Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 89
Gleichberechtigung: Auch bei Ihnen sind es bereits 2 Minuten 15!
Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (fortsetzend): Gut, dann lassen Sie mich nur noch sagen, dass ich auf diese Fragen Antworten möchte. Deshalb werden wir einen Antrag auf einen Sonderlandtag einbringen, dann werden wir all das eh diskutieren können.
Ich frage Sie abschließend: Sehen Sie, dass Sie in der politischen Verantwortung sind, dass jede Bürgerin und jeder Bürger die Stimme auch tatsächlich abgeben und darauf vertrauen können, dass diese auch gezählt wird?
Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Ich habe den letzten Teil jetzt nicht verstanden.
Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehen Sie eigentlich, dass Sie die politische Verantwortung dafür tragen, dass jeder Wähler, jede Wählerin in Wien bei Wahlen die Möglichkeit haben, seine beziehungsweise ihre Stimme abzugeben und dass auch gewährleistet wird, dass diese auch gezählt wird?
Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Herr Stadtrat, bitte.
Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Zum einen möchte ich einmal sagen: Das ist ja kein Wettbewerb, wer jetzt sozusagen die größere Bürgerfreundlichkeit an den Tag legt! Sie sehen ja auch in Ihren eigenen Äußerungen, dass sie selbst - daran darf ich sie noch einmal erinnern - noch am 5. September per Aussendung eine Verschiebung ausgeschlossen und gesagt haben, das ist nicht möglich. (Zwischenruf von Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.)
Nun ja, ich kann Ihnen das noch einmal vorlesen, ich möchte jetzt nur nicht in den Papieren kramen, daher sage ich nur, dass die NEOS am 5. September gesagt haben, dass eine Verschiebung nicht möglich ist, und mir noch einen Fünf-Punkte-Plan vorgeschlagen haben, was man alles tun kann.
Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Ich verstehe schon, dass natürlich die Opposition alle Möglichkeiten hat, sich frei zu bewegen und an einem Tag das vorzuschlagen und am nächsten Tag das andere vorzuschlagen. Wir können das nicht tun! Und wenn Sie von Verunsicherung der Wähler sprechen, dann müssen Sie sich schon selber ein bisserl bei der Nase nehmen! Man kann nicht an einem Tag sagen, wir sind jetzt gegen die Verschiebung, tut etwas anderes, und am nächsten Tag, wir sind für die Verschiebung, dann aber genau die Tage erfahren wollen, wann und wo wir was zum ersten Mal überlegt haben!
Sie können sicher sein, dass wir in einer zugegebenermaßen sehr, sehr schwierigen Situation alles getan haben, um eine korrekte Durchführung der Wahlen zu ermöglichen. Wir haben uns dazu rechtlich und organisatorisch etwas überlegt, wir haben Rücksprache mit den Bundesinstanzen gehalten, die noch lange gesagt haben, all das ist nicht möglich und geht rechtlich nicht.
Wir haben entsprechende rechtliche Gutachten eingeholt, weil wir meinen, dass wir einen Ausweg gefunden haben, weil unsere Situation ja anders war als die des Bundes: Erstens waren unsere Wahlen zwei Wochen vorher angesetzt, und zweitens gilt anders als beim Bund, und zwar nur im Fall der Bundespräsidentenwahl, Art. 141 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz nicht, also nur im Fall der Bundespräsidentenwahl gibt es dort diese 100-Tage-Frist nicht, wir haben sie jedoch hier bei diesem konkreten Fall. Also selbst wenn man eine Verschiebung zu einem bestimmten Zeitpunkt, selbst mit allen Unabwägbarkeiten, die es hier gegeben hätte, allenfalls um eine Woche vorgenommen hätte, hätten wir trotzdem dasselbe Problem mit den Wahlkarten gehabt.
Wir haben also einen Weg gewählt, auf dem wir tatsächlich versucht haben - und versuchen Sie nicht, das umzudrehen, Frau Abgeordnete! -, proaktiv auf die Wählerinnen und Wähler zuzugehen. Wir haben einen Weg gesucht, wie wir mit unseren logistischen und organisatorischen Möglichkeiten allen, die eine offensichtlich aufgegangene Wahlkarte und damit ein rechtliches Nichts hatten, ein Wahlrecht ermöglichen. Davon haben - diese Zahl ist ja bekannt - 799 Personen aus welchen Gründen auch immer nicht Gebrauch gemacht. Wir hatten sie direkt kontaktiert, und zwar mailmäßig, elektronisch, telefonisch, wie auch immer wir mit den Damen und Herren in Kontakt kommen konnten.
Das ist daher ein einzigartiger und einmaliger Versuch des Magistrats der Stadt Wien, direkt mit den Menschen in Kontakt zu treten und ihnen anzubieten, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. - Sie könnten anderer rechtlicher Meinung sein, das würde ich ja noch respektieren, das gibt es, darüber kann man dann trefflich streiten. Sie können aber dem Magistrat nicht absprechen, dass man alles in Bewegung gesetzt hat, um den Menschen ihr Wahlrecht zu ermöglichen, denn das ist nachweislich nicht richtig.
Abgesehen davon ist das gegenüber den 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der MA 62, die seit Wochen nichts andres tun, als zu rennen, zu rennen, zu rennen und zu schauen dass man die Wahl noch korrekt durchführen kann, nicht wahnsinnig nett! Im Hinblick darauf möchte ich es bei dieser Gelegenheit nicht verabsäumen, mich bei der Leiterin, Frau Dr. Bachofner, beim MBA der Leopoldstadt und bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Unendliches in Bewegung gesetzt haben, um diese Wahl zu ermöglichen, zu bedanken. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN, ÖVP und FPÖ.)
Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Danke sehr. - Diesem Dank kann auch ich mich nur anschließen.
Wir bleiben beim Thema und kommen zur 2. Anfrage (FSP - 02950-2016/0001 - KVP/LM), die von Herrn Abg. Dr. Wolfgang Ulm gestellt wurde. (Selbst nach der vom VfGH angeordneten Wiederholung der Bezirksvertretungswahl Leopoldstadt reißen die Diskussionen über die mutmaßlich wieder nicht völlig korrekt durchgeführte Wahl nicht ab. Nun steht eine neuerliche Anfechtung beim VfGH bevor. Welche konkreten Reformen und legistischen Verbesserungen der Wiener Gemeindewahlordnung werden Sie auf Grund der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl Leopoldstadt und der auch aktuell nicht abreißenden Diskussion um die korrekte Durchführung der Wahl in Angriff nehmen?)
Bitte, Herr Amtsführender Stadtrat.
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