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Landtag, 9. Sitzung vom 30.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 89

 

nicht genau weiß, wie weit Sie historisch zurückgehen, zu den Lebensmittelgutscheinen oder zum Suppenausschank. - Wir wollen dorthin nicht mehr zurück! Sie pfeffern uns mit Ihren Vorschlägen zurück ins letzte Jahrhundert! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Was die anerkannten Flüchtlinge betrifft, so empfehle ich Ihnen wirklich, die Wifo-Studie zu lesen. Da sehen Sie die Daten und Fakten, und Wien ist da unglaublich transparent, was das anbelangt. Sie sehen genau, insgesamt werden 4.500 Anträge im Monat bearbeitet, es gibt eine Anerkennungsquote von 40 Prozent, und tatsächlich wird, eins zu eins, ein Teil davon direkt in der Mindestsicherung landen, wenn wir es nicht schaffen, Perspektiven zu entwickeln. All das, was wir als Stadt Wien meinen, investieren wir ab dem ersten Tag in die Integration dieser Menschen, damit auch ihre Qualitäten eine Chance hier in unserer Gesellschaft haben. Sie können das definitiv nachlesen, und Sie können auch nachlesen, die Zahl wird sich erhöhen, nicht zuletzt weil das Personal aufgestockt wird, und wir werden wieder vor der Frage stehen: Investieren wir in die Menschen? Geben wir ihnen eine Chance? 40 Prozent davon sind übrigens Kinder. Oder lehnen wir uns zurück und sagen wir - und das muss ich jetzt so direkt sagen - wie die ÖVP: Drei Jahre warten wir einmal, was auch immer ihr in dieser Zeit tut, und dann reden wir weiter! - Das sind weder sozial verantwortliche noch ökonomisch sinnvolle Lösungsvorschläge, die Sie da auf den Tisch legen.

 

Noch einmal: Was tun? Und ich rede jetzt nicht davon, was wir grundsätzlich machen sollten, wo ich mit Überzeugung meine, dass wir endlich eine Umverteilungsdiskussion führen müssen angesichts von 1.300 Milliarden Vermögen in Österreich und endlich einen Mindestlohn einführen müssen. Herr Abg. Juraczka, 9,20 EUR brutto ist die Armutsgrenze, und viele, besonders Frauen, liegen weit darunter - wie Friseurinnen, Ordinationsgehilfinnen oder Masseurinnen.

 

Darüber kann man auch reden, aber ich werde jetzt noch einmal ganz pragmatisch einige Vorschläge machen, damit auch Sie merken - ich sage es ganz offen-, dass auch wir uns bewegen, weil wir hier Verantwortung tragen für, ich habe es schon gesagt, mindestens 200.000 Menschen, die es nächstes Jahr trifft. Das ist nämlich ein Punkt, wo ich den NEOS ein Stück weit recht gebe in der Analyse, nur fehlen mir da die konkreten Vorschläge. (Ruf bei den NEOS: Einschleifregelung!) Selbstermächtigung klingt wahnsinnig klasse, irrsinnig klasse! Selbstermächtigung - ich bin voll dafür, wir unterschreiben das alle auf der Stelle. Bei der Arbeitslosigkeit, die wir jetzt haben - und Sie wissen auch, je länger Jugendliche in der Mindestsicherung sind, desto schwieriger kommen sie heraus, desto öfter kommt es zu Mehrfachproblematiken -, da macht es doch Sinn, genau solche Initiativen zu starten wie die Jugendunterstützung. Da macht es doch Sinn, sich zu überlegen: Wo kann man Jobs schaffen im zweiten Arbeitsmarkt, wo zumindest Jugendliche mit Begleitung und Qualifizierung überhaupt die Chance erhalten, herauszukommen? Ich kann einem Jugendlichen sagen: Ermächtige dich jetzt selbst, viel Glück, dort ist das Arbeitsamt!, oder wir gehen her und überlegen uns gemeinsam, wo es sinnvolle Lösungen gibt.

 

Man kann auch, wenn Sie es unbedingt brauchen, überlegen: Wie ist das, pragmatisch gesehen, mit den Kinderzuschlägen? Man kann natürlich über Eingliederungshilfen bei Unternehmen diskutieren, wo es unbedingt begleitend Qualifizierungsmaßnahmen geben muss, sonst kriegen diese Menschen ja keine Chance, herauszukommen aus dem System. Das sind alles Vorschläge, die Sinn machen - denn wir werden nicht von heute auf morgen den Arbeitsmarkt verändern, zumindest nicht, wenn wir nur darüber reden.

 

Also das Ziel der Mindestsicherung ist, dass die Betroffenen so schnell wie möglich auch die Chance und die Möglichkeit erhalten, wieder herauszukommen. Keiner liegt freiwillig länger im Krankenhaus, als er unbedingt muss.

 

Und ich komme noch einmal zu dem Bild - und das vergessen Sie bitte nicht, wenn wieder irgendwelche Einzelfälle in irgendeinem Boulevardblatt aufscheinen -: Wir alle wollen uns auf die Mindestsicherung verlassen, denn sie ist ein Notruf, genauso wie Feuerwehr, Polizei und Rettung. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Nepp. - Bitte, Herr Abgeordneter.

 

17.20.12

Abg. Dominik Nepp (FPÖ)|: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Frau Kollegin Hebein, um vielleicht zu Beginn noch kurz auf Sie zu replizieren: Sie haben sich darüber aufgeregt, dass Herr Dr. Aigner gestern gemeint hat, es sollten im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung mehr Sachleistungen und weniger Geldleistungen übermittelt oder bezahlt werden. (Abg. Birgit Hebein: So wie früher, hat er gesagt! Wie früher!) Und damit hat ja Dr. Aigner der StRin Wehsely recht gegeben, die ja auch sagt, dass man weg von den Geldleistungen hin zu den Sachleistungen gehen muss. Da frage ich mich nur eines: Wie soll dieses gesamte System der Bedarfsorientierten Mindestsicherung funktionieren, wenn Sie sich nicht einmal in der Regierung einig sind, was ausbezahlt werden soll? Das ist doch jetzt schon zum Scheitern verurteilt! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und eines möchte ich Ihnen auch noch sagen: Am Anfang haben Sie davon geredet, dass 200.000 Menschen Mindestsicherungsbezieher sind. Das klang hier am Rednerpult eigentlich schon wie eine Selbstanklage, denn Ihnen stehen ja alle Mittel frei, Sie haben alle Mittel zur Verfügung, um dagegen anzukämpfen. Sie haben sogar eine SPÖ, die in der Bundesregierung sitzt. Also woran scheitert es? Es kann eigentlich nur noch, wenn man ehrlich ist, an Ihnen selbst scheitern, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Aber ich gebe Ihnen recht, oder zur Hälfte recht - sagen wir einmal so -, dass die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ein Netz sein soll, das unterste Netz zum Auffangen von Menschen, bevor sie auf der Straße leben, herumlungern, herumliegen. Also das letzte soziale Netz soll die Bedarfsorientierte Mindestsicherung sein. Da gebe ich Ihnen zur Hälfte recht, weil ich sage, ja, das

 

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