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Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 73 von 89

 

Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS)|: Danke, Herr Präsident. Sehr geehrte Frau Landesrätin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich möchte meine Rede eigentlich in zwei, wenn nicht sogar drei Teile teilen. Als Erstes, Frau Landesrätin, ist mir aufgefallen, dass sozusagen im Kanon der Kritiker Ihrer Mindestsicherungspolitik ÖVP und FPÖ vorgekommen sind, NEOS nicht. Das muss ich inhaltlich zurückweisen, weil wir sehr wohl auf der kritischen Seite stehen; das wird dann der zweite Teil meiner Rede sein. Ich führe es aber darauf zurück, und darauf bin ich durchaus stolz, dass ich mit meiner Fraktion nicht diesen Stil verfolge, den FPÖ und ÖVP bei dieser Frage an den Tag legen. (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich habe gestern auch zum Ausdruck gebracht, dass es mich tief erschüttert, auf welchem Niveau hier Diskussionen abgehalten werden, mit einem Artikel aus einer Zeitung heraus. Ich habe dazu gesagt, natürlich, das muss man alles aufklären, keine Frage, das ist ein Fall für die Justiz. Aber daraus sich geradezu hyperventilierend in eine Skandalisierung hineinzureden, das halte ich wirklich für höchst problematisch und tatsächlich demokratiegefährdend. (Beifall bei den NEOS.)

 

Das möchte ich gerade auch Ihnen sagen, die Sie mir ja doch wohlwollend und durchaus paternalistisch nahegelegt haben, doch in mich zu gehen, was jetzt eine neuerliche Anfechtung - das kommt übrigens von grüner Seite genauso - der Leopoldstädter Wahl angeht, wozu man mir sagt, ich gefährde damit unter Umständen die Demokratie. Ich meine, ich stelle mich da auf die Seite von Menschen, die um ihr Stimmrecht gebracht wurden und will einen Diskurs über Demokratie und Rechtsstaat führen, und Sie fallen hier einem Stil anheim, der wirklich nur noch als Postfaktendemokratie und -zeitalter gewertet werden kann, wobei es eigentlich nur noch darum geht, Stimmungen abzuholen, Ressentiments aus der Bevölkerung. Das ist wirklich beschämend und tatsächlich für eine christlich-soziale Partei mehr als beschämend! (Beifall bei den NEOS.)

 

Ich kann aber die SPÖ nicht aus der Verantwortung lassen, denn das Thema Mindestsicherung ist ein Dauerbrenner in dem parteipolitischen Hickhack zwischen SPÖ und ÖVP, durchaus auch auf Bundesebene. Das ist halt heute eine weitere Sequenz sozusagen einer Klein-Klein-Hickhack-Politik (Abg. Christian Oxonitsch: So klein-klein ist das nicht!), in der man sich eigentlich täglich ausrichtet, dass es ein völliger Schwachsinn ist, überhaupt jemals auf die Idee gekommen zu sein, gemeinsam zu regieren. Das ist eben das, was die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes tagtäglich lesen und warum die Politikverdrossenheit so groß ist, denn dass Sie Lösungen und Reformen bei diesem Bereich brauchen … (Abg. Christian Oxonitsch: Das stimmt ja nicht!) - Na sicher stimmt das, Herr Klubobmann. (Abg. Christian Oxonitsch: Aber das gibt es! Es gibt aber Diskussionen zwischen zwei Parteien!) - Ja, aber Sie richten es sich täglich medienwirksam aus, und zwar die eine Seite wie die andere Seite. Und das trägt auch nicht dazu bei, dass in irgendeiner Weise Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage Vertrauen in Ihre Parteien entwickeln.

 

Jetzt komme ich zum zweiten Punkt, das ist die Frage der Mindestsicherung an sich, und die Frage: Brauchen wir eine Reform? - Selbstverständlich brauchen wir eine Reform der Mindestsicherung, und zwar aus unserer Sicht aus mehreren Gründen: Für uns ist das Thema Eigenverantwortung ein sehr wichtiges. Soziale Systeme müssen so geschnitzt sein, dass sie die Selbstermächtigungsfähigkeit im Auge haben. Ich mag diese Worte wie Hängematte, oder so weiter nicht, da ich finde, es ist immer das System, dem der Vorwurf gemacht werden soll und nicht dem Einzelnen oder der Einzelnen, der oder die es natürlich in Anspruch nimmt. Na ja, ich meine, blöd wird man sein. Aber das System ist der Fehler, welches eben genau nicht diese Selbstermächtigungsfähigkeit im Auge hat, und das müssen Sie zugestehen. Das steht ja auch im Regierungsprogramm drinnen, dass Sie das erkannt haben. Also hier muss man ganz dringend etwas tun, ob mit Einschleifregelungen oder anderen Mechanismen, aber das ist jedenfalls ein Thema.

 

Die zweite Frage ist, und das ist auch bei Sozialsystemen immer notwendig, die Frage der nachhaltigen Finanzierbarkeit. Diese Frage muss man schon stellen. Ich sage ja sonst immer sehr gerne, man kann die Mindestsicherung von verschiedenen Seiten beleuchten, aber das jetzt ausschließlich über die Flüchtlingsdiskussion zu machen, ist einfach unredlich. Denn das Problem, das ich zuerst geschildert habe, nämlich dass es keine Trampolinfunktion hat, das Problem war schon vor zehn Jahren da. Da kann ich mich noch erinnern, da hat es auch schon dahin gehend die Studien und Diskussionen gegeben. Das heißt, das hat primär nichts mit der Flüchtlingsfrage zu tun.

 

Aber natürlich hat die Frage der nachhaltigen Finanzierbarkeit schon mit der Fallzahl zu tun, und da komme ich jetzt zu einem ganz entscheidenden Punkt. Es stellt sich natürlich die Frage: Wie viele kommen jetzt noch nach Wien, wie viele subsidiär Schutzberechtigte und anerkannte Flüchtlinge? Das ist die eine Seite, und die andere Seite ist die steigende Arbeitslosigkeit. Da haben wir ein Thema, und natürlich müssen wir als verantwortungsvolle Politiker in so einer Situation fragen: Können wir das so, wie das jetzt aufgestellt ist, nachhaltig finanzieren? - Da muss die Antwort Nein sein. Daher braucht es auch dahin gehend eine Reform.

 

Frau Landesrätin, weil Sie die Höhe gesagt haben, die Höhe an sich wäre nicht das Thema. Ich glaube, Sie haben argumentiert, wenn beispielsweise ausländische Bezieherinnen und Bezieher sich rechtmäßig in Wien aufhalten und sie dann keinen Anspruch mehr hätten, so würden diese ja auch bleiben. Na ja, also die Höhe hat schon einen gewissen Pull-Faktor, das darf man nicht unterschätzen. Es gibt einen Pull-Faktor, das heißt, dass die Attraktivität, nach Wien zu kommen, schon in einer gewissen Korrelation zu der Höhe der Mindestsicherung steht.

 

Ich gebe Ihnen aber völlig recht, es gibt auch Push-Faktoren. Der größte Push-Faktor bei dieser Diskussion der Flüchtlinge und der subsidiär Schutzberechtigten sind Kriege in bestimmten Krisengebieten dieser Erde. Das ist ein Push-Faktor, der zweifelsohne höher ist als

 

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