Funktion gehabt, und vor allem der Gründer dieser Stiftung, der niemand anderer als der Bürgermeister dieser Stadt ist, meine Damen und Herren! Nämlich die Funktion, Wien auch als Headquarter abzusichern im Rahmen dieses großen italienischen Bankkonzerns, des UniCredit-Konzerns. Da hat es damals Instrumente gegeben, den „Bank der Regionen“-Vertrag - wir können uns alle noch daran erinnern -, und da hätte der Bürgermeister handeln müssen im Interesse des Wirtschaftsstandortes, auch im Interesse der AVZ, als Gründer der AVZ und als Schirmherr der Bank Austria.

 

Meine Damen und Herren! Wir wissen alle in den letzten Monaten, wie sich die Situation in der Bankenszene zugespitzt hat, wie dieses traurige Kapitel der Wirtschaftspolitik weitergegangen ist. Alle Beteiligungen der Bank an osteuropäischen Instituten sind von Wien weg, sind von der UniCredit abgezogen worden nach Italien. Wir kennen die Folgen: Die Bank Austria muss Mitarbeiter abbauen, 3.000 Mitarbeiter im Konzern verlieren ihre Bankpension, und der Schaden für den Wirtschaftsstandort ist immens!

 

Da fragt man sich natürlich: Sind das die Motive, dass man sich heute dagegen wehrt, diese Stiftung auch

 

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